14.11.2002 Noch mehr Wein in Southern Australia
(Adelaide und die Fleurieu Halbinsel)
Montag, 4. November 2002
Der Mount Remarkable National Park liegt in den südlichen Flinders
Ranges, welche nicht ganz so wild und spektakulär sind wie der nördliche
Teil. Ein tolles Erlebnis ist jedoch die Wanderung durch die Alligator-Schlucht.
Da der Fluss kein Wasser führt, ist dies momentan glücklicherweise
auch trockenen Fusses zu bewältigen. Im schmalsten Teil der Schlucht
kann man die links und rechts aufragenden Felswände mit ausgestreckten
Armen berühren und in den verschiedenen Gesteinsschichten sieht man
die Spuren, die das Meer vor 600 Millionen Jahren hinterlassen hat.
|
|
Abgestorbener Baum in der Alligator Gorge
|
Ab dem ersten November beginnt die "Buschbrand-Saison" und
dann darf man im Park nicht mehr campen. Aber etwas ausserhalb des winzigen
Städtchens Wilmington finden wir einen schönen Campingplatz,
mitten im Busch gelegen und auch das hinter dem Auto durchflitzende Känguru
fehlt nicht.
Dienstag, 5. November 2002
Ausruf von Zoltan heute Morgen: "Alles haben wir dabei, nur das,
was wir brauchen, nicht!" Aber auf die Idee, Flüssigholz mitzunehmen,
kommt man ja auch nicht so schnell. Also wurde das ausgerissene Schraubenloch
in der Holzschublade vorläufig mal mit Leim gefüllt.
Wir erwachten mit dem schönsten Vogelkonzert, konnten endlich wieder
einmal draussen frühstücken und fuhren dann bei strahlendem
Sonnenschein langsam Richtung Clare Valley, unserem nächsten Ziel.
Der Weg führte uns durch verschlafene Städtchen, mit Antiquitätenläden,
kleinen Bäckereien und Metzgereien und vielen historischen Gebäuden.
Eines davon, das alte Gefängnis von Gladstone, haben wir besichtigt.
Noch bis 1975 in Betrieb, kann man heute in den ehemaligen Zellen übernachten.
Nicht viel komfortabler als anno dazumal, aber immerhin mit offenen Türen.
|
|
Antiquitätenladen in einem alten Cottage
|
Viele Felder sind wegen der Dürre nicht bestellt, auf einigen steht
die verdorrte Wintersaat - ein deprimierender Anblick. Aber als wir uns
dem Clare Valley nähern, weichen die Getreidesilos und die Schafherden
den Weinbergen und das Land wird wieder etwas grüner.
|
|
Der Weinberg von Skillogalle im Clare Valley
|
Die Weinregionen von Clare und Barossa sind teure Gegenden und da wir
uns vorgenommen haben, hier für einige Tage ein Cottage zu mieten,
hatten wir ziemlich Mühe, etwas Schönes und trotzdem Bezahlbares
zu finden. Im Visitor Center haben sie sogar ziemlich überheblich
auf unsere Preisvorstellungen reagiert und gemeint, wir sollen halt in
ein Motel. Hier könnte man in historischen Gebäuden mitsamt
Himmelbett und Rosengarten übernachten oder im stilvollen Golf and
Country Club und auch die schlossartigen Landgüter oder das "Gourmet
Retrait" fehlen nicht. Aber wir haben Glück und finden ein Häuschen,
absolut ruhig gelegen und nur fünf Minuten von der nächsten
Weinkellerei entfernt. Natürlich statteten wir dieser einen Besuch
ab und zum Apéro gibt es heute bei uns (handgelesenen) Riesling
und zum Abendessen einen feinen Shiraz.
|
|
Unser Häuschen mitten im Busch
|
Mittwoch, 6. November und Donnerstag, 7. November 2002
An Sehenswürdigkeiten bietet das Clare Valley nicht viel. Zu erwähnen
wäre da vielleicht noch die alte Kirche von St. Aloysius, welche
mitten im Rebberg der Jesuiten steht. Im Gegensatz zum Islam bekundeten
die christlichen Kirchen ja nie Probleme mit dem Konsum von Wein (wen
wundert's, hatte doch Jesus sozusagen Wein statt Blut in den Adern...).
Die mangelnden Sehenswürdigkeiten werden aber durch den wunderbaren
Wein mehr als wettgemacht und wenn dann noch ein leckeres Mittagessen
dazukommt, serviert auf der Veranda eines alten Cottages inmitten eines
Rosengarten und der Rebberge, sind praktisch alle Sinne befriedigt.
|
|
Mittagessen auf der Veranda von Skillogalle
|
Eine Spezialität der Gegend sind übrigens die weissen und roten
Schaumweine. Aus Riesling- oder Shiraztrauben, trocken und trotzdem fruchtig
- mit einem Wort: süffig!
Freitag, 8. November 2002
Auf dem Weg nach Adelaide machten wir einen kurzen Abstecher ins Barossa
Valley. Hier ist alles etwas grösser, etwas protziger und noch etwas
touristischer als im Clare Valley. Die Kellereien wie zum Beispiel diejenige
von Wolf Blass sind riesige Fabriken mit Hunderten von Edelstahltanks,
welche die Landschaft verschandeln. Andere wie Yaldara protzen mit prunkvollen
Schlössern.
|
|
Die Kellerei Yaldara ...
|
Und die Familie Seppelt pflanzte um ihr Gut (mitsamt Mausoleum) Tausende
von Dattelpalmen. Es gibt also einiges zu sehen, aber wir persönlich
fanden das Clare Valley insgesamt charmanter.
|
|
... und die Kellerei Seppelt
|
Zwischen dem Degustieren (wobei Zoltan als Fahrer heute etwas zu kurz
kam) gab's ausgezeichnete Fasanen- und Lachspaté an einem idyllischen
Teich - man könnte in diesen Weinregionen richtige Schlemmerferien
machen.
Gegen Abend kamen wir in Adelaide an, mieteten uns in einem Aussenquartier
eine Ferienwohnung und fuhren dann mit dem Bus in die Stadt. Freitags
hat der Markt länger geöffnet und wir haben gehört, dass
sich dort "tout Adelaide" zum Abendessen trifft.
Samstag, 9. November 2002
In Adelaide ist mächtig was los an diesem Wochenende. Heute ist der
offizielle Start der Weihnachtssaison und das wird mit einem grossen Umzug
gefeiert - gemäss den Adelaidern der Schönste in ganz Australien
(immerhin kamen laut Presse etwa 350'000 Schaulustige). In den Kaufhäusern
halten die Weihnachtsmänner Hof und das Personal im Supermarkt trägt
rote Zipfelmützen. Alle Schaufenster, Läden und vor allem die
Fussgängerzone sind schon festlich geschmückt, für uns
Europäer irgendwie unpassend an diesem strahlend schönen und
warmen Tag.
|
|
Weihnachtsmann in Adelaide
|
Dieses Wochenende werden aber auch verschiedene internationale Pferderennen
ausgetragen und die Menschen strömen mit Stühlen und Picknicktaschen
in die Parks, die die Rennstrecke umgeben. Auch wir schauen einige Zeit
zu und schlendern dann fast den ganzen Tag durch Adelaides Strassen, besuchen
ab und zu eine Ausstellung oder ein Café und finden, dass auch
Adelaide eine durchaus lebenswerte Stadt ist.
Sonntag, 10. November 2002
"Vine is sunlight hold together by water" - Galileo Galilei
Adelaides neueste Attraktion ist das nationale Weincenter. In einem architektonisch
mutigen und beeindruckenden Gebäude (die Form erinnert an riesige
Fässer aus Holz und Stahl) erfährt man hier "alles, was
man schon immer über Wein wissen wollte und sich bisher nie getraut
hatte zu fragen". Auf eine kurzweilige Art und Weise wird einem die
Geschichte des Weines, die verschiedenen Sorten und natürlich der
ganze Herstellungsprozess nähergebracht. Das neuerworbene Wissen
kann man dann an der Degustationsbar testen und natürlich kann man
den Wein auch gleich kaufen. Nicht, dass wir jetzt Experten wären,
aber die letzten paar Wochen haben unseren Gaumen doch ziemlich verwöhnt
und wir denken mit einem leichten Grausen an den 3-Liter-Karton Rotwein,
den wir noch in den Vorräten haben.
Nur so nebenbei: vor einiger Zeit hat man im Norden des Iran einen etwa
7000 Jahre alten Krug ausgegraben, in welchem Weinspuren nachgewiesen
werden konnten - das bislang älteste Zeugnis dieses wunderbaren Saftes.
Auch nimmt man an, dass die berühmte Shiraztraube aus der Nähe
der gleichnamigen Stadt im Iran kommt. Tja, und wer heutzutage dort ein
Gläschen Wein trinkt, muss mit drakonischen Strafen rechnen...
Obwohl unsere Beine schon bleischwer waren, gingen wir anschliessend
noch in den Botanischen Garten, welcher immer wieder einen Besuch wert
ist. Viele Familien verbringen hier den Sonntag beim Picknick und der
Park ist so gross, dass auch Liebespärchen ungestörte und lauschige
Plätzchen finden. Schade nur, dass die Wasserkanäle und die
meisten Seen ausgetrocknet sind (aber wie wir sahen, nehmen die Enten
- notgedrungen - auch mit den Springbrunnen vorlieb).
|
|
Palmenhaus im Botanischen Garten von Adelaide
|
Montag, 11. November 2002
In der Zeitung stand, dass man heute einen kleinen Vorgeschmack auf den
Sommer bekommen werde. Und tatsächlich kletterte das Thermometer
im Laufe des Tages auf 39°C. Also nichts wie ab in die klimatisierten
Museen. Art Gallery, Library, Museum of SA und so weiter, zwischendurch
ein Gläschen Bubbles (so wird der Sparkling Wine resp. Schaumwein
hier genannt) und auch in den Kaufhäusern ist es schön kühl.
Ausserdem ist Ausverkauf und bei umgerechnet 50 Franken für ein paar
(echte) Lewis kann man schon von einem Schnäppchen reden.
Auch in Australien wird heute Allerheiligen (Erinnerungstag genannt)
begangen, aber der Fokus ist hier vor allem auf die Kriegsgefallenen gerichtet.
Politiker halten Reden an den Gräbern des Unbekannten Soldaten, die
Veteranen tragen ihre Orden zur Schau, alle Menschen haben eine rote Mohnblume
am Revers und natürlich hängen auch die Fahnen wieder auf Halbmast.
Dienstag, 12. November 2002
Und das war's dann auch schon punkto Sommer, das Wetter ist wieder wie
gehabt (etwa 17 Grad und windig). Ausserdem regnet es heute praktisch
ohne Unterlass.
Bevor wir uns von Adelaide verabschieden, besichtigten wir noch das Ayers
House, in welchem man einen interessanten Einblick in die australisch-viktorianische
Zeit bekommt.
Eigentlich wollten wir nur bis Glenelg fahren und in diesem historischen
Badeort einige Tage verbringen. Ob es an den vielen grossen Appartementblocks
liegt oder an dem hässlichen Wasser-Vergnügungspark oder am
Wetter - uns gefiel es auf jeden Fall nicht und so fuhren wir nach McLaren
Vale, einer weiteren Weinregion. Aber auch hier hatten wir kein Glück.
Die Cottages sind wiedermal alle sagenhaft teuer und der eiskalte Wind
lässt das Campen in einem wenig verlockenden Licht erscheinen. Doch
da es bereits nach Fünf Uhr war, mochten wir auch nicht mehr weiterfahren.
Also übernachten wir heute ausnahmsweise in einem Motel.
|
|
Leider haben wir kein so hübsches Häuschen
|
Mittwoch, 13. November 2002
Wir fuhren heute den ganzen Tag auf der Fleurieu Halbinsel herum und landeten
gegen Abend in Victor Harbor. Die Halbinsel ist praktisch der Vorhof von
Adelaide und an den Wochenenden und in den Schulferien entsprechend gut
besucht. Heute wirkt alles etwas verschlafen, die sogenannten "Attraktionen"
wie die Forellen- oder die Rehfarm haben geschlossen und die Golfplätze
und Strände sind leer. Sowieso haben wir hier manchmal das Gefühl,
dass die Attraktionen etwas an den Haaren herbeigezogen sind und dem Tourismus
zuliebe jeder Mückenschiss krampfhaft vermarktet wird. Aber vielleicht
liegt es auch an uns. Vielleicht sind wir schon so lange unterwegs und
haben so viel gesehen, dass wir etwas übersättigt sind.
|
|
Unterwegs auf der Fleurieu Halbinsel
|
Auch in Victor Harbor ergeht es uns nicht anders; die Hauptstrasse mit
den Historischen Gebäuden ist in unseren Augen austauschbar und auch
in einem Walcenter waren wir schon öfters. Und obwohl wir auch die
kleinen Pinguine schon gesehen haben, buchten wir für heute Abend
eine geführte Tour auf der, Victor Harbor vorgelagerten Granit Island.
|
|
Granit Island (die Pinguine kommen aber erst,
wenn es dunkel ist)
|
Donnerstag, 14. November 2002
Der gestrige Abend war absolut fantastisch. Anders als auf Kangaroo Island,
wo die allabendliche Pinguin-Parade schon fast abstossend kommerzialisiert
ist, wird man auf Granit Island in kleinen Gruppen unter kompetenter Führung
mit diesen possierlichen Vögeln vertraut gemacht. Wir sahen die Pinguine
aus dem Wasser hüpfen, über die Strasse watscheln, die steilen
Felsen emporklettern, die schon fast erwachsenen Jungen füttern,
sich putzen und mit viel Lärm Konkurrenten verjagen oder Partner
begrüssen. Wir sahen auch Seelöwen, grosse Wasserratten und
Opossums im Licht der Taschenlampe - es war wirklich toll und wir hatten
wohl grosses Glück, so viele Tiere zu sehen.
Weit gefahren sind wir heute nicht. Genau gesagt etwa 50 Kilometer weiter
nach Norden (natürlich mit einigen Umwegen wie einem Ausflug nach
Hindemarsh Island) bis Strathalbyn, einem von irischen Einwanderern gegründeten
und wirklich hübschen Städtchen mit vielen alten Gebäuden
und einem schönen Park mittendrin. Hier werden wir über Nacht
bleiben, aber zuerst besuchten wir das nahe gelegene Weinanbaugebiet von
Langhorne Creek. Mit einem feinen Tröpfchen im Gepäck kehrten
wir nach Strathalbyn zu unseren Gastgebern zurück. Wir haben uns
heute in einem "Bed & Breakfast" - Haus eingemietet, einem
hübschen alten Steinhaus mit Stuckdecken und Rosengarten.
|
|
Im Stadtpark von Strathalbyn
|
Vorheriger
Bericht Nächster
Bericht
|