16.05.2002 Bangkok, die "grosse Stadt
der Engel"
Mittwoch, 8. Mai 2002
Aus einem Artikel in der heutigen Tageszeitung: "Bangkok ist die
Stadt der vielen Namen. The Big Mango, the Big Chili, the City of Angels,
Venice of the East. Bangkok ist aber auch die heisseste Hauptstadt der
Erde - the City of Heat? Und in Bangkok herrscht ein infernalischer Lärm
- the City of Sounds? Beissender Geruch erfüllt die feuchte Luft
- the City of Smells? Definitiv aber ist Bangkok die Stadt der ewigen
Staus, des alptraumhaften Verkehrs - the City of the Eternal Traffic Jams!"
Wir versuchten heute, Offerten für die Verschiffung unseres Autos
nach Australien einzuholen. Die Sprachprobleme sind enorm und im Gegensatz
zu Madras gibt es hier wohl auch nicht so viele Kunden wie wir, die ein
Auto in einen Container verladen wollen. Nun hoffen wir mal, dass wir
morgen zwei brauchbare Angebote bekommen.
Gegen Abend schlenderten wir noch etwas die Sukhumvit Road rauf und runter
(die Schadstoffe die man dabei einatmet, entsprechen mindestens einer
Stange Zigaretten) und schauten den Barmädchen beim "Anmachen"
zu. Haben wir eigentlich schon mal erwähnt, dass Prostitution in
Thailand illegal ist? Die Gesetzeshüter und Politiker scheinen das
Treiben auf jeden Fall bewusst zu ignorieren, zugunsten der erwünschten
Devisen, welche die Freier ins Land bringen.
Die Sukhumvit Road ist sehr touristisch, was angesichts des wahnwitzigen
Verkehrs und der alles verdunkelnden Hochbahn eher erstaunlich ist. Aber
es hat viele Hotels im Quartier, einige Shopping-Centren und gute Restaurants.
|
|
Verkehr auf Bangkoks Strassen
|
Donnerstag, 9. Mai 2002
Wir haben heute das Hotel gewechselt und sind in die Nähe der Khao
San Road gezogen. Viele Sehenswürdigkeiten sind von hier aus zu Fuss
erreichbar - die wahrscheinlich schnellste Fortbewegungsart in Bangkok.
Für die 15 Kilometer von einem Quartier ins Andere benötigten
wir über zwei Stunden und wir fragen uns, wie in dieser Stadt irgend
jemand einen Termin einhalten kann bei diesen Staus.
Da wir dieses Mal genau wussten, wohin wir wollen, haben wir das Hotelzimmer
vor ein paar Tagen über Internet bei einer Reiseagentur gebucht.
Wir haben irgendwo gelesen, dass dies (trotz der zusätzlichen Kommission
für den Vermittler) viel billiger kommt, als wenn man persönlich
am Tresen erscheine. Und siehe da, das Zimmer ist tatsächlich etwa
30% günstiger als das Angebot, das sie uns vor ein paar Wochen nach
zähen Verhandlungen gemacht haben. Individualreisende sind gegenüber
Pauschal- oder Gruppenreisenden halt sehr oft im Nachteil, wenigstens
finanziell gesehen.
In der Khao San Road ist immer noch Hochsaison. Hier suchen sich vor
allem junge Rucksackreisende eine Bleibe und es soll in der etwa 300 Meter
langen Gasse fast 100 Guesthouses geben. Die Meisten für wenig Geld,
aber dafür mit viel Kakerlaken und der grossen Chance, dass Sachen
aus dem Zimmer gestohlen werden. Auch junge Leute verschwinden hier regelmässig
und die Kriminalitätsrate ist sehr hoch (wobei fairerweise gesagt
werden muss, dass die meisten Straftaten von Ausländern an Ausländern
begangen werden).
Freitag, 10. Mai 2002
Wir versuchen immer noch, Offerten für die Fahrzeugverschiffung einzuholen.
Wegen den schon erwähnten Sprachproblemen scheitert dies manchmal
bereits daran, dass trotz langsamen Buchstabierens unsere Email-Adresse
auch nach dem dritten Anruf noch nicht richtig verstanden wurde. Es wäre
sicher besser, wir würden persönlich bei den Agenturen vorbeigehen.
Aber in einer Stadt wie Bangkok ist die Hemmschwelle gross, mal "schnell"
irgendwohin zu fahren.
Auch der Bus zum Flughafen hat mit den Staus zu kämpfen, trotzdem
standen wir rechtzeitig um 12 Uhr 30 in der Ankunftshalle. Dort standen
wir auch noch drei Stunden später - immer noch alleine. Irgendwann
gaben wir auf und fuhren mit dem Bus in die Stadt zurück. Zum Glück
wusste Hansli, in welchem Hotel wir sind und sie war tatsächlich
schon im Zimmer, als wir ankamen. Grosse Erleichterung auf beiden Seiten.
Wir wissen immer noch nicht, wie das passieren konnte, aber irgendwie
muss es noch einen anderen Ausgang geben (trotz den gegenteiligen Beteuerungen
der Leute, die wir fragten).
Samstag, 11. Mai 2002
Vor zwei Tagen fand auf dem Platz vor dem Königspalast eine Zeremonie
statt, um den Monsun zu begrüssen. Der Zeremonienmeister muss einen
guten Draht zu Petrus haben, denn zwei Stunden später regnete es
und seit gestern unser Besuch aus der Schweiz angekommen ist, hat es mit
kleinen Unterbrechungen immer wieder geschüttet.
Mit dem Regenschirm bewaffnet (wobei dieser bei diesen Sturzfluten allerhöchstens
den Kopf trocken hält) machten wir uns heute auf, um zu Fuss die
Quartiere in der Nähe zu erkunden. Natürlich liegen auch immer
wieder Tempel am Weg, wie zum Beispiel der wunderschöne Wat Suthat.
In der Wandelhalle welche die ganze Anlage umrundet, sind über hundert
Buddhas aufgereiht, alle in der gleichen, meditierenden Pose.
|
|
Buddhas in der Wandelhalle des Wat Suthat
|
Auf dem Weg zum Amulettmarkt mussten wir immer wieder Schutz vor den
Wolkenbrüchen suchen und wenn es regnet, sind scheinbar auch alle
Taxis dieser Stadt besetzt. Als wir dann doch noch eines erwischten (um
zum weiter entfernten Jim Thompson House, einem sehenswerten, kleinen
Museum zu fahren) mussten wir feststellen, dass die Strassen auch am Wochenende
verstopft sind.
Am späten Nachmittag und schon ziemlich müde machten wir noch
einen kleinen Umweg zum Erawan-Schrein. Glücklicherweise, denn dies
ist ein absolut faszinierender Ort. Der Erawan-Schrein war ursprünglich
das Geisterhaus des gleichnamigen Hotels, welches aber schon vor vielen
Jahren abgerissen wurde. Der Schrein gehört heute zu den heiligsten
Orten Bangkoks und wird ständig von Massen von Gläubigen umlagert.
Die Luft ist rauchgeschwängert von den vielen Räucherstäbchen,
aber auch vom gewaltigen Verkehr, welcher so gar nicht zu diesem Ort der
Andacht und des Gebetes passt. Genausowenig wie die Hochbahnen und Wolkenkratzer
ringsherum.
|
|
Opfernde am Erawan-Schrein
|
Unter einem kleinen Dach warten acht Tänzerinnen auf die Aufträge
von Gläubigen. Gegen eine Spende führen sie klassische Tempeltänze
auf, durch welche sich die Spendenden wohl gnädig gestimmte Götter
erhoffen. Dieser Handel ist sehr beliebt und die Tänzerinnen bekommen
immer wieder neue Zettel mit Wünschen und Aufträgen zugesteckt
und sind nonstop "an der Arbeit". Die Atmosphäre hier am
Erawan-Schrein ist so speziell, dass man stundenlang dasitzen und schauen
und staunen könnte.
|
|
Was sich diese zwei gläubigen Inder wohl
wünschen?
|
Sonntag, 12. Mai 2002
Wir verbrachten fast den ganzen Tag auf dem berühmten Weekend-Market
und mit uns schätzungsweise die halbe Stadtbevölkerung. Der
Markt ist riesig und man findet hier alles denkbare (und undenkbare).
Vom Kaninchen bis zur "Original"-Lewis für vier Franken
und vom Schlangenlederjäckchen bis zum Salatkopf. Besonders in den
vielen Gassen mit den billigen Kleidern war kaum mehr ein Durchkommen.
Nach einigen Stunden hatten wir wahrscheinlich erst den kleinsten Teil
des Marktes gesehen, waren aber hundemüde. Der Markt hat vielleicht
nicht soviel Charme wie die natürlich gewachsenen Märkte inmitten
verwinkelter Gassen, aber er ist sicher einen Besuch wert. Schon nur,
um ausgiebig "People watching" zu betreiben (wir wussten zum
Beispiel gar nicht, dass es in Thailand auch Punks hat).
Montag, 13. Mai 2002
Bangkok ist ein Einkaufsparadies und deshalb war heute Frauen-Shopping-Tag
angesagt (die Jagd war übrigens erfolgreich...). Gegen Abend und
wieder zu dritt fuhren wir mit dem Boot nach Chinatown. Es hat hier zwar
einige farbenprächtige Tempel, viele Läden sind auf chinesisch
angeschrieben und auch chinesische Gesichtszüge sind ab und zu zu
sehen, aber im Grossen und Ganzen ist das Chinatown von Bangkok keinen
grossen Umweg wert (abgesehen davon, dass Chinatown natürlich ein
einziger, grosser Markt ist und die Sachen scheinbar etwas billiger als
anderswo sind).
Und da wir schon in der Nähe waren, statteten wir der berüchtigten
Rotlichtmeile von Patpong einen Besuch ab. Auf der Strasse sieht ja alles
noch ziemlich harmlos aus, aber die diversen Etablissements werben ziemlich
aufdringlich für ihre Live-shows und man bekommt andauernd Zettel
in die Finger gedrückt, auf denen detailliert bebildert und beschrieben
ist, was sich auf der Bühne so alles tut. Das war uns dann doch zu
deftig, aber immerhin trauten wir uns in eine richtige Go-Go-Bar. Die
Tänzerinnen auf der Bühne langweilten sich offensichtlich noch
mehr als wir und Leben kommt immer erst in die Bude, wenn potentielle
Freier auftauchen. Da wird auch schon mal mit unlauteren Mitteln um die
"Beute" gekämpft und wir fanden die so offen stattfindende
Prostitution nicht so lustig.
Lustiger war da schon die Erfüllung von Tara's langgehegtem Wunsch
- der Besitz einer "Omega Constellation". Der Verkäufer
machte uns ein sehr, sehr gutes Angebot, nämlich zehn Prozent Rabatt
auf dem angeschriebenen Preis von 4'800 Baht (etwa 180 Franken). Aber
er hatte nicht mit Zoltan gerechnet, der zu seiner Höchstform auflief
und die Uhr schliesslich für 250 Baht (etwa 10 Franken) erstand.
Der Verkäufer hat immer noch gut verdient, Tara hat eine Riesenfreude
an der Fälschung und Zoltan hatte Spass am Handeln. So muss es sein.
Dienstag, 14. Mai 2002
In einem unserer Reiseführer steht, wenn man nur Zeit für eine
einzige Sehenswürdigkeit in Thailand habe, solle man den Wat Phra
Kaeo besuchen. In der Tat ist diese Tempelanlage zusammen mit dem daneben
gelegenen Königspalast höchst eindrücklich!
|
|
Fabelwesen im Wat Phra Kaeo
|
Aber bevor wir uns näher den Bauwerken widmeten, verbrachten wir
eine vergnügliche halbe Stunde vor dem Eingangstor. Die Kleidervorschriften
sind sehr streng und so darf man zum Beispiel auch keine ¾-langen
Hosen oder Schlarpen tragen. Für diejenigen, die das nicht wissen,
werden in der Nähe Kleider vermietet. Wie zum Beispiel todschicke,
fusspilzübertragende Plastikturnschuhe, schmeichelhafte Pluderhosen
in Einheitsgrösse XXL für Männer oder modisch braun-karierte,
langärmlige Blusen für Frauen. Es gibt zwei Eingänge, einen
für Thais und einen für Ausländer und die Armeeangehörigen,
welche die Einhaltung der Kleidervorschriften überprüfen, scheinen
einen grossen Ermessensspielraum zu haben. So darf die junge Thailänderin
im kurzen Rock passieren, aber die junge Ausländerin in den Hochwasserhosen
nicht. Und wir machten uns einen Spass daraus zu erraten, wer durchgelassen
wird und wer nicht. Wir drei passierten auf jeden Fall anstandslos, aber
auch nur, weil unsere offenen Sandalen hinten ein Riemchen haben.
Das grösste Heiligtum des Wat Phra Kaeo ist ein kleiner Buddha aus
Jade und die Halle sowie die Opferplätze vor dem Tempel sind voll
mit Gläubigen und (fast ebenso vielen) Touristen. Vor allem Japaner
werden busweise herangekarrt und bis sich alle Mitglieder so einer Reisegruppe
gegenseitig in allen möglichen Posen vor allen möglichen Gegenständen
abgelichtet haben, benötigt man eine gehörige Portion Geduld
(will man die Sehenswürdigkeit ohne darauf sitzende oder davor stehende
Japaner fotografieren).
Mehr als der kleine Buddha aus Jade faszinieren die vielen mächtigen,
dämonisch dreinblickenden Tempelwächter.
|
|
Sogenannte Yaks bewachen die Eingänge
des Tempels
|
Wunderschön sind auch die bunten Fabelwesen, welche die Kuppeln
der Chedis stützen oder die goldenen Türwächter, halb Engel
- halb Vogel.
Nachdem wir auch noch einen kurzen Blick auf den Palast geworfen und die
gerade stattfindende Wachablösung gesehen hatten, waren wir kaputt
und fuhren zurück ins Hotel. Natürlich haben wir nicht alles
gesehen und man hätte noch Stunden hier verbringen können -
wenn es nicht so unerträglich heiss wäre.
Aber wir hatten sowieso noch etwas anderes vor. Da Zoltan heute Geburtstag
hat, schickten ihn die Frauen zur Massage und bereiteten währenddessen
im Zimmer den Champagner und den Kuchen mit den Kerzen vor...
Mittwoch, 15. Mai 2002
Hitzemüde und tempelmüde schleppten wir uns heute trotzdem zum
Wat Pho, den man scheinbar unbedingt gesehen haben muss. Immerhin ist
es der grösste Tempel Bangkoks und beherbergt den berühmten
liegenden Buddha, eine gigantisch grosse (46 Meter lange), goldene Figur,
welche Buddha in dem Moment zeigt, in welchem er ins Nirwana übergeht.
Leider wird die Halle gerade renoviert und vor lauter Baugerüsten
ist vom Buddha nicht viel zu sehen.
|
|
Hansli findet vor allem die Tempelkatzen spannend
|
Aus der heutigen Zeitung entnahmen wir, dass viele Familien in Thailand
in diesen Wochen grosse Sorgen haben. Die Schulen haben begonnen und obwohl
der Thailändische Staat allen Kindern 12 Jahre lang die Ausbildung
bezahlt, müssen in der Realität die Familien jedes Jahr grosse
Summen an Bestechungsgeldern aufwenden, um ihre Kinder in einem Kindergarten
oder an einer öffentlichen Schule platzieren zu können. Die
Armen können sich das natürlich nicht leisten und so bleibt
die Ausbildung oft auf der Strecke.
Donnerstag, 16. Mai 2002
Als Abwechslung zu den vielen Tempeln und Buddhas gingen wir heute ins
Museum für forensische Medizin. Nicht gerade auf dem Sightseeing-Programm
eines durchschnittlichen Bangkok-Besuchers und für zarte Gemüter
auch nicht zu empfehlen. Von der mumifizierten Leiche eines bekannten
Massenmörders bis zu den nichts beschönigenden Fotografien seiner
oder anderer Opfer, von den phantasievollsten Mordwerkzeugen bis zu anderen
Todesarten wie der Raucherlunge ist alles zu sehen, was einem den Appetit
verderben kann. Und vollends die Lust aufs Mittagessen verloren wir, als
wir die danebenliegenden pathologischen und parasitologischen Museen auch
noch besichtigen.
Den Nachmittag verbrachten wir mehrheitlich im Reisebüro und im Internetcafé,
um die nächsten Tage am Strand zu organisieren. Als wir vor einigen
Wochen die Hotels in Cha-Am anschauten, hiess es noch unisono: Mai ist
kein Problem, wir haben haufenweise leere Zimmer. Nun ist aber ausgerechnet
nächste Woche irgendein Festival in Cha-Am und alles ist ausgebucht.
Wir werden morgen trotzdem Richtung Süden losfahren, irgendein Plätzchen
werden wir schon finden.
Vorheriger
Bericht Nächster
Bericht
|