24.02.2002 Malakka
Dienstag, 19. Februar 2002
Wenn alles wie gewünscht klappt, sollte unser Auto morgen in Port
Klang ankommen. Deshalb sind wir heute mit Sack und Pack in die Hafenstadt
umgezogen, welche etwa 50 km von Kuala Lumpur entfernt ist. Wir hatten
im Internet schon nach einem Hotel gesucht und ein Zimmer reserviert,
so wussten wir wenigstens, wohin mit unserem schweren Gepäck. Aber
dummerweise liegt das Hotel sehr ungünstig: einsam und verlassen
an der Autobahn und einige Kilometer vom Hafen (und den Schiffsagenturen)
entfernt. Deshalb versuchten wir erstmal telefonisch, an unsere Autopapiere
und an Offerten für das Entladen des Containers zu kommen. Wir hingen
also den ganzen Nachmittag am Telefon oder waren im Business Center des
Hotels, um Dokumente zu kopieren oder zu faxen. Am späten Nachmittag
hatten wir immer noch keine Offerten (aber man arbeitet daran) und - weitaus
schlimmer - keine Spur von unserem Carnet de Passage. Wir wurden langsam
nervös.
Gegen Abend kam dann das erlösende Telefon, dass unser Carnet gestern
(!) in Indien abgeschickt wurde. Das heisst aber auch, dass es im schlimmsten
Fall noch ein paar Tage dauern kann, bis wir im Besitz der Dokumente sind
und das Auto auslösen können.
Mittwoch, 20. Februar 2002
Gestern hatten wir einen ziemlich frustrierenden Tagesabschluss. Wir mussten
zu einem ATM (da die Agenturen garantiert Bargeld sehen wollen) und etwas
einkaufen und eine Kleinigkeit essen wollten wir auch. Da das Hotel so
blöd gelegen ist, mussten wir ein Taxi nehmen respektive den Hotelwagen,
da hier natürlich weit und breit kein Taxi steht. Dieser verlangte
einen sagenhaft hohen Preis, den wir mangels Alternativen zähneknirschend
bezahlten. Und als wir vom weit entfernten Shopping Center wieder zum
Hotel wollten, fanden wir nur Taxis ohne Taxameter und diese verlangten
den gleich hohen, absurden Preis. Für das Geld, das wir heute für
Taxis ausgaben, könnten wir schon fast ein Auto mieten.
Im Hotel dann der zweite Hammer. Die zwei Agenturen die wir kontaktiert
hatten, offerierten uns per Fax die Auslösegebühren und diese
sind fast so hoch wie die ganze Verschiffung hierher!
Also gingen wir heute persönlich zu diesen beiden Agenturen, um
uns die Offerten erklären zu lassen und natürlich um zu verhandeln.
Wir stellten aber schnell fest, dass unsere Kontaktpersonen dieser beiden
Firmen eng befreundet sind und sich jeweils telefonisch über alles
informierten. Und wahrscheinlich hätte es uns auch nicht viel genutzt,
noch zu einer dritten Agentur zu gehen. Wie man uns nämlich freimütig
erklärte, pflegt man allgemein "gute Kontakte" untereinander
und auch zu den Zollbehörden. Es sei dank diesen guten Beziehungen
auch möglich, für eigene Bedürfnisse ein Auto mit nur 90%
Importzoll statt den üblichen 120% einzuführen. Wir würde
dazu sagen "die stecken alle unter einer Decke" und das wäre
noch nett ausgedrückt. Natürlich erstaunt es unter diesen Umständen
auch nicht, dass die beiden Angebote praktisch gleich teuer waren. Den
Ausschlag für die Wahl von Jets Express Service gab schlussendlich,
dass sie im Gegensatz zu Multimodal Freight einige Prozente Rabatt herausrückten.
Das Clearing respektive Entladen unseres Autos wird nun etwa 600 Franken
kosten (die Verschiffung kostete 800 Franken!). Immerhin hat uns der Agent
dann noch zum Mittagessen eingeladen, und zwar ausgerechnet in ein indisches
Lokal. Nachdem wir doch so froh waren, endlich etwas anderes als indisch
essen zu können...
Unser Carnet de Passage ist mittlerweile auch eingetroffen und so sollten
wir spätestens morgen Abend wieder im Besitz unseres Autos sein.
Donnerstag, 21. Februar 2002
Heute ist es leicht bewölkt und etwas weniger heiss als die letzten
Tage. In West-Malaysia soll es seit Monaten aussergewöhnlich warm
und trocken sein. In der Nähe hat es einige Waldbrände und die
Luft ist voller Rauch. In der Zeitung lasen wir, dass in Malakka - unserem
nächsten Ziel - das Wasser rationiert wird. Die Bevölkerung
versucht nun, Wasser zu bunkern und muss scheinbar schon in benachbarte
Staaten fahren, um Wasserbehälter zu kaufen. Der Spiegel der Stausseen
ist auf einem Rekordtief und alle warten sehnsüchtig auf Regen.
Wir warten unterdessen sehnsüchtig auf unser Auto respektive auf
die Nachricht, dass der Container im Lager eingetroffen ist. Nachmittags
um Zwei dann der Telefonanruf und plötzlich ging (dank der vielen,
im Preis inbegriffenen Schmiergelder) alles erstaunlich schnell. Wir wurden
im Hotel abgeholt und zum Containerlager gefahren, das Siegel wurde geöffnet,
die Befestigungen entfernt und wir konnten unser Auto unbeschadet aus
dem Container herausfahren.
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Der grosse Augenblick: ist noch alles heil?
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Dann ging's noch ins Büro der Agentur, um das Carnet de Passage
abzuholen und zu bezahlen und das war's. Auf unsere erstaunte Frage, ob
der Zoll das Auto denn nicht anschauen wolle, gab's als Antwort die berühmte
Bewegung mit Daumen und Zeigefinger unter dem Tisch. An alle die (um Kosten
zu sparen) versuchen wollen, ihren Container in einem asiatischen Land
selbst auszulösen: vergesst es! Wenn man nicht weiss, wo und wem
und wieviel man schmieren muss, hat man kaum eine Chance.
Wir fuhren dann erstmal in eine Autowäscherei um das Salz gründlich
abzuspülen. Die erste Seereise hat unser Auto also nun hinter sich.
Aber nicht die Letzte und hoffentlich läuft es in Zukunft genauso
problemlos ab.
Vorgestern Abend sahen wir übrigens im Fernsehen den Film "The
perfect storm" in welchem einem Frachtschiff in den hohen Wellen
die ganzen Container von Bord gespült wurden. Wir mussten ein paar
Mal leer schlucken und sind froh, dass das kein böses Omen war.
Freitag, 22. Februar 2002
Die Malaien lieben Abkürzungen. Vom PM (Premier Minister) steht jeden
Tag etwas in der Zeitung und wenn man zum Flughafen will, muss man den
Schildern Richtung KLIA (Kuala Lumpur International Airport) folgen. Das
muss man natürlich auch als Autofahrer wissen. Ansonsten ist das
Autofahren hier herrlich! Es hat richtige Autobahnen (ohne Kühe darauf),
alles ist perfekt und in lateinischen Buchstaben beschildert und kein
Mensch hupt. Wir sahen sogar Situationen, da liess man sich gegenseitig
den Vortritt! Auch die Raststätten sind wieder so, wie man es gerne
hat; mit Restaurant, Laden, Picknicktischen und vielen, vielen Abfalleimern.
Was für ein zivilisiertes Land...
Neben der Autobahn nach Malakka sieht man ab und zu ein Stück Urwald,
ab und zu eine Retorten-Schlafstadt mit Tausenden, gleich aussehender
Reiheneinfamilienhäuser, aber hauptsächlich Plantagen. Meistens
Palmen für die Gewinnung von Palm- oder Kokosöl.
Einige Kilometer vor der Stadt Malakka gibt es ein Erholungsgebiet mit
Wäldern und Vergnügungsparks und einem Campingplatz. Leider
kann dieser nur zu Fuss erreicht werden (was uns nicht viel nützt,
da unser "Zelt" vier Räder hat) und so fuhren wir weiter
und suchten uns in der Stadt ein Hotel.
Malakka (der Staat heisst gleich wie die Hauptstadt) wird von den Einheimischen
Melaka genannt, aber auch die Schreibweise Malacca ist geläufig.
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Tradition und Moderne am Melaka River
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Die Stadt Malakka ist ein höchst geschichtsträchtiger Ort,
die älteste Stadt und eigentliche Keimzelle Malaysias (die heutigen
malaiischen Sultansfamilien haben fast alle ihren Ursprung hier). Im 16.
Jahrhundert wurde Malakka von den Portugiesen erobert, im 17. Jahrhundert
von den Holländern und im 18. Jahrhundert kamen die Engländer.
Natürlich haben alle ihre Spuren hinterlassen, insbesondere auch
die seit fünf Jahrhunderten einwandernden Chinesen.
Ein erster, kurzer Spaziergang durch das Stadtzentrum führte uns
vor allem an chinesischen Läden, Restaurants und Tempeln vorbei und
überall hängt noch die Neujahrsdekoration wie rote Lampions
und Knallbonbons in roter Folie an den Fassaden und über die Strasse.
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Rote Lampions in Chinatown
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Heute lasen wir übrigens in der Zeitung, dass fünf Hijacker
den Expressbus zum Flughafen (den, den wir vor einer Woche auch benutzten)
überfallen und mit Pistolen und Äxten bewaffnet die Fahrgäste
ausgeraubt haben. Darunter auch einige Touristen...
Samstag, 23. Februar 2002
Malaysia besteht aus den zwölf Staaten welche West-Malaysia bilden
sowie den zwei Ost-Malaiischen Staaten Sarawak und Sabah auf der Insel
Borneo. Die meisten der Staaten werden noch immer von Sultanen regiert
und diese wählen den König (natürlich aus den eigenen Reihen),
welcher aber eher repräsentative Aufgaben hat. Die eigentliche Macht
im Lande hat - nebst den Sultanen - der PM, auch Mister "M"
(Mister "Malaysia") genannt. Der jetzige PM ist bei vielen Malaien
sehr beliebt. Viele fürchten ihn aber auch. Auf jeden Fall hat er
es - auch dank der einigermassen stabilen Wirtschaftslage - bis jetzt
ziemlich gut geschafft, das Land mit diesen extrem verschiedenen Religionen
und Rassen ruhig zu halten.
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Rikschafahrer mit Touristen in Malakka
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Nachdem wir bereits "Ballenberg" auf indisch gesehen hatten,
besuchten wir heute das Malaiische Gegenstück: Mini Malaysia. Dieses
Freiluftmuseum in welchem traditionelle Häuser aus ganz Malaysia
und den angrenzenden ASEAN-Staaten gezeigt werden, liegt im bereits erwähnten
Freizeitgelände Ayer Keroh (etwa 15 km ausserhalb der Stadt), wo
es auch einen Zoo, eine Schmetterlings-, eine Bienen- und eine Krokodilfarm
hat, ausserdem einen See, einen Golfplatz, ein Stück Urwald und einige
teure Resorts. Und alles bequem von der Autobahn aus zugänglich.
Wie schon oft in Malaysia haben wir das Gefühl, irgendwo in Florida
unterwegs zu sein.
Die Besichtigung der verschiedenen Häuser war am Anfang interessant,
aber dann schnell mal eintönig (weil alles sehr Ähnlich war).
Die sogenannten "Langhäuser" stehen auf Stelzen, haben
Holzböden, aus Bambus kunstvoll geflochtene Wände und mit Palmblättern
bedeckte Giebeldächer. Selten sind auch die Wände aus Holz und
dann meistens mit Ornamenten durchbrochen, so dass der Wind ungehindert
durch das Haus streichen kann. Natürlich ist diese Bauweise perfekt
dem tropischen Klima angepasst.
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Eines der traditionellen Holzhäuser in
"Mini Malaysia"
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Leider macht die ganze Anlage einen ungepflegten, vernachlässigten
Eindruck. Sicher auch deshalb, weil im Moment keine Saison ist. So sind
- trotz Wochenende - sehr wenige Besucher hier. Und auch das Personal
glänzt durch Abwesenheit, weil heute irgend ein Feiertag ist. Die
Malaien haben übrigens über 20 offizielle Feiertage plus unzählig
regionale Spezial-Feiertage. Einzig ein Aushilfskassierer war anwesend,
aber dieser machte die Türen erst zwei Stunden nach der offiziellen
Öffnungszeit auf und den Schlüssel zum Kassenhäuschen hatte
er auch nicht (zahlen mussten wir natürlich trotzdem...).
Nachdem wir die Meisten der Häuser angeschaut hatten, fuhren wir
ziemlich erschöpft ins Hotel zurück. Zoltan hat immer noch Schmerzen
beim Laufen und Tara erträgt das tropische Klima sehr schlecht.
Ein grosser Teil der Kultur eines Landes macht unzweifelhaft das Essen
aus, welches wir natürlich überall neugierig ausprobieren. Malakka
ist berühmt für die Nyonya-Küche (Nyonyas heissen die weiblichen
Abkömmlinge der vor über 500 Jahren eingewanderten Chinesen)
und so fuhren wir heute Abend in einen anderen Stadtteil, wo es solche
Restaurants geben soll. Und wir wurden nicht enttäuscht. Das Essen
war hervorragend und sehr interessant gewürzt. Wir hatten Prawns
(an einer Art süssen Pflaumensauce), Hühnchen mit Pilzen (eher
süss), Rindfleisch (scharf mit viel Zitronengras), Klebereis und
einheimisches Grünzeug (scharf mit Chili und Crevetten).
Übrigens essen die meisten Malaien nicht mit Stäbchen (ausser
in den chinesischen Strassenrestaurants, wo es NUR Stäbchen gibt),
sondern mit Löffel und Gabel. Wobei die Gabel niemals in den Mund
genommen wird sondern nur dazu dient, das Essen auf den Löffel zu
befördern oder grössere Stücke festzuhalten, damit sie
mit dem Löffel zerteilt werden können.
Nach dem Essen wollten wir noch die "Light and Sound Show"
besuchen, aber diese fand wegen dem heutigen Feiertag nicht statt. Und
mittlerweile haben wir auch herausgefunden, um was für einen Feiertag
es sich handelt: muslimisches Neujahr. Natürlich auch für alle
Hindus, Buddhisten, Christen und Andere ein Grund zum Feiern respektive
Freimachen.
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Alte Häuser im Zentrum von Malakka
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Sonntag, 24. Februar 2002
In Malaysia hat es viele "Bakery" (Bäckereien). Wir würden
zwar Konditorei dazu sagen und so wie sie daherkommen, würde der
Sprüngli in Zürich fast vor Neid erblassen. An Brot gibt es
lediglich Toast mit Mangogeschmack und Ähnliches, dafür stehen
in den 10-stöckigen Regalen auf einigen Laufmetern Hunderte bunter
Torten und in anderen Regalen Berge von süssen Stückchen und
Blätterteiggebäck und Knabbereien und, und, und. Es hat auch
Käseküchlein, Pizzas, Blätterteigtaschen mit Sardinen oder
Huhn, Käsestangen und Knoblauchbrot, aber alles hat einen süssen
Geschmack. Ziemlich gewöhnungsbedürftig.
Wir besichtigten heute einen Teil des historischen Zentrums von Malakka,
darunter das holländische "Stadthuys" und Reste einer portugiesischen
Kirche.
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Britische, Holländische und Portugiesische
Spuren in Malakka
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Der hölzerne Sultanspalast war leider nicht zugänglich (ob
wohl heute wieder ein Feiertag ist???). Dann schlenderten wir noch etwas
durch Chinatown mit den vielen verführerischen Antiquitätengeschäften,
den hübschen alten Häusern und den gut besuchten, exotischen
Tempeln.
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Gläubige in einem chinesischen Tempel
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Die meisten Häuser in der Altstadt sind sehr schmal und dafür
sehr tief. Das liegt daran, dass früher die Steuern aufgrund der
Anzahl Fenster zur Strasse hin erhoben wurden. Und da die Häuser
oft zusammengebaut sind, haben viele Zimmer keine Fenster. So auch in
Baba's Guesthouse, einem wunderschönen Hotel mit sehr viel Atmosphäre.
Aber Zimmer ohne Fenster sind nicht jedermanns Geschmack, unserer jedenfalls
nicht.
Wenn man unser Hotel anschaut fragt man sich allerdings, ob das eigenartige
Steuergesetz heute noch gültig ist, ist der alleine auf weiter Flur
stehende Bau doch maximal 5 m breit, dafür mindestens 50 m tief.
In ein Internetcafé wollten wir heute auch noch, aber das ist
in Malaysia gar nicht so einfach. Erstens hat es viel weniger als in Indien
und die wenigen sind aussergewöhnlich gut frequentiert. Und zwar
von Jugendlichen zwischen 5 und 15, die stundenlang Computerspiele machen.
Immer bei voll aufgedrehten Lautsprechern und da in diesen Spielen vor
allem geballert wird, herrscht in den schummrigen Computerzentren ein
infernalischer Lärm. Wenn man mal eine freie Station erwischt, wird
man dafür mit grossen Flachbildschirmen (wie schön nach den
14"-Antiquitäten in Indien), PC's der neuesten Generation und
einer irrsinnigen Übertragungsgeschwindigkeit "belohnt".
Allerdings ist man nach einer Stunde in diesem Lärm völlig groggy!
Zum Abendessen gab es heute eine andere malaiische Spezialität:
Satay Celup. In einem Topf, welcher mitten im runden Tisch eingelassen
ist, köchelt eine süss-scharfe Erdnusssauce (die Gasflasche
mit dem Rechaud steht unter dem Tisch). Aus einem Kühlregal kann
man unter ein paar Dutzend Spiesschen auswählen, auf denen von Fleisch
über Fisch, Tofu, Gemüse, Pilzen bis zu Vogeleiern die verschiedensten
Köstlichkeiten stecken oder man kann unter den vielen Dim Sum seine
Wahl treffen und dann werden die Sachen nacheinander in der Erdnusssauce
erwärmt und direkt von den Holzspiessen gegessen. Abgerechnet wird
nach Anzahl der leeren Hölzer auf dem Tisch (etwa 15 Rappen pro Spiess)
und die Einheimischen stehen Schlange für einen der wenigen Tische.
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Satay Celup (Chinesisches Fondue)
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