Nordsee im Herbst 2021 Home/Reiseberichte Über uns/Kontakt

 

5. September bis 11. September 2021: Der ostfriesischen Nordseeküste entlang via Norddeich und Greetsiel nach Emden

Entlang der zweiten Deichreihe fuhren wir zu unserem nächsten Ziel: Norddeich. Im Nachbarstädtchen Norden war am Folgetag Markt und da wollen wir nach regionalen Spezialitäten Ausschau halten, aber auch frische Früchte und Salat einkaufen.

Die kleinen Häuser in den Weilern die wir passierten, sind aus roten Ziegelsteinen errichtet und schmuck herausgeputzt mit vielen Blumen an den Fenstern und im Garten. Und das flache Land ist gespickt mit Windrädern, was bei dem ewigen Wind natürlich Sinn macht.

Ab und zu treffen wir auf den kleineren Landstrassen Gruppen an von etwa einem Dutzend Männern. Der Vorderste und der Hinterste trägt eine rote Fahne, mit denen sie den Verkehr anhalten. Die Männer spielen "Bosseln" (Bossel = Kugel). Dabei wird eine Gummi- oder Holzkugel in vollem Lauf die Strasse entlang geschleudert und Gewinner ist die Mannschaft, die mit 10 Würfen die weiteste Strecke zurückgelegt hat. Zum Teil sind die Strassen sogar gekennzeichnet: "Achtung, hier wird gebosselt."

Übernachtet haben wir in Norddeich ausnahmsweise auf einem Campingplatz. Wir dachten ja immer, dass die Amis spinnen mit ihren obligaten Hunden im Camper. Aber die Deutschen überflügeln sie locker. In mehr als der Hälfte aller Camper werden eins bis vier Hunde mitgeführt. Fast alle aus der Kategorie "kläffende, unsichere, aufgeregte Minihündchen" und nicht etwa "gutmütiger, ruhiger Labrador" oder so. Dieses extrem störende Dauergebell hat dazu geführt, dass die Campingplätze in Areale für die mit Hund und solche ohne Hund aufgeteilt wurden. Da wir meistens auf Stellplätzen ohne solche Unterteilungen sind, wussten wir das natürlich nicht und landeten prompt in der Hundeecke. Das nächste Mal werden wir versuchen, einen hundefreien Platz zu buchen. Obwohl wir ja Hunde sehr gerne haben, nur die Frauchen/Herrchen weniger, die sie nicht im Griff haben...

Nach dem Marktbesuch in Norden hatten wir trotz der späteren Stunde in Greetsiel Glück, und fanden auf dem gemeindeeigenen Stellplatz eine Ecke für uns. Das Zentrum ist fussläufig erreichbar, ebenso der Binnenhafen mit den bunten und sehr fotogenen Krabbenkuttern. Greetsiel ist ein sehr hübsches Dorf mit viel Charme, kopfsteingepflasterten Strassen, Fachwerkhäuschen, umgebauten Windmühlen und gefühlt zahlreicheren Kneipen und Restaurants als Einwohnern.
Wir machten mit den Fahrrädern einen Ausflug durch das Naturschutzgebiet Leyhörn bis zur Schleuse Leysiel. Wegen den immer wieder vorkommenden Überschwemmungen und um den Ort Greetsiel zu schützen, hat man hier ein riesiges Speicherbecken geschaffen. Das Naturschutzgebiet dient vor allem den unzähligen Vögeln, die am Rand des Wattenmeeres auf dem Weg in den Süden Rast machen.
Es dient aber auch den Menschen, die sich auf den vielen Rad- und Fusswegen verlustieren. Halbe Altersheime radeln in Slow Motion auf ihren E-Bikes den Deichen entlang - quasi ein Blick in unsere eigene Zukunft - oder schieben den Rollator durchs Dorf, in das sie bussweise hineingekarrt werden und die engen Strassen im Fussgängerzentrum verstopfen. Der Tourismus überbordet hier definitiv.

Das nächste Städtchen-Highlight war Leer. Von Leer sagt man, es sei das Tor Ostfrieslands. Die Altstadt weist zahlreiche liebevoll restaurierte Gebäude auf und liegt direkt am Wasser. Kleine Läden, Teestuben und Restaurants laden zum Stöbern, Verweilen und Geniessen ein. Bei einem Bummel durch die engen Gassen wird man direkt in vergangene Zeiten zurückversetzt.
Leer ist wirklich zauberhaft, nicht ganz so zuckersüss wie Greetsiel (aber fast genauso viele Touristen) und auch um einiges grösser. Und der kleine Stellplatz beim Segelverein (nur 4 Plätze) gefiel uns so sehr, dass wir direkt einen zusätzlichen Ferientag einlegten.

Auch der Stellplatz in Emden liegt perfekt - direkt am alten Binnenhafen und zu Fuss ist man in 5 bis 10 Minuten in der Innenstadt. Altstadt kann man nicht sagen, denn Emden sei scheinbar nach dem Zweiten Weltkrieg die am grossflächigsten zerstörte Stadt Europas gewesen. Emden war der drittgrösste Verladehafen des Ruhrgebietes und das erklärt wahrscheinlich die flächendeckende Bombardierung im Zweiten Weltkrieg. Die Häuser sind zwar in der typisch norddeutschen Tradition neu erstellt worden - aus roten Backsteinen und weissem Holzwerk - aber Emden fehlt der Charme einer Stadt mit intakter Altstadt. Emden ist auch eher eine Industriestadt, hat doch VW hier ein riesiges Werk mit etwa 8'000 Angestellten.
Das Geburtshaus des berühmtesten Ostfriesen - Otto Waalkes - besuchten wir nicht. Aber die Lichtampeln erinnern überall an den Komiker: ein grünes Männchen im typischen Otto-Gang.

In Ostfriesland gibt es eine lange Teetradition und - unglaublich aber wahr - die Ostfriesen haben den weltweit grössten Teeverbrauch pro Kopf.
Vor allem wird Assam getrunken und auf der Webseite der Firma Thiele findet man die Beschreibung der einzig richtigen Zubereitungsart:

"Für die Zubereitung von echtem Ostfriesentee rechnet man 8 bis 10g Tee auf einen Liter Wasser (ca. 3 gehäufte Teelöffel).
Die losen Teeblätter werden in einer gut vorgewärmten Kanne mit frischem, sprudelnd kochendem Wasser übergossen, so dass sie bedeckt sind. Nun lässt man den Tee – am besten auf einem Wasserkessel oder Stövchen – drei bis fünf Minuten ziehen.
Anschliessend wird der duftende Teeaufguss mit dem restlichen Wasser aufgefüllt. Empfehlenswert ist es, den fertigen Tee durch ein Teesieb in eine vorgewärmte Servierkanne umzufüllen und auf einem Stövchen warmzuhalten.

Nun kommt der Genuss in die Tasse, so, wie Ostfriesen ihn lieben. Zuerst wird ein „Kluntje“ ein weisser Kandis, in die Tasse gegeben. Beim Übergiessen mit dem heissen Tee knistert das Kluntje, lässt Vorfreude aufkommen und gibt dem Tee durch sein Schmelzen eine feine Süsse.
Einige Tropfen frischer hochprozentiger Sahne, die nach Ostfriesenmanier nicht gerührt wird, zaubern das berühmte „Wulkje“, das Wölkchen, und machen den Teegenuss vollkommen. Dabei legt man die Sahne gegen den Uhrzeigersinn in den Tee, um sinnbildlich die Zeit anzuhalten.

Ostfriesische Geniesserherzen teilen das „ungerührte“ Genusserlebnis in drei Phasen ein: Nach dem ersten Schluck Tee mit Sahne, folgt im zweiten der pure Teegeschmack, der schliesslich mit dem süssen Ende den dreistöckigen Genuss zur Vollendung bringt.
Dabei gebietet es die Höflichkeit mindestens drei Tassen zu geniessen, weshalb es nicht umsonst heisst: Dree is Osfreesenrecht (Drei ist Ostfriesenrecht).
Der kleine Teelöffel wird nur verwendet, um nach ausreichend Teegenuss in der Tasse platziert dem Gastgeber zu signalisieren, dass man nicht weiter nachgeschenkt bekommen möchte.
"

 

 

Auf dem Markt von Norden

 

 

Das schmucke Städtchen Greetsiel

 

 

Krabbenkutter

 

 

Frische Krabben für die berühmten Krabbenbrötchen

 

 

Sogar ein Denkmal wird den Krabben gewidmet

 

 

Ständige Begleiter im Norden

 

 

Stellplatz beim Seglerverein in Leer

 

 

Fensterbild 2: Seglerhafen in Leer

 

 

Fisch und Aussicht zum Mittagessen

 

 

In der hübschen ...

 

 

... Altstadt von Leer

 

 

Wunderschöner Weinladen

 

 

... oder Schnapsladen

 

 

Na dann Pröschterle

 

 

Fussgängerampel im Geburtsort von Otto: Emden

 

 

Sogenannte "Stolpersteine" zum Andenken an die Judenverfolgung

 

 

Die Delftspucker spucken gerne auf Passanten, die unten durchlaufen

 

 

Tolles Neubauviertel in Emden

 

 

Bei schlechtem Wetter hilft Tee

 

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