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28.10.2002  Von Albany nach Esperance

Sonntag, 20. Oktober 2002

Die Küste bei Albany bietet einige grandios Szenerien wie "The Natural Window" (nicht mit dem in der Kalbarri zu verwechseln), oder "The Gap", ein Einschnitt in die hohen Granitfelsen, in welchen das Wasser mit grosser Gewalt einströmt und die wilde Gischt bis weit in die Höhe drückt.

Schon wieder ein "Natural Window"  

Schon wieder ein "Natural Window"

Albany ist ein hübsches Städtchen und liegt sehr schön an einer ruhigen Bucht. Nebst den Naturschönheiten hat Albany aber auch viel an Geschichte zu bieten. In dem grossen, ruhigen Naturhafen wurden praktisch alle australischen Truppen des 1. Weltkrieges auf Schiffen gesammelt, welche von hier aus im Konvoi nach Südafrika und Europa dampften. Entsprechend hat es viele Ausstellungen, Denkmäler und Museen, die sich mit dieser Episode der Geschichte befassen.
Albany war aber ausserdem auch ein Zentrum des Walfanges und der Walverarbeitung. Die letzte grosse Fabrik wurde 1978 geschlossen, einerseits auf Druck der Tierschutzorganisationen, andererseits aber auch aus wirtschaftlichen Gründen (die Flotte und die Maschinen hätten erneuert werden sollen und diese Investition konnte man nicht mehr tätigen). Heute ist eines der Fangschiffe und die ganze Verarbeitungsanlage ein Museum. Einerseits sehr eindrücklich, andererseits sehr abstossend. Da es sich um die jüngere Geschichte handelt, sind farbige und bewegte Zeugnisse der blutigen Jagd und der noch blutigeren Schlachterei zuhauf vorhanden.

Australien gedenkt heute der Opfer von Bali und auch im Museum wurde während des Rundganges eine Schweigeminute eingelegt.

Montag, 21. Oktober 2002

Wir werden noch zwei weitere Tage in Albany bleiben. Einerseits ist die Gegend hier wirklich bezaubernd und es gibt so viel zu unternehmen und anzuschauen, andererseits haben wir Einiges zu erledigen. Unter anderem wollten wir die US-Dollars wechseln, welche wir - als Notvorrat sozusagen - seit Beginn unserer Reise bei uns hatten. Aber das war gar nicht so einfach, weil sich die meisten Banken weigerten, 100-Dollar-Scheine anzunehmen. Amerikanische Noten kann man scheinbar sehr leicht fälschen und sie werden ihre schlechten Erfahrungen gemacht haben.

Unserer Vermieterin brachte uns ein paar frische Fischfilets und die werden wir heute Abend im Garten grillen. Aber zuerst machten wir noch einen Ausflug in den Vorort Middleton und schlenderten etwas am Strand entlang (es hatte tatsächlich ein paar wenige Leute im Badeanzug!). Die Fischer sind von Möven und Pelikanen umringt, Kinder bauen Sandburgen und die Erwachsenen können auf der Terrasse des Hotels Esplanade einen Drink geniessen - ein richtiger Ferienort. Überhaupt scheint uns Albany eine Stadt, in der es sich gut leben lässt.

Die Küste bei Albany  

Die Küste bei Albany

Dienstag, 22. Oktober 2002

Einer der jüngsten Wirtschaftszweige Australiens ist die Verarbeitung des, vor allem hier im Westen vorkommenden Sandelholzes. Die erst 1999 eröffnete Fabrik liegt etwas ausserhalb von Albany und ist für Interessierte auf jeden Fall einen Besuch wert. Sandelholzöl wird für Kosmetika, Parfüms, Aromatherapien und Massageöle verwendet, es soll gut sein bei Haut- und Atemwegsproblemen, Stress reduzieren und sogar Schmerzen lindern. Natürlich konnten wir den hübsch verpackten und gut riechenden Produkten nicht wiederstehen und haben sogar etwas Entspannungsöl gekauft (wir kommen ja bald wieder in die hektische Schweiz...).

Der Bibbulmun Track ist ein Wanderweg mit einer Gesamtlänge von 960 Kilometern, welcher hier in Albany beginnt und bis nach Perth führt. Die ersten paar Kilometer kennen wir jetzt, sie führen an der Küste entlang und bieten eine phantastische Aussicht. Aber nicht wegen dem Bibbulmun Track sind wir hierher gekommen, sondern wegen der grossen Windfarm mit den 12 Windrädern. Die weissen Maste und Flügel wirken von weitem vor dem blauen Himmel und dem rauhen Meer filigran und zerbrechlich, von nahem sind sie jedoch beeindruckend riesig. Die Generatoren stammen aus Deutschland und jeder wiegt 50 Tonnen! Auf jeden Fall eine sinnvolle Investition an dieser windigen Küste!

In den Nachrichten brachten sie gerade die Meldung, dass auf der Canning Stock Route ein junger Deutscher gerettet wurde, der mit seinem Auto, einigen Crackern, zehn Litern Bier und einem (!) Liter Wasser festsass - und das bei 50 Grad im Schatten und etwa 1000 Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt. Touristen, welche auf der CSR unterwegs waren, fanden ihn und konnten mit dem Satellitentelefon Hilfe herbeirufen. Tja, Dummheit kann in Australien tödlich sein. So wie für den (ebenfalls deutschen) Touristen, den sie auch heute fanden. Er ging im Kakadu Nationalpark schwimmen und eigentlich sollte man wissen, dass es dort von Krokodilen nur so wimmelt...

Mittwoch, 23. Oktober 2002

Die einzig nennenswerte Erhebung in diesem Zipfel des Landes sind die bis zu 1000 Meter hohen Bergketten des Stirling Range Nationalparkes. Wirklich interessant ist der Nationalpark vor allem für Wanderer und Botaniker (von den über 1500 verschiedenen Pflanzenarten in diesem Park sind etwa 80 endemisch, d.h., sie kommen nur hier vor).
Da wir keine Gipfelbesteigung machen wollen, verbringen wir nicht allzu viel Zeit hier und fahren weiter zum Fitzgerald River Nationalpark, in welchem wir die nächsten ein oder zwei Tage verbringen wollen. Im Reiseführer lasen wir, dass es Eingangs Park eine Farm hat, welche ein Cottage vermietet. Das haben wir uns angeschaut und gefunden, dass wir trotz schlechter Wetterprognosen doch lieber im Auto schlafen.

Dusche gefällig?  

Dusche gefällig?

Der einzige Aufsteller auf dem zur Farm gehörenden Campground ist das zahme Känguru, welches zwar unseren Lauch verschmäht, aber das Brot mit Heisshunger runterschlingt.
Präventiv haben wir nun den Regenschutz auf dem Autodach montiert, gehen bei Sonnenuntergang ins Bett (dort ist es wenigstens warm) und lauschen dem obligaten Generator.

Donnerstag, 24. Oktober 2002

Der Fitzgerald River Nationalpark ist einer der grössten und botanisch interessantesten in Australien und gehört zu den UNESCO-"Biosphere"-Reservaten. Über 1800 Pflanzenarten wurden bisher gezählt, viele davon wiederum endemisch. Sogar Laien wie uns fällt die Vielfalt auf und wir staunen immer wieder über spezielle Büsche oder Blumen, die wir noch nie gesehen haben. Nebst den Säugetieren und den unzähligen, auch seltenen Vögeln beherbergt der Park viele Reptilien. Die Schlangen sind zum Glück scheu, dafür stolperten wir fast über einen grossen Goanna auf einer unserer Wanderungen und eine der vielen Echsen war so frech, dass wir sie sogar von Hand füttern konnten.

Ob Känguru, Papagei oder Echse, altes Brot schmeckt allen  

Ob Känguru, Papagei oder Echse, Brot schmeckt allen

Von den leider unvermeidlichen Insekten seien immerhin die über zwei Zentimeter grossen und ziemlich aggressiven Bulldog-Ameisen erwähnt. Der Nationalpark ist zum grössten Teil unzugänglich und nur wenige Stichstrassen, einige davon nur für Geländewagen zugelassen, führen an die Küste. So sahen wir heute nur eine kleine Ecke des riesigen Nationalparkes, fuhren dann über 150 Kilometer bis Hopetoun und werden morgen von der anderen Seite her den Park erkunden.
Es ist schon komisch, dass wir das Gefühl haben, es regne die ganze Zeit. Tatsächlich ist aber die landesweite Dürre auch hier im Südwesten ein Problem. Am späten Nachmittag fuhren wir kurz vor Ravensthorpe bei einer Farm vor, welche normalerweise ein Cottage vermietet. Die freundliche Besitzerin konnte uns jedoch lediglich einen Tee anbieten. Sie hätten in diesem Jahr so wenig Wasser, dass sie leider keine Gäste aufnehmen können. Aber unten am Strand könne man zelten. Wir betrachteten skeptisch (und fröstelnd) die dunklen Wolken über uns und nahmen dann doch lieber das letzte freie Zimmer in Hopetoun.

Freitag, 25. Oktober 2002

Bei strahlendem Sonnenschein ist der Fitzgerald River Nationalpark gleich nochmal so schön und an fast jedem Ende der teilweise schwierigen Tracks gab es zur Belohnung atemberaubende Ausblicke auf die schroffe Küste oder traumhafte, menschenleere Buchten.

Der Marshes Beach im Fitzgerald River Nationalpark  

Der Marshes Beach im Fitzgerald River Nationalpark

Noch vor drei Tagen hat sich Zoltan beklagt, dass wir noch keine Goannas gesehen haben und heute mussten wir zeitweise sogar aus dem Auto aussteigen und sie vom Weg verscheuchen.

Dieser Goanna ist gut getarnt  

Dieser Goanna ist gut getarnt

Auch an unserem Picknickplatz in einer weiteren, einsamen Bucht huschten uns die (immerhin bis zu einem Meter langen) Tiere um die Beine herum. Sobald sie sich einem Busch nähern, schlagen die Vögel Alarm und flattern aufgeregt um sie herum im Versuch, ihre Eier (oder Küken?) zu schützen.
In einem Teil des Parkes findet man auch riesige Sanddünen. Da wir zu faul waren, die Luft aus den Rädern rauszulassen (weil wir ja dann anschliessend wieder pumpen müssten), kapitulierte Rosinante natürlich vor der ersten steilen Düne.

Der Track ist eine sandige Angelegenheit  

Der Track ist eine sandige Angelegenheit

Also machten wir uns zu Fuss auf, die weisse Hügellandschaft zu erkunden. Zum Glück kann man sich an markanten Punkten orientieren, wenn man auf den Dünenkämmen steht, denn der starke Wind verwehte unsere Fussspuren innert kürzester Zeit. In manchen Tälern kann man sich ganz um die eigene Achse drehen und man sieht nur die schneeweissen, mit feinen Wellenlinien verzierten Dünen und darüber den blauen Himmel. Es ist wie in einer anderen Welt.

Dünenlandschaft im Fitzgerald River Nationalpark  

Dünenlandschaft im Fitzgerald River Nationalpark

Samstag, 26. Oktober 2002

Auf dem Weg nach Esperance kommt man am - neuerdings wieder - berühmten "Rabbit Proof Fence" vorbei (den Film haben wir leider noch nicht gesehen). Dieser Zaun wurde vor etwa hundert Jahren errichtet, als die Kaninchenpopulation ihren ersten Höhepunkt erreichte. Diese Nagetiere wurden ursprünglich - ebenso wie die Füchse - von Engländern eingeführt, die auch in Australien auf ihre traditionelle Jagd nicht verzichten wollten. Mangels natürlicher Feinde vermehrten sich die importierten Tiere und wurden zu einer wahren Plage (was sie auch heute noch sind). Der Zaun führt auf einer Länge von fast zweitausend Kilometern vom Süden quer durch ganz Westaustralien bis zur Küste bei Port Hedland im Norden. Später diente der Zaun auch dazu, die Emus von den Weidegebieten abzuhalten und scheinbar wird er auch heute noch instandgehalten. Hier am südlichen Ende des Zaunes sieht das allerdings nicht danach aus.

Esperance ist ein Städtchen mit etwa 8000 Einwohnern und die letzte grössere Siedlung für die nächsten 2000 Kilometer auf unserer geplanten Route Richtung Osten. Also werden wir hier sicher einige Tage verbringen, uns und unser Auto für diese einsame Strecke fit machen und natürlich hat es wiederum einige Nationalparks in der Gegend, welche man unbedingt gesehen haben muss...
Nach einigem Suchen fanden wir etwas ausserhalb von Esperance auf einer Farm ein kleines Cottage, heimelig eingerichtet, völlig ruhig gelegen und die frischen Eier zum Frühstück sind auch inbegriffen.

Sonntag, 27. Oktober 2002

Das Städtchen ist wie ausgestorben, man ist am Meer um zu fischen, zu surfen, Strandspaziergänge zu machen, mit dem Hund zu spielen oder einfach nur faul herumzuliegen. Und da es links und rechts von Esperance jede Menge traumhafte Strände und ruhige Buchten gibt, kann jeder der will, ein paar Kilometer für sich alleine haben.

Abendstimmung an der Küste bei Esperance  

Abendstimmung an der Küste bei Esperance

Zur Feier des schönen Tages gingen wir auswärts zum Abendessen. Das Restaurant "Tea Rooms" in Esperance können wir wärmstens empfehlen - der gegrillte Snapper an Zitronensauce auf Süsskartoffelbrei war köstlich. Auch technisch ist man hier auf der Höhe. Die Bedienung gibt die Bestellung in einen tragbaren Minicomputer ein, welcher die Daten per Funk direkt in die Küche übermittelt (und natürlich den Betrag und die Tischnummer an die Kasse).

Montag, 28. Oktober 2002

Manchmal, wenn man über eine Kuppe fährt und plötzlich eine der Buchten vor sich sieht, hält man unwillkürlich den Atem an; rote Felsen, blendendweisser Sand und vor allem das unbeschreibliche Blau des Wasser - die Küste im Cape Le Grand Nationalpark ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend.

Thistle Cove im Le Grand Nationalpark  

Thistle Cove im Le Grand Nationalpark

Wir fuhren heute etwas über den kilometerlangen Sandstrand des Le Grand Beaches, kletterten über Felsen in die pittoreske Bucht Thistle Cove, picknickten in der wunderschönen Lucky Bay und bedauerten angesichts des überaus verlockenden Wassers nur, dass dieses nicht etwas wärmer ist. Eigentlich sollte man im späten Sommer (März oder April) hierher kommen. Es hat auch einige hübsche Campinggelegenheiten, zum Teil sogar mit Süsswasserduschen - der richtige Ort für ein paar Tage einfachen Strandurlaubes an einer der schönsten Küsten, die man sich vorstellen kann.
Morgen sind wir noch in Esperance um einzukaufen, alle Diesel- und Wasserbehälter zu füllen und das Auto gründlich durchzuchecken, denn übermorgen nehmen wir die erste Etappe auf dem langen Weg durch die Nullarbor nach Osten in Angriff.

Nach soviel Fahrten im salzigen Sand braucht auch Rosinante eine Dusche  

Nach soviel Fahrten im salzigen Sand braucht auch Rosinante eine Dusche

 

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