25.08.2002 Roadtrains, Pech und Pannen
Mittwoch, 21. August 2002
Göttin Fortuna hatte ein Einsehen und schickte heute Früh einen
Truck zum Roadhouse, welcher nach Laverton fuhr, Platz für ein Auto
auf dem Anhänger hatte und dessen Fahrer für 200 Dollar gewillt
war, uns mitzunehmen. Uns fiel ein Riesenstein vom Herzen und in Rekordzeit
hatten wir das Camp abgebrochen und waren bereit, Rosinante über
eine Erdrampe auf den Roadtrain zu fahren.
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Fahrt auf den Roadtrain
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Christoph und Ena folgten uns in einiger Entfernung und wir waren während
der Fahrt bei jeder Bodenwelle froh, unser Auto sicher auf dem Anhänger
zu wissen. Der Fahrer hatte auf jeden Fall Freude am guten Taschengeld
und wohl auch an der Gesellschaft, bei seinem sonst so einsamen Job. Er
liess es sich dann auch nicht nehmen, uns unterwegs noch ein paar Höhlen
mit Wandmalereien zu zeigen.
Der Roadtrain gehört ihm und er ist einer der Wenigen, welche regelmässig
Waren von Perth über die Great Central Road an die abgelegenen Aboriginal-Communitys
und Roadhouses liefert. Für eine Tour ist er mindestens eine Woche
unterwegs, bei etwa 14 Fahrstunden am Tag. Er kennt natürlich die
meisten Weissen, die hier leben und arbeiten, so auch den Planierwagenfahrer,
welchen wir unterwegs mit einem Plattfuss trafen. Da dieser aus Laverton
kommt, hielt unser Fahrer an, um nach einer Werkstatt für uns zu
fragen. Mit hundert Stundenkilometern rasten wir dann Laverton entgegen,
wo wir bereits am frühen Nachmittag eintrafen. Die Fahrt in diesem
Roadtrain, zweieinhalb Meter über dem Boden, war ein einmaliges Erlebnis.
Entgegenkommende Autos halten meist respektvoll an und die Aussicht ist
wunderbar. Auch erfuhren wir eine Menge über das Leben entlang dieser
Strecke. Zum Beispiel, dass die meisten Roadhouses nur Diesel und Autogas
führen aber kein Benzin, da dieses von den Aboriginals zum Sniffen
gebraucht wird. Oder dass man, wenn in der Nacht ein Känguru am Strassenrand
sitzt, dass Licht abblenden (da sie sonst wie hypnotisiert sitzen bleiben)
und hupen soll. Und wenn man trotzdem eines überfahre, so merke man
das kaum. Und natürlich sollen wir ihn in Perth besuchen, er mache
dann ein feines BBQ und in seinem Garten habe er genügend Platz für
uns zum campen. Seine Frau stellt Kosmetika her und Tara ist jetzt um
ein Body-Lotion reicher.
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Rosinante auf 40 Rädern (36 plus 4)
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In Laverton (etwa 600 Einwohner) fuhren wir unser Auto über eine
halsbrecherische Rampe wieder vom Roadtrain herunter und in die nächste
Werkstatt, wo sie bis am Abend den Schaden behoben, das heisst, zusätzliche
Aufhängungen unter den Tank montiert hatten. Christoph und Ena waren
mittlerweile auch eingetroffen und vereinbarten in der gleichen Werkstatt
einen Termin für morgen Früh, um ihre Windschutzscheibe ersetzen
zu lassen. Hoffen wir, dass dann alles erledigt ist. Denn in diesem langweiligen
Nest auf dem hässlichen Campground möchten wir nicht länger
als unbedingt nötig bleiben.
Übrigens war unser Auto unter der Staubschicht kaum mehr zu erkennen
und auch im Innenraum war alles rosarot-braun gepudert. Wir hätten
uns also sämtliche Putz- und Waschaktionen der letzten Wochen ersparen
können. Aber in Anbetracht dessen, was uns hätte passieren können,
wenn unterwegs der ganze Tank abgebrochen wäre, sind ein paar Kilo
Sand und Staub zu verschmerzen.
Donnerstag, 22. August 2002
Natürlich dauerte es heute eine halbe Ewigkeit, bis die neue Windschutzscheibe
für das Auto von Ena und Christoph von wer weiss wo geliefert und
dann auch noch eingebaut wurde.
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Beim Warten auf die Windschutzscheibe wurde
es Christoph zu warm
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Gegen Mittag war die Arbeit endlich fertig und wir nahmen die lange Strecke
rauf in den Norden unter die Räder. Via Leonora wollten wir heute
Richtung Wiluna fahren. Wir schafften es bis ungefähr 50 km vor Leinster,
wo wir links in den Busch abbogen und uns ein schönes Plätzchen
suchten.
Es wimmelt von Kängurus und Emus, aber leider hat es auch einige
Minen in der Nähe und das bedeutet viele Roadtrains auf der Strasse.
Diese fahren auch in der Dämmerung und bei Nacht und so liegt - nicht
übertrieben - mindestens alle 50 Meter ein totes Känguru oder
Emu auf oder neben der Strasse. Aber wir sehen zum Glück auch einige
Lebendige.
Der fast volle Mond geht über dem violetten Abendhimmel auf, es herrscht
absolute Ruhe (abgesehen vom zufrieden vor sich hinsummenden Christoph)
und Ena kocht gerade etwas Feines. Holz hat es in der Nähe auch genügend
- ein ideales Buschcamp.
Freitag, 23. August 2002
Eigentlich wollten wir ja einen Reisebericht und keinen Pannenbericht
schreiben!
Item, als wir heute Früh starten wollten, sprang das Mietauto nicht
an. Ein kurzes Röcheln war alles, was es noch von sich gab. Da zwei
Batterien eingebaut sind (eine Starterbatterie und eine Batterie für
den Kühlschrank), versuchten wir zuerst, zwischen diesen beiden Batterien
zu überbrücken. Fehlanzeige. Also schleppten wir das Auto erst
mal fünf Kilometer durch den Busch bis zur nächsten Strasse.
Wenigstens hielt die Befestigung der Bullbar (Stossstange) am Mietauto.
Aufmerksame LeserInnen werden sich an den fehlenden Abschlepphaken und
unsere Hoffnung, einen solchen nie zu brauchen, erinnern.
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Abschleppdienst im Busch
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Am Strassenrand versuchten wir noch einmal, mit einer unserer Batterien
zu überbrücken. Wieder Fehlanzeige. Also schleppten wir das
Auto bis zu einem abschüssigen Stück Strasse (zum Glück
ist die Gegend etwas hügelig) und hier konnten wir es mit vereinten
Kräften anschieben. Soviel zu unserem Frühsport.
Gegen Mittag erreichten wir Leinster, ein kleines Minenarbeiterstädtchen
und suchten die einzige Werkstatt auf. Die Batterie sei kaputt und nach
erneutem Hin und Her mit der Mietwagenfirma in Perth durften wir diese
ersetzen lassen. Doch dann stellte sich auch noch heraus, dass der Alternator
defekt und für dieses Auto sowieso viel zu klein und gar nicht in
der Lage ist, die beiden Batterien aufzuladen. Erneute Telefongespräche
mit Perth, wo man stur darauf bestand, einen Ersatzalternator hierher
zu schicken. Natürlich wieder einen Kleinen für 150 Dollar,
denn derjenige, welchen die Werkstatt hier einbauen wollte, kostet über
600 Dollar. Da half auch die Drohung mit einer Schadenersatzklage nicht.
Dieser Entscheid fiel aber erst, nachdem auf Verlangen der Mietfirma der
defekte Alternator ausgebaut und geputzt und daraufhin der Werkstattchef
persönlich mit Perth telefoniert hatte.
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Tara nutzt die Wartezeit, damit wieder einmal
ein Bericht erscheint
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Mittlerweilen war es nach 15 Uhr, das Mietauto musste natürlich
in der Werkstatt bleiben und so nahmen Ena und Christoph im einzigen (eher
schäbigen) Motel notgedrungen ein Zimmer. Wir beide werden auf dem
Motelparkplatz im Auto übernachten, genossen aber zuerst noch eine
Dusche im Zimmer der beiden (für 88 Dollar dürfen wir ruhig
etwas mehr Warmwasser gebrauchen).
Nun hoffen wir, dass der Alternator tatsächlich morgen Früh
eintrifft. Bei unserem Pech haben wir da allerdings etwelche Zweifel.
Denn vorher haben wir auch noch festgestellt, dass einer der neuen EMU-Stossdämpfer
an unserem Auto rinnt. Also wieder zurück in die Werkstatt wo sie
uns sagten, dass wir in Newman schauen sollen. EMU habe dort eine Vertretung
und der Stossdämpfer werde sicher in Garantie ersetzt. Langsam haben
wir die Nase schon etwas voll von den vielen Autoproblemen!
Samstag, 24. August 2002
Der Alternator war heute Früh tatsächlich da, aber irgendwie
nur mit zweien statt der erforderlichen drei Anschlüsse und auch
sonst nicht wirklich passend. Wieder hat der Werkstattchef mit der Mietwagenfirma
telefoniert und wieder machten die auf stur. Sie erdreisteten sich sogar
zu sagen, dass halt ab und zu etwas kaputtgehe (wenn man nicht vorsichtig
fahre) und wenn man solche kleineren Reparaturen nicht einplanen oder
damit nicht umgehen könne, solle man besser eine organisierte Reise
mit dem Bus machen!
Der gelieferte Alternator wurde dann reingebastelt, die fehlenden Kabel
mit Leim oder Silikon angeschlossen (weil es hier keinen passenden Stecker
gibt) und am Schluss meinte der Mechaniker, dass das Auto so maximal einen
Monat laufe, im schlimmsten Fall aber schon morgen wieder aussteigen könne.
Rosige Aussichten!
Gegen Mittag fuhren wir trotzdem weiter, aber mit einer gehörigen
Portion Wut im Bauch.
Leinster ist übrigens eines der typischen Minenarbeiterstädtchen,
wie sie überall in Australien zu finden sind. Auf dem Reissbrett
entworfen, mit einer Post, einem kleinen Supermarkt, einer Tankstelle,
einem Sportplatz und einer Bar. Und rund um die Kantine und die Mehrzweckräume
stehen die genormten Holzbaracken, solche für Singels und solche
für Familien. Wie ein atmender Organismus spuckt die Stadt die Menschen
im Schichtrhythmus aus und saugt sie wieder ein. Morgens um halb sechs
fahren Busse die Männer zur Frühschicht, dann wird es wieder
ruhig, bevor um halb sieben die Schicht der vergangenen Nacht müde
und verdreckt zu ihren Quartieren zurückgefahren wird. Ein hartes
Leben. Aber wahrscheinlich gibt es viele, die dies nur für eine gewisse
Zeit machen um gutes Geld zu verdienen. In dieser Gegend wird vornehmlich
Nickel und Gold abgebaut. Letzteres aber nur, wenn der Goldpreis wie im
Moment oben ist. So sagte man uns jedenfalls.
Am Nachmittag erreichten wir Wiluna, ein winziges Nest mit etwa 300 Einwohnern,
aber westlicher Ausgangspunkt für die zwei berühmtesten Tracks
Australiens, die Canning Stock Route und den Gunbarrel Highway. Na ja,
vielleicht im nächsten Leben.
Auf halbem Weg zwischen Wiluna und Meekatharra schlugen wir uns wieder
seitlich in die Büsche und errichteten unser Nachtcamp. Ein einziger
Roadtrain donnerte spätabends in der Ferne vorbei, ansonsten wieder
himmlische Ruhe. Über uns leuchtet der Sternenhimmel der südlichen
Hemisphäre, immer wieder ein atemberaubender Anblick.
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Beim Morgenkaffee
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Sonntag, 25. August 2002
Nach 80 Kilometern erreichten wir heute Früh Meekatharra und damit
wieder eine asphaltierte Strasse. Die Strecke von Wiluna hierher ist zwar
in einem relativ guten Zustand, aber ausserordentlich staubig. Weg, Büsche,
Bäume, Gräser - alles hat die gleiche braune Farbe. Und als
uns ein Roadtrain entgegenkam, mussten wir einige Minuten warten, bis
sich die Staubwolken verzogen hatten.
In Meekatharra sind die Strasse ausgestorben und die Läden zu - es
ist Sonntag. An der Tankstelle fuhren gerade zwei Roadtrains vor, welche
Reifen für die Minenfahrzeuge transportieren. Ein einziger dieser
Pneus wiegt vier Tonnen und kostet über 25'000 Australische Dollar.
Es würde uns ja schon interessieren, wie solche Reifen gewechselt
werden.
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Jeder Reifen kostet soviel wie ein Kleinwagen
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Wir schafften es heute bis etwa 20 Kilometer nach dem Kumarina Roadhouse
(zwischen Meekatharra und Newman), wo wir weit abseits der Strasse unser
Camp aufschlugen (und dabei einige Kängurus verscheuchten).
Wir versuchen jeweils, spätestens um 16 Uhr eine geeignete Stelle
gefunden zu haben. Kurz nach 17 Uhr geht bereits die Sonne unter und so
ein Camp gibt doch einiges zu tun: Zelte aufbauen, Tische und Stühle
auspacken, Gasflasche und -kocher aufstellen, Geschirr und Wasser bereitstellen,
rüsten und kochen, Gruben für das Lagerfeuer und die Latrine
ausheben, Holz sammeln und zerkleinern und so weiter. Abwaschen müssen
wir meistens schon im Dunkeln oder beim Licht des Lagerfeuers.
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Der gemütliche Teil des Tages
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