17.09.2002 Schnorcheln im Cape Range National
Park und Fossilien suchen in den Kennedy Ranges
Donnerstag, 5. September bis Samstag, 7. September 2002
Faule Tage! Jedenfalls für uns zwei, die wir vor allem das Appartement
und den Balkon geniessen, ab und zu einen Strandspaziergang machen oder
die Tara sich am Pool von der Masseuse verwöhnen lässt. Das
Wasser ist kalt und der Wind bissig und nervtötend, so verlocken
uns weder die bunten Korallen noch die bunten Fische ins Wasser zu gehen.
Ena und Christoph machen immerhin einen Ausflug mit dem Glasbodenboot
(warm eingepackt) und der Christoph lässt sich das Schnorcheln mit
den Mantas nicht entgehen. Nebst dem Korallenreef (und den Delfinen und
Schildkröten usw.) gibt es hier zwei grosse Attraktionen: in den
Monaten April bis Juli kommen riesige Walhaie an die Küste und man
kann mit diesen sanften Giganten sogar schwimmen. Und das ganze Jahr hindurch
tummeln sich grosse Manta-Rochen im seichten Gewässer, verfolgt von
den über ihnen schnorchelnden Touristen. Mit kleinen Booten oder
per Flugzeug werden die Mantas geortet und das Ausflugsboot lässt
die Menschen direkt bei ihnen ins Wasser. Die Mantas scheint es nicht
heftig zu stören und der Christoph ist auf jeden Fall begeistert
von seinem Erlebnis zurückgekommen.
Coral Bay und die Gegend hier lösen zwiespältige Gefühle
in uns aus. Einerseits ist ja wunderschön, mit ein paar Schwimmzügen
mitten im Korallenreef zu sein. Andererseits ist das Ningaloo Reef durch
die Westlage und den daraus resultierenden, starken Einflüssen von
Wind und Wellen besonders fragil. Jeden Tag werden Teile des Reef zerstört,
vor allem wenn eines der unzähligen Ausflugs- oder Anglerboote zu
nahe an die Korallen kommt. Eigentlich sollte man das ganze Reef, um es
zu erhalten, für die Menschen sperren. Oder wenigstens nur kleine
Teile zugänglich machen. Die australischen Behörden haben das
erkannt und zusammen mit den Naturschutzorganisationen werden in diese
Richtung doch schon gewisse Anstrengungen unternommen.
Auch der kleine Ort Coral Bay steht immer wieder in den Schlagzeilen.
Innert zehn Jahren unkontrolliert gewachsen, ohne Verwaltung, Polizei
oder Feuerwehr, mit grossen Mülldeponien in den Dünen und in
Spitzenzeiten über dreitausend Menschen beherbergend, wird der Ort
oft als "Wild-West-Stadt" bezeichnet. Lediglich in einem mobilen
Bus des CALM (Conservation and Land Management) wird mehr oder weniger
erfolgreich versucht, zu sensibilisieren und Aufklärungsarbeit zu
leisten.
Samstag Nachmittag ist der Strand von Coral Bay nicht ganz aber fast
ausgestorben. Dafür sind die Bar's brechend voll, denn im Fernsehen
wird ein Football-Spiel übertragen. Footy with Aussie Rules, genauer
gesagt. Das Spiel ist eine Mischung aus Fussball, Rugby und Handball und
die Regeln sind äusserst freizügig. Kurz gesagt, erlaubt ist
fast alles ausser Todschlag. Die Fans sind begeistert und das Bier fliesst
in Strömen.
Sonntag, 8. September 2002
Nach einem letzten, gemeinsamen Frühstück trennten sich unsere
Wege. Ena und Christoph fuhren Richtung Perth, von wo aus sie Mitte nächste
Woche nach Hause fliegen werden und wir fuhren Richtung Norden, nach Exmouth.
Wir verbrachten vier schöne, ereignisreiche Wochen zusammen und es
wird uns einen Moment lang sicher komisch vorkommen, nun wieder zu zweit
zu sein.
In Exmouth fanden wir endlich wieder einmal einen relativ gut bestückten
Supermarkt, welcher zudem heute, an einem Sonntag, auch geöffnet
hatte. Da wir die nächsten Tage voraussichtlich im Cape Range Nationalpark
verbringen werden (wo es absolut Nichts, nicht einmal Wasser gibt), deckten
wir uns mit genügend Vorräten und natürlich auch ein paar
Tropfen feinem, australischen Wein ein.
In der Nähe von Exmouth liegt einer der spektakulärsten Tauchgründe
Australiens, der Navy Pier. Leider nicht zum Schnorcheln, aber Zoltan
hat für morgen Früh einen Tauchgang gebucht.
Montag, 9. September 2002
Am Navy Pier gibt es keine Korallen zu bewundern, sondern vor allem Fische
(über 200 verschiedene Arten) und andere Meeresbewohner. Zoltan kam
auf jeden Fall begeistert von seinem Tauchgang zurück. Riesige Fischschwärme,
Seeschlangen und verschiedene Arten Haifische gab es da zu sehen.
Tauchen macht müde und so blieben wir heute noch in Exmouth und verbrachten
einen ruhigen Nachmittag auf dem Campingplatz und einen langen Abend mit
ein paar netten Menschen, die wir kennengelernt hatten.
Dienstag, 10. September 2002
Bevor wir heute losfuhren, haben wir uns im Tauchshop zwei komplette Schnorchelausrüstungen
gemietet. Wie schon so oft haben wir uns auch dieses Mal gefragt, ob wir
das Zeug nicht endlich kaufen sollen. Mit einer eigenen Brille, die nicht
immer anläuft, einem Schnorchel, in den nicht fremde Leute reinspucken,
Flossen, die sitzen und einem Anzug, in den garantiert noch nie jemand
reingepisst hat, würde das Schnorcheln bestimmt nochmal soviel Spass
machen. Aber da wir beim besten Willen keinen Platz im Auto finden, um
die Sachen zu verstauen, verzichten wir auch dieses mal auf die Anschaffung.
Nachdem wir auch noch den grossen Armeesack mit Wasser gefüllt hatten
(um nach dem Baden im Meer wenigstens das Salz etwas von der Haut spülen
zu können), fuhren wir in den Cape Range Nationalpark. Im ganzen
Park (immerhin über 50 km lang) gibt es etwa 80 ausgewiesene Stellplätze
für ein Auto oder Zelt und mehr Leute lassen sie gar nicht rein,
ausser natürlich für einen Tagesausflug. Am Parkeingang steht
eine grosse Tafel, auf welcher die freien Plätze für jede Bucht
notiert sind. Wir liessen uns vom Ranger ein paar Tipps geben und fanden
dann tatsächlich in der T-Bone Bay ein Plätzchen in den Dünen,
an welchem wir ganz alleine sind. Wir markierten den Besitzanspruch mit
Tisch und Stühlen und fuhren dann weiter in die Turquoise Bay, einer
herrlichen Bucht zum Schnorcheln (in der man aber leider nicht campen
darf).
Es ist schon fantastisch hier am Ningaloo Reef. Etwa 20 Meter vom Ufer
entfernt beginnt das Reef und man ist inmitten der schönsten Fische
und Korallen. Vor allem Zoltan verbrachte Stunden im Wasser, sich von
der Strömung immer wieder von einem Ende der Bucht zum anderen treiben
lassend. Ganz ungefährlich ist es hier leider nicht. Es hat sehr
starke Strömungen und am ganzen Strand stehen Schilder, die vor der
Gefahr warnen. Und ausserdem hat es nicht nur harmlose Meeresbewohner,
sondern auch die gefährlichen Steinfische und Stachelrochen. Scheinbar
soll es ab und zu sogar Haifische haben (und nicht nur die harmlosen Reefhaie!).
In den Hügeln und im Küstenstreifen des Cape Range National
Park leben viele Tiere. Wir sahen unterwegs immer wieder Emus und am späteren
Nachmittag kommen die Kängurus in die Dünen, um zu äsen.
Rings um uns im Gebüsch tauchen immer mehr Tiere auf, die uns zuerst
misstrauisch beobachten, sich dann aber schlussendlich nicht weiter stören
lassen. Es ist wunder-, wunderschön!
Mittwoch, 11. September 2002
Beim morgendlichen Strandspaziergang schrecken wir schlafende Kängurus
auf, der grosse Waran und die spielenden Kakadus lassen sich jedoch nicht
vertreiben. Die Flora und Fauna in diesem Nationalpark ist absolut phantastisch
und wenn die Flut kommt, sieht man sogar ohne ins Wasser zu gehen einige
Meeresbewohner. Grosse Schildkröten tummeln sich in der Brandung,
immer wieder vorwitzig den Kopf aus dem Wasser streckend und Stachelrochen
jagen im seichten Gewässer, kaum zwei Meter vom Ufer entfernt. Zoltan
entwickelt sich langsam zur Wasserratte und machte einen ausgedehnten
Schnorchelausflug und Tara erliegt nun doch endlich den Verlockungen des
Muschelsammelns, obwohl man das in einem Nationalpark ja nicht machen
sollte....
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Unser Camp in der Kori Bay (Cape Range NP)
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Donnerstag, 12. September 2002
Der starke Wind, der gestern wieder eingesetzt hatte und in der Nacht
am Auto rüttelte und das Dachzelt knattern liess, vertrieb uns heute
endgültig aus dem Cape Range National Park.
Auch früh am Morgen ist die ganze Tierwelt unterwegs. Vor allem an
den possierlichen, grauen Kängurus, welche Männchen machend
und uns misstrauisch (oder neugierig?) musternd im Gras sitzen, können
wir uns kaum sattsehen.
Von April bin Oktober halten sich im Golf von Exmouth viele Buckelwale
auf, die hier ihre Jungen zur Welt bringen bevor sie Anfangs Sommer wieder
Richtung Antarktis ziehen. In der Hoffnung, einige dieser Giganten zu
sehen, buchten wir für heute Nachmittag in Exmouth eine Bootstour.
Und wir wurden nicht enttäuscht, denn wir sahen über ein Dutzend
Buckelwale. Manche von ihnen verfolgten Delfine oder andere Wale (man
sagte uns, dass sie gerne spielen), eine Kuh schob ihr neugeborenes Kalb
immer wieder an die Wasseroberfläche und als Höhepunkt schnellte
neben uns ein Wal weit in die Höhe, drehte eine Piruette und krachte,
Bauch nach oben, wieder ins Wasser. Es war absolut fantastisch und das
Bild der im glitzernden Wasser eintauchenden, weiss leuchtenden, riesigen
Schwanzflossen unvergesslich.
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Buckelwale ziehen vorbei
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Freitag, 13. September 2002
Nachdem wir gestern wegen dem starken Wind das Abendessen im Auto stehend
"genossen", haben wir nun wirklich die Nase gestrichen voll
von der Küste! So fuhren wir heute bis Carnarvon und von hier aus
werden wir wieder Richtung Landesinnere gehen, auf der Suche nach windgeschützten
Ecken.
Samstag, 14. September 2002
Eigentlich wollten wir zwei Nächte in Carnarvon verbringen, gemütlich
durch das Städtchen bummeln, Zoltan wieder einmal dem Friseur einen
Besuch abstatten, ausnahmsweise nicht selbst kochen sondern fein essen
gehen und am Morgen etwas länger schlafen. Aber heute Früh zogen
dichte Wolken auf und es dauerte nicht lange, bis es zu nieseln begann.
Die Wetterprognosen sind auch nicht so rosig und so machten wir uns startklar,
darauf spekulierend, dass es nur an der Küste Schlechtwetter ist.
Carnarvron, mit etwa sechstausend Einwohnern, wäre eigentlich ein
hübsches Städtchen, mit vielen Obstplantagen im Hinterland und
fisch- und krabbenreichen Gewässern. Man gibt sich alle Mühe,
die Gegend den Touristen schmackhaft zu machen und die vielen Campingplätze
warten herausgeputzt auf Kunden. Aber irgendwie herrscht wirtschaftliche
Misere und eine bedrückende Stimmung. Die Autowaschanlage gibt es
nicht mehr, die Tankstelle in der Stadt hat geschlossen, ebenso wie das
Harbour Café und der Chinese, auch die Pizzeria ist eingegangen
und der Tauchshop hat Totalausverkauf. Auf der Schiefertafel am Pier wurde
seit zwei Monaten kein neuer Fang eingetragen und die Mini-Eisenbahn,
welche als Attraktion zu diesem Pier - One Mile Jetty - führt, verkehrt
auch nicht mehr.
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Auf der One Mile Jetty in Carnarvon
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Sonntag, 15. September 2002
Hundertsechzig Kilometer östlich von Carnarvon liegt Gascoyne Junction.
Ein Roadhouse, vier Wohnhäuser, ein verlassener Kinderspielplatz,
ein Polizeiposten, 45 Einwohner, einer der Ärsche der Welt. Als wir
gestern Nachmittag dort ankamen, sassen wir erstmal in die Bar, um den
Staub mit einem Bier runterzuspülen. Das Roadhouse wurde 1885 erbaut
und genauso sieht es auch aus. Es wird von drei entzückenden Aussies
geführt, welche samt und sonders direkt aus einem Mafiosi-Film entsprungen
sein könnten. Am Kühlschrank hängen Pinup-Girls und an
den Wellblechwänden jede Menge frauenfeindlicher Witze und Sprüche.
Am Tresen sitzen zwei schon angeheiterte Goldschürfer, von denen
einer, ein Deutscher und schon seit zwanzig Jahren mit dem Metalldetektor
im Busch unterwegs, uns ausgiebig mit seinen Anschauungen zur Welt im
Allgemeinen und zu den Kosovo-Albanern, dem Anschlag auf das World Trade
Center (das war der CIA!), den Grünen in Deutschland (die sind sogar
für Schwulen-Ehen, pfui Teufel) und den islamischen Fundamentalisten
im Speziellen eindeckt. Ab und zu gibt er auch etwas Vernünftiges
von sich. Etliche Bier später und bereits in der Dunkelheit fahren
die beiden weiter.
Nach und nach erscheint die Dorfbevölkerung, wir verdrücken
ein Steak mit Pommes (nur nicht an die Küche oder den Koch denken!)
und im Fernsehen läuft - natürlich - Footy. Wir amüsieren
uns köstlich.
Übernachtet haben wir auf der Wiese neben dem Roadhouse und es ist
wohl auch den verschiedenen Bierchen zuzuschreiben, dass wir erst erwachten,
als Taras Schlafsack und Matratze schon halb nass waren. Der Regen hatte
uns also doch eingeholt.
Weite Gebiete des Kennedy Range National Park sind unzugänglich
und die Flora und Fauna noch kaum erforscht. In anderen Jahren soll es
hier um diese Zeit besonders viele Wildblumen geben, aber es war bisher
ein ausserordentlich trockenes Jahr (abgesehen von letzter Nacht) und
so hält sich die Pracht eher in Grenzen. Trotzdem gefällt es
uns sehr gut hier und so schlagen wir unser Lager im einzig zugelassenen
Buschcamp, am Fusse schroffer, roter Felsen auf.
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Aber vorher muss noch Holz für das Lagerfeuer
gesammelt werden
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Ausser uns hat es noch zwei, drei andere Autos in den Büschen und
nacheinander bekommen wir von allen Campern einen Besuch abgestattet und
verbringen den Nachmittag mit den üblichen Woher-Wohin-Gesprächen.
Besonders beeindruckt haben uns die zwei Damen, welche alleine mit Auto
und Zelt im Outback unterwegs sind, und das mit immerhin 70 Jahren!
Montag, 16. September 2002
Laut Parkbeschreibung sollte man hier viele Versteinerungen und Fossilien
finden. Aber trotzdem wir heute stundenlang durch die Schluchten geklettert
sind, sahen wir "nur" bizarr geformte und farbige Felsen, schwarze
Lavafelder, Höhlen, wilde Geissen, Kängurus, Schlangen und Echsen.
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Unterwegs auf Fossiliensuche in den Kennedy
Ranges
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Trotzdem ist das Buschcamp hier äusserst ergiebig. Wurden wir doch
mit Oliven, frischen Avocados und reifen Mangos beschenkt und haben zudem
drei weitere Einladungen für den Grossraum Perth. Eine dieser Einladungen
könnte besonders interessant sein, da sich die Frau um verlassene
Kängurubabys kümmert und die erwachsenen Tiere später zahm
(und freiwillig) auf dem Gelände bleiben.
Eigentlich wollten wir ja dem windigen Wetter an der Küste entfliehen.
Aber auch hier bläst der kalte Wind andauernd und mit sturmartigen
Boen. Wir haben gehört, dass in Perth ein starker Sturm Verwüstungen
angerichtet hat und Teile der Aussenbezirke tagelang ohne Strom waren.
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Wildblumen am Wegesrand
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Dienstag, 17. September 2002
Eine längere Wanderung (oder besser gesagt Klettertour) führte
uns heute in eine andere Schlucht und nachdem wir herausgefunden hatten,
nach was für Fossilien - nämlich keine Muscheln sondern Meerwürmer
- wir suchen müssen, sahen wir auch jede Menge. Leider fanden wir
trotz intensivem Suchens aber keine Edelsteine, die es hier nämlich
auch geben soll.
Zuhinderst in der Schlucht hatte es tatsächlich noch ein kleines
Wasserloch. Wir fragten uns ja schon lange, von was die Tiere in dieser
extrem trockenen Gegend leben.
Wir sind jetzt alleine hier und ausser dem Summen der allgegenwärtigen
Fliegen und dem auf- und abschwellenden Brausen des Windes in den Schluchten
ist es absolut still an diesem unglaublich schönen Fleck Erde.
Mittwoch, 18. September 2002
Das CALM (Departement of Conservation and Land Management) gibt auch Richtlinien
ab, wie viele Tiere ein bestimmtes Gebiet, also zum Beispiel eine Farm,
ernähren kann.
CALM zum Farmer: "Auf ihrem Land können 10'000 Tiere leben".
Farmer: "Fein. Ich habe nur 5'000 Rinder, kann also um noch einmal
so viel vergrössern". CALM: "Im Gegenteil. Sie müssen
2'000 Rinder weniger haben. Denn sie haben etwa 4'000 Kängurus, 2'000
wilde Ziegen und 1'000 wilde Esel!" So hat es uns jemand erzählt.
Die Schönheit der Kennedy Ranges hält uns gefangen. Ursprünglich
wollten wir eine oder zwei Nächte bleiben, jetzt sind es schon drei
und wir sind immer noch hier.
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Und nochmal die Kennedy Ranges
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