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11.04.2002  Die Fahrt in den Norden Thailands

Sonntag, 7. April 2002

Aber schon etwas ausserhalb Bangkoks war es mit der tollen Verständigung wieder vorbei. Als wir an einer Tankstelle essen wollten, flüchtete die Angestellte (kichernd wie immer) und es brauchte einige Geduld und einen Besuch in der Küche, bis wir einen Teller Reis vor uns hatten. Und das Hotel in dem wir jetzt sind - immerhin das Beste von Nakhon Sawan - ist nur thailändisch angeschrieben (zum Glück ist es jeweils klar, was man in einem Hotel will). Die Frage nach dem Frühstück werden wir wohl morgen Früh mit der entsprechenden Essensbewegung klären können.

Nakhon Sawan liegt etwa 250 km nördlich von Bangkok und ausser zum Übernachten gibt es keinen Grund, hier anzuhalten. Auch die Strecke hierher ist eher langweilig. Überall wird Brandrodung praktiziert und die Luft ist voller Rauch. Ab und zu sieht man die Feuerwehr, die die Flammen wenigstens von den Tankstellen abhalten will. Gestern lasen wir in der Zeitung, dass es wegen dem dichten Rauch eines solchen Feuers zu einem Verkehrsunfall mit Massenkarambolage gekommen ist; 9 Tote und 20 Verletzte war die traurige Bilanz (sie kleben einem aber auch immer mit fünf Zentimetern Abstand am Heck!).
Die Gegend ist topfeben, es wird Reis angebaut und in riesigen, flachen Tümpeln Fische gezüchtet. Dass man mit diesen stehenden Gewässern auch jede Menge Moskitos züchtet hat wiederum zur Folge, dass unzählige Stände der Strasse entlang Moskitonetze verkaufen. Häufig wird auch getrockneter oder geräucherter Fisch angeboten (da dieser unverpackt daliegt, dürfte die Schwermetallbelastung ziemlich heftig sein) und eine Fischpaste, ohne die die thailändische Küche nicht auskommt. Sie wird vor allem zum Salzen und Würzen benutzt und in thailändischen Restaurants sucht man in der Regel das Salz dann auch vergeblich auf dem Tisch unter den vielen Gewürzen.

Zoltans "Geheimwaffe" ist übrigens keine Marktlücke mehr - heute sahen wir an einer Tankstelle im Kühlregal vakuumverpackte, feuchte Frotteetüchlein. Vielleicht hat ihm die Idee ja jemand gestohlen?

Montag, 8. April 2002

In Thailand herrscht in den verschiedenen Provinzen eine Art handwerklicher Monokultur. Waren es gestern Moskitonetze und Hängematten, die überall feilgeboten wurden, sind es heute - 200 km weiter nördlich - Reisigbesen und Korbstühle. Und es sind dann immer gleich mindestens 50 Stände entlang der Strasse, die haargenau die gleichen Besen und Stühle anbieten. Ob sie sich wenigstens im Preis unterscheiden, haben wir nicht überprüft, aber wahrscheinlich nicht.

Kurz nach Tak biegt die Strasse nach Westen ab und windet sich über die ersten Höhenzüge des Tanen-Gebirges. Selbst unser Auto hatte Mühe mit der Steigung und sämtliche Temperaturanzeigen stiegen in nie zuvor erreichte Höhen (haben wir eigentlich schon mal erwähnt, dass es heiss ist?!).
Die bergige Gegend zwischen Tak und Mae Sot, unserem heutigen Ziel, bietet einen überwiegend traurigen Anblick. Was nicht schon vor langer Zeit abgeholzt wurde, fiel den ausser Kontrolle geratenen Rodungsbränden zum Opfer. Kümmerliche Reste Urwald behaupten sich trotzig, aber auch heute brennt es an verschiedenen Stellen und die Luft ist trübe vom Rauch. Schöne Villen wie im Süden sieht man hier seltener, dafür fast nur noch traditionelle, auf Pfählen stehende Holzhäuser, die Meisten sehr einfach und ärmlich.
Mae Sot liegt fünf Kilometer von der burmesischen Grenze entfernt und ist eine lebhafte, kleine Stadt.

Der farbige Markt von Mae Sot  

Der farbige Markt von Mae Sot

Thailänder, Inder, Chinesen und Burmesen drängen sich auf dem farbigen, exotischen und stinkenden Markt, auf welchem von Früchten über gegrillte Maden bis zu Walkman's so ziemlich alles angeboten wird. Entlang der Strasse reihen sich die Läden mit Edelsteinen aus Myanmar aneinander und wir lasen, dass das Schmuggelgeschäft hier in Mae Sot besonders floriert.

Was soll's denn sein? Gegrillte Maden oder eingelegte Käfer?  

Was soll's denn sein? Gegrillte Maden oder eingelegte Käfer?

Wir werden die nächsten Tage entlang der Grenze nach Norden fahren und haben uns deshalb vorgängig bei der Schweizerischen Botschaft in Bangkok über allfällige Risiken informiert (weil auf der Homepage des EDA vor diesem Gebiet gewarnt wird). Laut dem Botschaftsangestellten sollen wir Nachtfahrten vermeiden (tun wir sowieso) und uns nicht von der Hauptstrasse entfernen. Und wir sollen uns auf eine kurvige Strecke gefasst machen, gegen die der Gotthard gar nichts sei!

Plastikblumen sind im Sommer der Renner, wenn alles andere verdorrt ist  

Plastikblumen sind im Sommer der Renner, wenn alles andere verdorrt ist

Mit Songkran scheint es wie mit unserem 1. August zu sein, da wird ja auch schon zwei Wochen vorher geknallt was das Zeug hält. Wir sahen auf jeden Fall viele Autos, die über und über mit weisser und roter Farbe bespritzt und beschmiert waren. Das kann ja heiter werden.

Dienstag, 9. April 2002

Die heutigen 250 Kilometer bis Mae Sariang waren ziemlich anstrengend. Die erste Hälfte der Strecke ist noch gut ausgebaut und führt über lange Strecken am Fluss entlang, welcher die Grenze zu Myanmar bildet.

Das dort drüben ist Burma (oder Myanmar, wie es heute heisst)  

Das dort drüben ist Burma (oder Myanmar, wie es heute heisst)

Die Polizei ist omnipräsent und wir passieren einen Checkpoint nach dem Anderen. Mal wollen sie den Pass sehen, mal das Auto von innen, mal beides und einmal bekamen wir sogar ein Eis geschenkt. Zoltan (wie immer vorsichtiger und misstrauischer als Tara) hat seines nach der nächsten Kurve weiterverschenkt.
Bewacht wird nicht nur die Grenze, sondern auch ein riesiges Flüchtlingslager der Karen, einem Bergstamm der in Myanmar für seine Unabhängigkeit kämpft.

Flüchtlingsdorf der Karen  

Flüchtlingsdorf der Karen

Die Landschaft, ins Zweilicht einer fahlen Sonne getaucht, bietet einen deprimierenden Anblick. Das Land ist nackt, abgeholzt, verbrannt, verdorrt.

Nach der Hälfte der Strecke ändert die Szenerie schlagartig. Die Strasse wird schlechter und windet sich in unzähligen Kurven über Hügel und Berge. Ein paar der Steigungen schaffen wir nur im ersten Gang und zum Glück war verkehrsmässig nicht viel los und wir hatten das schmale Strässchen für uns alleine. In der Höhe wurde die Luft endlich etwas trockener und ein paar Grad kühler, der Himmel klarte zeitweise auf und es gab auch wieder grössere, intakte Stücke Wald.
Leider liegt Mae Sariang in einem Tal und so schlug die Hitze bald wieder unbarmherzig zu. Das Zimmer im besten "Hotel" des Dorfes ist ein moskitoverseuchtes Loch, welches uns stark an indische Hotelzimmer erinnerte.

In den kleinen Dörfern am Wegesrand standen die Kinder schon mit Kübeln und Spritzpistolen bereit und unser Auto bekam die ersten paar Songkran-Duschen. Wir waren immer schnell genug mit dem Raufkurbeln der Scheiben. Aber heute müssen wir ja auch noch etwas essen und dazu ins Dorf laufen, also sind wir auf alles gefasst.

Kleine Abkühlung gefällig?  

Kleine Abkühlung gefällig?

Morgens um 6 Uhr 30 fährt ein Auto mit Lautsprechern durch das Dorf, über welche wahrscheinlich die aktuellen Nachrichten und ein paar gute Vorsätze für den neuen Tag verbreitet werden. Aber wir wollten ja sowieso früh aufstehen, da wieder einige Berge vor uns liegen.

Gestern Abend machten wir noch einen Spaziergang durch's Dorf. Mae Sariang ist ein beschauliches, ruhiges Dörfchen mit einem kleinem Markt (leider schon abgeräumt) und einigen Läden, die - ziemlich untypisch für Thailand - fast alle um 18 Uhr schliessen. Dann wird es noch ruhiger und Touristen hat es auch kaum. Einen Deutschen treffen wir, der aber hier in Thailand lebt und mit einem Wohnmobil und seiner thailändischen Freundin unterwegs ist. Er hat uns erzahlt, dass es zu dieser Jahreszeit normalerweise 10 Grad kühler sei. Viele Menschen, die wir hier in der Gegend sehen, schützen sich mit einer dicken, gelben Paste im Gesicht vor der Sonne (das nehmen wir wenigstens an). Diese wird möglichst kunstvoll in Spiralen, Kreisen und parallelen Linien aufgetragen. Und viele Frauen schminken sich das Gesicht mit weissem Puder, was dann aber wohl wieder mit dem Schönheitsideal der hellen Haut zu tun hat.

An einem burmesisch-buddhistischen Tempel unterwegs  

An einem burmesisch-buddhistischen Tempel unterwegs

Um das Frühstück abwechslungsreicher zu gestalten, holten wir heute eine Mango aus unseren Vorräten. Natürlich wurde sie uns sogleich abgenommen, in der Küche geschält und in Stücke geschnitten und auf einem Teller wieder serviert. Dann musste man den dummen Farang's, die sich halbreife Früchte andrehen lassen doch noch zeigen, wie eine Mango wirklich schmeckt und servierte uns eine reife Frucht. Ein Unterscheid wie Tag und Nacht!

Die Strecke zwischen Mae Sariang und Mae Hong Song ist wesentlich besser ausgebaut als die Gestrige. Am frühen Nachmittag waren wir bereits am Ziel und haben wahrscheinlich einige Sehenswürdigkeiten unterwegs verpasst. Aber da wir keine thailändischen Schilder lesen können, liessen wir die Abzweigungen lieber sein. Wir wollten ja nicht versehentlich über die burmesische Grenze fahren.
Übrigens sahen wir heute schon wieder eine (äusserst lebendige) Schlange auf der Strasse. Es hat also Einige und wir passen immer gut auf, sobald wir das Auto verlassen.

Thailand ist ein wunderschönes Land! Aber in den Monaten März bis Mai den Norden zu besuchen, davon raten wir dringend ab. Wanderungen oder Trekkingtouren bei 40°C zu unternehmen, ist wohl nur etwas für Masochisten. Und die Besichtigung selbst des schönsten Tempels und des malerischsten Städtchens wird so zu einer Qual. Viele Bäume haben keine Blätter oder sind zu Gerippen verbrannt, die meisten Reisfelder verdorrt, die Wasserfälle kleine Rinnsale (Raftingtouren finden wegen dem tiefen Wasserstand erst wieder ab Juni statt) und auch die heissen Quellen üben im Moment keinen grossen Reiz aus. Sogar die Elefanten in den Trainingslagern haben bis Ende Mai "Schulferien", weil es ihnen zu heiss ist.
Viele Bergstämme haben übrigens eigene Monatsnamen. So heisst der April bezeichnenderweise "burning fields" ("brennende Felder")!

Hier in Mae Hong Son wollten wir eigentlich einige Tage bleiben. Aber irgendwie hat es uns doch gefuchst, Songkran zu verpassen. Also haben wir unsere Pläne geändert und werden morgen versuchen, bis nach Chiang Mai zu kommen. Um uns dann ohne Rücksicht auf Verluste (wie Farbflecken auf den Kleidern) ins Gewühl zu stürzen. Schliesslich ist Songkran eines der grössten Feste Thailands und wenn wir schon mal hier sind, gehört das wohl auch dazu. Vielleicht kommen wir dann anschliessend nochmal in diese Gegend zurück, wir haben ja genügend Zeit.

Donnerstag, 11. April 2002

250 Kilometer und 1242 Kurven später waren wir in Chiang Mai. Die Anzahl der Kurven wissen wir so genau, weil in einem unserer Reiseführer eine Zahl in dieser Grössenordnung stand, die wir natürlich überprüfen mussten (ausserdem hilft das Kurvenzählen gegen etwaige aufkommende Übelkeit der Beifahrerin). Und wahrscheinlich ebenso oft haben wir die Fenster hoch- und wieder runtergekurbelt. In jedem Dorf stehen an jeder Strassenecke die Kid's und die Halbstarken (und auch ein paar Erwachsene), mit riesigen Pumpguns und Schläuchen und Eimern und anderen Gefässen voll Wasser bewaffnet und sie haben eine erstaunliche Treffsicherheit. Da wird kübelweise Wasser auf die Passanten geschüttet und wären wir nicht schnell genug gewesen, hätten wir eine grössere Überschwemmung im Auto gehabt. Ganz perfide sind die Pickup's, die beim Überholen von hinten noch schnell eine Ladung abfeuern.

Auch der Verkehrssicherheit ist dieser Brauch nicht eben förderlich  

Auch der Verkehrssicherheit ist dieser Brauch nicht eben förderlich

Am Schlimmsten (oder Lustigsten, je nach Standort) ging es in Pai zu und her. Pai liegt etwa auf halbem Weg zwischen Chiang Mai und Mae Hong Son und ist DER Treffpunkt für Rucksackreisende in Nordthailand. Mit all den Rastalocken, Schlabberkleidern, billigen Guesthouses und Müesli auf den Speisekarten kommen wir uns vor wie in McLeod Ganj, Kathmandu oder Goa. Und am meisten Spass an der Spritzerei haben wohl die jungen Farang's, welche bewaffnet mit den grössten Pumpguns inklusive Wasserspeicher am Rücken hier mal so richtig die Sau rauslassen können. Wir hätten ja nichts gegen etwas Wasser, aber wenn man Reisebücher, Strassenkarten und Kamera auf dem Schoss hat, versucht man dies möglichst zu vermeiden. Leider wird es bei geschlossenen Fenstern im Auto noch heisser.

Die Strecke muss in einigen Monaten traumhaft sein. Wir haben leider nicht allzuviel davon, weil man wegen dem Dunst und dem Rauch kaum den nächsten Hügel sieht. Dafür erreicht die Strasse zweimal Höhen von über 1000 Metern und da waren dann die Pausen sehr erholsam, weil es doch etwas kühler war als in den Tälern.

Kleine Pause für uns und Rosinante  

Kleine Pause für uns und Rosinante

In Ciang Mai haben wir in einem Appartementblock am Stadtrand ein günstiges, schönes Zimmer gefunden und hier werden wir wahrscheinlich eine Woche bleiben.

 

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