Auf dem Landweg nach Australien Home/Reiseberichte Über uns/Kontakt

 

29.09.2002  Seine Königliche Hoheit, Prinz Leonard von Hutt River

Donnerstag, 19 September 2002

Da wir heute eine längere Strecke vor uns hatten, fuhren wir bereits kurz nach Sonnenaufgang los. Das ist auch die Zeit, in der die Tiere auf der Suche nach Futter umherziehen. Schade Ena, dass du das verpasst hast. Wir sahen Hunderte von Kängurus auf und neben der Strasse, Emus, Echsen, riesige Adler - so etwas haben wir noch nie erlebt! Die erste Zeit kamen wir ziemlich langsam vorwärts, um nicht eines der Tiere zu überfahren.

Sie sind halt schon zum knuddeln, diese Kängurus  

Sie sind halt schon zum knuddeln, diese Kängurus

Aber auch Rinder preschen ab und zu aus dem Busch. Dicht über uns zog ein kleines Flugzeug seine Kreise, etwas weiter entfernt und ebenso dicht über dem Boden flog ein Hubschrauber hin und her - das Vieh wird zusammengetrieben. Die Arbeit am Boden übernehmen Cowboys auf Motorrädern. Cowboy in Australien kann ein gefährlicher Job sein, denn die Rinder verwildern im Busch und wissen sich sehr wohl zu wehren, wenn sie in die Enge getrieben werden. Deshalb werden den jungen Tieren auch oft die Hörner abgetrennt, eine sehr grausame Praxis.

Abgesehen von den beiden Cowboys auf ihren Motorrädern kam uns heute nur noch ein einziges Auto entgegen - und das auf immerhin 380 Kilometern.

Nach einigen Tagen im Busch freuten wir uns darauf, wieder etwas Zivilisation zu sehen und heute Abend im einzigen Roadhouse weit und breit etwas essen zu können und an der Bar ein Bierchen oder zwei zu trinken. Wir waren deshalb ziemlich enttäuscht, als wir am Murchison Roadhouse ankamen und dieses geschlossen war. Die Pächterin liege seit drei Monaten mit Krebs im Krankenhaus von Perth und auch eine Nachfolge sei nicht Sicht. Irgendwie verständlich wenn man bedenkt, dass man wegen vergessenem Salz oder so über 250 Kilometer weit fahren muss.
Auf einer kleinen Wiese hinter dem Roadhouse haben wir nun unser Lager aufgeschlagen, das bisschen Grün mit einem Pferd und einem Känguru teilend. Immerhin hatte es eine funktionierende und saubere Dusche und das war uns eigentlich die Hauptsache. Ausserdem war auch kein Mensch da, um irgendwelche Übernachtungsgebühren einzukassieren.
Nebst dem geschlossenen Roadhouse gibt es in Murchison das Haus der Distriktverwaltung, vier Wohnhäuser, einsgesamt 15 Einwohner und einen Poloplatz (!).

Sauber und müde haben wir die letzten Salatblätter mit dem Känguru geteilt, welches ein Junges im Beutel hat und wahrscheinlich von Menschen grossgezogen wurde (es frass uns auf jeden Fall aus der Hand). Und als es dunkel wurde und wir ganz ruhig sassen, konnten auch einige wilde Kängurus aus dem Busch ringsherum den Verlockungen der grünen Wiese nicht wiederstehen.

Mmm!  

Mmm!

Freitag, 20. September 2002

Entgegen unseren ursprünglichen Plänen, als Nächstes den Kalbarri Nationalpark zu besuchen, fuhren wir von Murchison aus via Mullewa direkt nach Geraldton. Rosinante braucht dringend einen Service und andere, kleinere Reparaturen. Zum Beispiel geht neuerdings das Schloss der hinteren Türe während der Fahrt über diese Rüttelpisten auf und natürlich haben wir dann die ganze Staubfahne im Auto.

Kurz vor Mullewa änderte sich die Landschaft dramatisch. Der Busch wurde gerodet um Weideflächen und Ackerland anzulegen, die Strasse ist wieder asphaltiert und die Schafe hinter Zäunen. Ade Outback, wenigstens vorläufig. Dafür hat es hier im Gegensatz zu den Gebieten weiter nördlich scheinbar genügend geregnet und wir kamen in den Genuss der vielgerühmten Wildblumen, die den Boden stellenweise wie mit einem Teppich bedecken.

In Geraldton suchten wir als Erstes eine Werkstatt um einen Termin für den Autoservice abzumachen und dann, was weitaus schwieriger war, eine Unterkunft für uns (wir wollten wieder einmal in einem richtigen, grossen Bett schlafen). Schliesslich fanden wir etwas ausserhalb des Stadtzentrums in einer Feriensiedlung ein 4-Zimmer-Haus, welches aber viel weniger kostet als ein normales Hotelzimmer. Wir haben eine voll eingerichtete Küche, einen eigenen Garten und sogar eine eigene Waschküche. Und zum Glück gibt es in Geraldton auch einen Pizza-Service, wir waren nämlich viel zu müde, um nochmals in die Stadt zu fahren.

St. Francis Xavier Cathedral in Geraldton  

St. Francis Xavier Cathedral in Geraldton

Samstag, 21. September bis Dienstag, 24. September 2002

Die letzten drei Tage verbrachten wir in Geraldton, in unserer geräumigen Villa, mit den üblichen Putz- und Waschaktionen, brachten das Auto in den Service und fanden zwischendurch sogar Zeit, ins Museum zu gehen. Geraldton vorgelagert sind die Abrolhos, Korallenbänke und Inseln, an denen bis in die jüngste Zeit immer wieder Schiffe sanken. Das Berühmteste war die Batavia, ein Handels- und Passagierschiff mit etwa 300 Menschen an Bord. Im Jahre 1629 lief dieses Schiff auf und die grausame Geschichte der Überlebenden wird im Museum von Geraldton mit Fundstücken, Bildern und einem packenden Film nacherzählt. Nicht genug damit, dass die gestrandeten Menschen kaum etwas zu essen und zu trinken hatten, schnappte auch noch ein Offizier über, riss das Kommando an sich und liess von seinen Anhängern 125 Männer, Frauen und Kinder niedermetzeln. Einige konnten auf eine andere Insel flüchten und einem einzigen, kleinen Boot gelang es, bis nach Java zu kommen und dort Hilfe zu holen. Die Meuterer wurden noch auf der Insel gehenkt (nachdem ihnen die Hände abgehackt wurden, was im Film sehr blutig und genüsslich dargestellt wird) und um das Wrack streiten sich heute die Museen von Perth und Geraldton.

Die letzten Tage hat es immer wieder genieselt und wir waren froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Trotz dicken Wolken fuhren wir heute aber weiter, zurück Richtung Norden in den Kalbarri Nationalpark. Jetzt im Frühjahr ist es hier besonders reizvoll, da die niedrigen Büsche voller Blüten stehen. Quer durch den Park fliesst der Murchison River, welcher sich teilweise bis zu 100 Meter tiefe, spektakuläre Schluchten gegraben hat. Einen ersten Eindruck dieser grossartigen Szenerien gewinnen wir beim Lookout von Hawk's Head.

Lookout "Hawk's Head" im Kalbarri Nationalpark  

Lookout "Hawk's Head" im Kalbarri Nationalpark

Im Ferienort Kalbarri herrscht Hochbetrieb. Am Freitag beginnen die Schulferien und schon jetzt sind die meisten Unterkünfte ausgebucht und auch auf dem Campingplatz haben sie für am Wochenende nichts mehr frei. Kein Wunder, ist dieser Ort so beliebt, liegt er doch in einer wunderschönen Bucht mit vorgelagerten Sandbänken, über die man bei Ebbe spazieren kann und auf welchen die zahlreichen Fischer bequem vom Stuhl aus reiche Beute machen können.

Mittwoch, 25. September 2002

Eine der hiesigen Attraktionen ist der "Rainbow Jungle", einerseits ein Papageien-Zoo und andererseits ein Aufzuchtsort für gefährdete Papageienarten. Auf dem lehrreichen Rundgang lasen wir unter Anderem, dass die hübschen Galas - die rosaroten Papageien, welche man auf den Feldern und Campingplätzen oft zu Hunderten sieht - sich so stark vermehrt haben, dass sie sich zu einer wahren Plage entwickelt haben. Sie fressen nicht nur den Bauern die Felder kahl, sondern entziehen auch anderen Arten die Nahrungsgrundlagen. Am Schönsten ist natürlich das grosse Freigehege, durch das man hindurchspazieren kann und in welchen einem die verschiedensten bunten Papageien und Sittiche um den Kopf flattern. Die grossen Kakadus lassen sich auch sehr gerne am Kopf kraulen, wobei man aber aufpassen muss, denn wenn sie genug haben beissen sie schon mal zu.

Diese Hübschen lassen sich durch uns nicht beim Fressen stören  

Diese Hübschen lassen sich durch uns nicht beim Fressen stören

Jakes Corner, etwa 5 Kilometer südlich des Ortes Kalbarri ist ein Eldorado für Wellenreiter (es soll sogar der beste Platz in ganz Westaustralien sein). Begeistert schauten wir lange Zeit zu, wie diese Akrobaten elegant und in halsbrecherischer Geschwindigkeit über die Wellenflanken gleiten und ab und zu in den Tunnels der sich überschlagenden Wellen verschwinden. Plötzlich tauchte eine grosse Delfinschule auf. Mindestens zwanzig Tiere umkreisten die Surfer und, wie wenn sie diesen Sport auch mal ausprobieren möchten, ritten einige der Delfine neben und mit den Surfern über die Wellen. Es war ein unglaublicher, fantastischer Anblick!

Die Schlucht des Murchison River ist entweder per Boot oder zu Fuss zugänglich. Wir zogen eine ruhige Bootsfahrt einer mehrtägigen Wanderung vor und starteten heute am späten Nachmittag zu einer Tour. Abgesehen vom kalten Wind eine überaus gemütliche Angelegenheit, Champagner und Sonnenuntergang inklusive. Sogar das berühmte Albino-Känguru liess sich kurz am Ufer blicken.

Die Sonnenuntergänge an der Westküste sind jeden Tag ein Schauspiel für sich  

Die Sonnenuntergänge an der Westküste sind jeden Tag ein Schauspiel für sich

Donnerstag, 26. September 2002

"Z-Bend" und "Loop" heissen die zwei beliebtesten Aussichtspunkte im Nationalpark, zu denen wir heute Vormittag fuhren. Wilde Buschlandschaft in voller Blüte, schroffe, farbige Felsen und tief unten das blaue Band des Murchison River. Eine wirklich wunderschöne Gegend (auch den Fliegen gefällt es hier ausnehmend gut). Für Abenteuerlustige gibt es die verschiedensten Angebote von Expeditionen hoch zu Ross, über mehrtägige Kanutrips bis hin zum "Abseiling" (für das Abseilen über die Klippen wird hier tatsächlich das deutsche Wort verwendet).

"The Natural Window" im Kalbarri NP  

"The Natural Window" im Kalbarri NP

Unsere Aufregung beschränkt sich leider auf die neuesten Problemchen mit Rosinante, eine der Kühleraufhängungen ist heute schon wieder gebrochen. Langsam aber sicher geraten wir in Panik, wenn wir Corrugations (Wellblechpisten) schon nur sehen. Noch schlimmer ist dagegen, dass sich im Dach ein Riss gebildet hat. Die Kühleraufhängung konnten wir heute Nachmittag noch schweissen lassen, um den Riss müssen wir uns aber in einer grösseren Stadt kümmern. Langweilig wird es uns also nicht.

Freitag, 27. September 2002

Während etwa sechs bis acht Wochen im Jahr besuchen Pelikane die Bucht von Kalbarri. Damit auch die Touristen etwas davon haben, versucht man sie jeden Morgen mit ein paar Fischen an den Strand zu locken. Wie man sieht, klappt das hervorragend.

Fütterung der Raubtiere  

Fütterung der Raubtiere

Nachmittags war bei uns Wandern angesagt. Ein schöner Rundgang führt durch das Rainbow Valley, wo die Felsen - wie der Name schon sagt - in verschiedenen Farben geschichtet sind und wo man auch sehr viele Versteinerungen sieht. Der Pfad führt weiter zur wilden, zerklüfteten Küste hinunter, wo Wind und Wellen unter anderem den sogenannten Mushroom Rock geformt haben. Grosse rote und schwarze Krebse verschwanden ängstlich zwischen den Felsspalten, als wir uns näherten und man muss sehr, sehr lange mucksmäuschenstill stehen, bis sie wieder auftauchen, um auf den algenbewachsenen Steinen nach Futter zu suchen.
Der Wind blies in Orkanstärke und auf einem der Aussichtspunkte genügte ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, und schon flatterte Taras Kappe davon. Aber todesmutig kletterte Zoltan über die gefährlichen Felsen um sie zu holen, tief unter sich die donnernde Brandung des Ozeans.

Die wilde Küste bei Kalbarri  

Die wilde Küste bei Kalbarri

Samstag, 28. September 2002

Die australische Regierung hat vor über dreissig Jahren den kleinen Farmer Len Casley verärgert, woraufhin dieser sein Land (knapp 75 Quadratkilometer) als unabhängigen Staat "Hutt River Province" ausrief und sich selbst zum Prinzen Leonard krönte. Das Verhältnis zur Regierung hat sich seither nicht verbessert und so kann man dieser immer noch existierenden Kuriosität einen Besuch abstatten. Leider weilte Seine Königliche Hoheit mitsamt königlicher Familie gerade in Perth, aber ein eifriger Anhänger (Jünger wäre wohl das passendere Wort), welcher wochentags in Geraldton als Bäcker arbeitet, führte uns durch das königliche Büro, die Kappelle und den Souvenierladen. An den Wänden hängen Urkunden obskurer Vereine, vergilbte Zeitungsausschnitte und Magazintitelblätter mit Bildern anderer Hoheiten wie Diana und Arafat. Natürlich fehlen auch die Insignien königlicher Macht in einem verstaubten Schaukasten nicht, das Zepter und jede Menge Orden. Auf unsere Frage nach der Zusammensetzung des Parlamentes kam der Jünger etwas ins Stocken. Da sei mal Prinz X, der Aussenminister und dann sei da noch Prinzessin Y, die auch irgendein Kabinett habe, aber so genau kenne er sich in den Staatsgeschäften nicht aus. Eine Marine gibt es auch, bestehend aus einer Uniform und natürlich werden auch eigenes Geld und eigene Briefmarken gedruckt. Einen Pass mit 5-jähriger Gültigkeit bekommt man für 250 Dollar (was weltweit scheinbar immerhin von einigen Tausend Menschen genutzt wird) und im Moment sei man mit dem IOC (Internationalen Olympischen Komitee) in Verhandlungen, um anerkannt zu werden. Der Pass sei doch praktisch für amerikanische Staatsbürger, die damit unbehelligt durch den Nahen Osten reisen könnten und wenn man erst vom IOC anerkannt sei, werde man ein Zufluchtsort für all diejenigen Athleten, welche einmal im Leben an den Olympischen Spielen teilnehmen möchten und von ihrem eigenen Land nicht aufgestellt werden...
Wir empfanden das Ganze als überaus bizarr und fragten uns, ob da einer einfach mit einer besonderen Masche Touristen anlocken will oder, weitaus wahrscheinlicher, ziemlich durchgeknallt ist.

Prinz Leonard ist in Hutt River allgegenwärtig  

Prinz Leonard ist in Hutt River allgegenwärtig

Heute hatten die Echsen Ausgang und wir mussten Zickzack fahren auf der staubigen Piste nach Hutt River. Sie liegen zu Dutzenden auf dem Weg und wenn man ihnen zu nahe kommt, fauchen sie mit weit offenem Maul. Und statt dass sie von der Strasse verschwinden, wenn wir mit dem Auto vorbeifahren, wird auch dieses angefaucht.

Echse auf der Landstrasse  

Echse auf der Landstrasse

Sonntag, 29. September 2002

Wir fuhren gestern Nachmittag nach Geraldton zurück, wo wir ja schon vor einer Woche ein paar Tage verbracht haben. Wir wollen Montag Früh noch einmal in die Werkstatt in der unser Auto im Service war und schauen, ob wir wegen dem Dach etwas machen können.
Auf dem Campingplatz lernten wir ein Schweizer Paar kennen, welches vor über zwanzig Jahren nach Australien ausgewandert ist und sich jetzt einen Wohnwagen gekauft hat und damit einige Jahre im Land herumreisen will. Die beiden haben in Perth gelebt und bei einem Grossverteiler im Magazin und im Laden gearbeitet. Er hat uns erzählt, dass sein Jahresgehalt 16'000 Dollar betrug (etwa 14'000 Franken) und dass man hier immer Arbeit finde, wenn man nicht wählerisch sei. Immerhin konnten sie sich von diesem Geld ein Haus bauen und im Gegensatz zur Schweiz könne man hier auch billig leben. Man habe hier viel mehr Freiheiten, es sei nicht alles durch den Staat reglementiert und zurück wollen sie auf keinen Fall.
Dass man in Australien etwas mehr Freiheiten hat, mag ja stimmen. Aber das hat natürlich auch Nachteile. So kann zum Beispiel jede Person selbst bestimmen, wie ihre Pensionskassengelder angelegt werden. Mit dem Resultat, dass Millionen von Leuten die Hälfte ihrer Rente an den Aktienmärkten verloren haben.

Wir statteten heute dem historischen Greenough (etwa 20 km südlich von Geraldton) einen Besuch ab. Einige Häuser aus der Pionierzeit wurden hier renoviert und sind dem Publikum zugänglich, unter anderem die Schule, der Gerichtssaal und das Gefängnis. Die Mehrzahl der Häuser dienten jedoch religiösen Zwecken, wie die beiden Kirchen und der Schwesternkonvent. Überaus interessant war das Pionier-Museum, ein vollständig eingerichtetes Wohnhaus mit Nebengebäuden, wo man sich anhand der vielen Alltagsgegenstände sehr gut in die Zeit des letzten und vorletzten Jahrhunderts zurückversetzen kann.

Die Wildblumen erobern auch den Pionierfriedhof von Greenough  

Die Wildblumen erobern auch den Pionierfriedhof von Greenough

Die Einheimischen meinen, dass es bald regnen wird. Es sei zu schnell zu heiss geworden (stimmt) und die Fliegen sind besonders zahlreich und aufdringlich (leider).

Selbst die Bäume versuchen, dem starken und salzhaltigen Wind auszuweichen  

Selbst die Bäume versuchen, dem starken und salzhaltigen Wind auszuweichen

 

  Vorheriger Bericht   Nächster Bericht