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12.01.2002  Goa, Balsam für Augen und Seele, 2.Teil

Donnerstag, 27. Dezember 2001

Der Sandstrand läuft flach im Wasser aus, die Wellen sind gerade so hoch, dass sie auch der Tara noch Spass machen und das Wasser ist so warm, dass auch Zoltan freiwillig reingeht. Die Liegestühle und die Sonnenschirme aus Palmblättern sind umsonst, wenn man zu den Kunden gehört. Und das tun wir, haben wir doch gestern hier köstlichen Fisch (endlich wieder einmal Fisch!) und Scampi gegessen. Natürlich nicht ohne vorher den Sonnenuntergang mit einem Cocktail zu geniessen. Es ist wirklich himmlisch hier.

Eine der Bars am Strand von Colva  

Eine der Bars am Strand von Colva

Die paar liebenswürdigen Inderinnen welche mit ihren Sarongs und Ketten hausieren, stören nicht allzu heftig und lassen sich auch gerne mal am Schatten nieder, um mit uns zu plaudern (über die Kinder und den Ehemann der mehr trinkt als arbeitet und dass sie im Sommer auch Sonnenbrand bekommen und so weiter). Hinter uns im Palmenhain werden die Netze zum Trocknen ausgebreitet, die Fischerboote sind heute Früh zurückgekommen und schaukeln jetzt in Reih und Glied vor uns im Wasser. Der Fruchthändler bringt die süssen Papayas und Ananas an den Liegestuhl (wenn gewünscht in mundgerechte Happen geschnitten), auch Baby-Kokosnüsse mit ihrem köstlichen Saft hat es und andere Früchte, deren Namen wir nicht kennen.

Der Stand des Fruchtverkäufers  

Der Stand des Fruchtverkäufers, Colva-Beach

Unter den Indern hat sich herumgesprochen, dass man hier weisse Frauen im Badekleid (für indische Verhältnisse also praktisch nackt) sieht. Die meisten "Voyeure" pilgern zwar an die nördlichen Hippie-Strände, weil man dort ab und zu sogar ganz nackte Frauen sehen kann, aber auch hier hat es immer indische Touristen die auf die Gelegenheit warten, eine weisse Frau fotografieren zu können. Die Meisten fragen wenigstens schüchtern, wobei wir in diesem Fall nicht so kooperativ sind wie sonst. Aber es stört uns auch nicht allzu heftig, weil sie wirklich nicht aufdringlich sind und ein Nein durchaus akzeptieren (sie würden ihre Frauen ja auch nicht gerne halbnackt fotografieren lassen...). Wenn sich eine weisse Frau dann doch mal dazu bereit erklärt, sich im Badeanzug fotografieren zu lassen, sind sie überglücklich. Und wir fragen uns, ob dieses Foto wohl im Familienalbum landet oder wo???

Die weisse Frau wird ausgiebig bestaunt  

Die weisse Frau wird ausgiebig bestaunt

Gestern Abend wurde in unserem Hotel eine Hochzeit gefeiert. Und zwar 1 zu 1 nach westlichem Vorbild: die Braut im weissen Kleid mit Schleppe, die fünf Brautjungfern in pinkfarbenem Tüll, die anderen Frauen in langen Cocktailkleidern, alle Männer bis hin zu den jüngsten Buben in schwarzem Anzug und Schlips. Eine Band spielte lautstark zum Tanze auf (von Pop bis Polka), der Conférencier erzählte schlüpfrige Witze, die Polonaise war Pflichtübung und wir konnten bis Mitternacht nicht schlafen, weil das Ganze vor unserem Fenster stattfand. Und für heute Abend sind sie schon wieder am dekorieren. Uns schwant Schlimmes!

Freitag, 28. Dezember 2001

Gestern wurde es wieder Mitternacht, bis die Bässe das letzte Dröhnen von sich gegeben hatten. Und für heute Abend und morgen Abend sind nochmals Hochzeiten angesagt. Das Dumme am Ganzen ist, dass dieses Mal das Hotel am längeren Hebel sitzt. Wenn wir reklamieren und auf eine Preisreduktion pochen kann es uns passieren, dass sie uns rauswerfen. Da sie ausgebucht sind und ständig Kunden abwimmeln müssen, trauen wir ihnen das durchaus zu. Die Gleichgültigkeit und das Desinteresse der Angestellten trägt auch nicht zur Steigerung unseres Wohlbefindens in diesem Hotel bei. Aber da wir keine Alternative kennen (jedenfalls nicht in so einer guten Lage und in dieser Preiskategorie), machen wir halt die Faust im Sack.

Die Stimmung hier am Strand entschädigt uns für die Unannehmlichkeiten und so verbringen wir fast den ganzen Tag unter unserem Sonnenschirm oder im Wasser.
Heute Vormittag ist plötzlich Hektik unter den Fischern ausgebrochen. Irgendwelche Fischschwärme hatten sich ins seichte Küstengewässer verirrt und mehrere kleine Boote wurden ins Wasser geschoben, warfen ihre Netze aus und kreisten die Schwärme ein. Die Schwimmer im Wasser mussten aufpassen um den Booten nicht in den Weg zu kommen, da die Bootsführer nur Augen für die Fische hatten und nicht für die paar plantschenden Touristen. Das Einholen so eines grossen Netzes ist eine aufwändige Sache und dauert sicher etwa eine halbe Stunde. Umso grösser die Enttäuschung, wenn am Schluss nur wenige Fischlein im Netz zappeln. Anderen Booten ging es besser und sie konnten mit einigen Körben voll an den Strand zurückkehren.

Auch die Hunde und Raben warten auf die Ausbeute der Fischer  

Auch die Hunde und Krähen warten auf die Ausbeute der Fischer

Mittags liessen wir uns frittierte Scampi und eine Flasche Bier zu unseren Liegestühlen bringen und dann mussten wir uns schon fast beeilen, weil sich Tara beim Coiffeur im Dorf angemeldet hatte. So vergehen unsere Tage.

Samstag, 29. Dezember 2001

Frühmorgens am Strand, die Sonne ist soeben aufgegangen. Einheimische stehen am Ufer und suchen mit ihren Blicken den Horizont ab. Kurz darauf sehen wir, auf was sie warten - die Fischkutter kehren von ihrem nächtlichen Ausflug zurück.

Warten auf die Ankunft der Fischerboote  

Warten auf die Ankunft der Fischerboote

Mit kleinen Booten wird der Fang ans Ufer gebracht wo Leute die Körbe in Empfang nehmen und zu den Lastwagen tragen, welche jenseits des Palmenhaines schon warten. Die Ankunft der Fischer hat sich schnell herumgesprochen und schon kommen die Kinder armer Familien, um den Trägern einige Fische aus den Körben zu stibitzen. Diese lassen sich nicht anmerken dass sie genau wissen, was hinter ihrem Rücken vorgeht. Solidarität mit den Armen? Oder sind es vielleicht die eigenen Kinder, die den Lohn durch diesen Naturalien-Diebstahl etwas aufbessern? Wir wissen es nicht, haben aber unsere Freude daran, was die Kinder zu immer dreisteren Griffen in die Körbe animiert.

Die Kinder versuchen, aus den Körben einige Fische zu angeln  

Die Kinder versuchen, aus den Körben einige Fische zu angeln

Ein Teil des Fanges wird nicht in die Lastwagen verladen, sondern direkt am Strand ausgenommen und eingesalzen. Auf die Abfälle warten schon Horden von Krähen und Hunden. Zum Teil werden die Fischabfälle auch wieder ins Meer geworfen und dienen dort als Nahrung für die vielen Krabben, die im seichten Wasser leben und sich in der Nacht im Sandstrand ihre Höhlen graben.

Ein Teil der Fische wird direkt am Strand verarbeitet  

Ein Teil der Fische wird direkt am Strand verarbeitet

Auch wir essen ausschliesslich Fisch, gestern Abend auf goanische Art mit einer süss-sauren Marinade. Köstlich! Und heute Mittag frisch zubereitete, kleine Fischstäbchen. Ebenfalls köstlich! Und natürlich schmeckt das Ganze mit dieser Aussicht nochmal so gut.

Sonntag, 30. Dezember 2001

Nicht dass es uns langweilig würde. Aber erstens sind wir neugierig, wie es noch weiter südlich an den Stränden so aussieht und zweitens mussten wir wegen Sonnenbrand sowieso einen strandfreien Tag einlegen. Also fuhren wir heute los Richtung Süden. Die Hauptstrasse führt ziemlich weit vom Ufer entfernt durchs Landesinnere und ab und zu zweigen Stichstrassen zu einer Bucht ab. Unter anderem fuhren wir nach Agonda und nach Palolem. In Agonda ist touristisch fast noch "tote Hose". Es hat einige einfache Hütten aus Palmblättern und an einem Ende des Strandes stehen einige Overlander mit ihren Fahrzeugen unter den Palmen. Der Strand selbst ist ziemlich leer, es hat hier auch keine Liegestühle oder Sonnenschirme. Für diejenigen, die absolute Ruhe suchen und auf Komfort verzichten wollen, ein Traumstrand!
In Palolem dann so ziemlich das Gegenteil. Die Hauptstrasse ist gesäumt von den Läden mit den ewiggleichen Batiktüchern und -kleidern und als wir die Busse voll indischer Sonntagstouristen sahen, machten wir fluchtartig kehrt.

Fruchtverkäuferin am Strand von Palolem  

Fruchtverkäuferin am Strand von Palolem

Immerhin haben wir in der German Bakery ein Vollkornbrot gefunden. Und mit dieser Trouvaille machten wir uns auf den Weg zurück nach Colva.
Es ist Sonntag und wovon unsere Kirchen nur träumen können, ist hier Realität. In die Messen drängen sich so viele Gläubige, dass die - nicht gerade kleinen - Kirchen nicht alle fassen können und viele den Gottesdienst auf dem Vorplatz beiwohnen, vor den weit geöffneten Kirchtoren. Man hat sich sonntäglich angezogen und viele Frauen tragen Kostüme oder sogar kurze Röcke. Auch etwas, das wir bisher in Indien nicht sahen.

Zu Weihnachten werden überall am Strassenrand Krippen aufgestellt  

Zu Weihnachten werden überall Krippen (und manchmal auch Schneemänner) aufgestellt

Montag, 31. Dezember 2001

Wir wunderten uns schon ein paar Mal, warum man in Goa praktisch keine Liegestühle auf dem Strand sieht. Heute bekamen wir die Antwort darauf. Die Bars in unserem Strandabschnitt hatten alle Sonnenschirme und Liegestühle weggeräumt, respektive weit nach hinten bis fast in den Palmenhain gestellt. Auf unsere Frage was denn heute los sei hat man geantwortet, dass die Strandpolizei heute Kontrolle macht. Aha. Es ist also verboten, "Möbel" auf Goas Strände zu stellen. Aber da wir in Indien sind, wird natürlich von so einer Kontrolle niemand überrascht und die entgangenen Busseneinnahmen werden sicher dadurch kompensiert, dass die Infos über geplante Kontrollen von den Barbetreibern gut bezahlt werden. Und die wenigen, teuren Hotels für die diese Vorschriften nicht gelten, zahlen wahrscheinlich Schmiergelder für eine Ausnahmebewilligung.

Heute ist Silvester und auch in Indien wird heute Nacht ausgiebig gefeiert. Kein Restaurant und kein Hotel, welches nicht irgend einen speziellen Anlass auf dem Programm hätte und auch am Strand werden unzählige Partys gefeiert. Wir schlafen auf jeden Fall am Nachmittag schon mal eine Runde vor, um heute Abend einigermassen fit zu sein.

Dienstag, 1. Januar 2002

Um Mitternacht wurde das Unglück vergangenen Jahres in Form grosser Strohpuppen verbrannt. Eine hatte ein Schild um den Hals "Ich bin Osama bin Laden". Und am ganzen Strand wurden Feuerwerkskörper angezündet, alle nach dem Kriterium "so laut wie möglich" ausgewählt. Weit entfernt zierten auch einige schöne Feuerwerke den Himmel, dort wo die Luxusresorts stehen, welche für die Silvesterparty einige Hundert Franken Eintritt (pro Person) verlangten. Wir hatten einen kleinen Tisch und zwei Stühle mitten auf den Sandstrand gestellt, assen einen guten Fisch und stiessen im Licht des vollen Mondes auf 2002 an. Es war sehr schön und sehr romantisch und wir genossen die Aussicht auf ein weiteres Jahr Freiheit.

Goa ist genauso mit Abfall übersät wie der Rest von Indien. Nur dass es hier in dieser schönen Landschaft noch mehr schmerzt als anderswo. Die Palmenhaine gleichen stellenweise Müllkippen und auch der Strand ist voll Abfall. Besonders heute, da die Überreste der Silvesterpartys natürlich einfach liegenblieben, bis die Flut wieder etwas "aufräumt". Hier müsste eine Bewusstseinsänderung bei jedem Inder stattfinden. Ausnahmslos alle Leute die wir beobachten, lassen Abfall einfach fallen, egal wo sie gehen und stehen. Der Mensch, welcher unser Hotelzimmer putzt, leert den Aschenbecher einfach auf den Rasen vor unserem Fenster. Nur einmal sahen wir, wie ein Tempeldiener ein Kind ermahnte, sein Bonbonpapier wieder aufzuheben. Völliges Unverständnis war die Reaktion und zuerst hat niemand kapiert, was er wollte. Als das Kind das Papier schlussendlich aufheben musste, ging es damit genau bis vor die Türe und liess es dann wieder fallen. Diese Gleichgültigkeit gegenüber der Natur kann auch nicht immer mit der Armut entschuldigt werden. Denn erstens sind die Inder zu Hause sehr sauberkeitsbewusst und noch in der ärmlichsten Hütte wird täglich der Lehmfussboden gewischt. Und zweitens werfen auch die Reichen ihren Abfall einfach zum Autofenster raus. Wir haben noch nie so etwas wie eine organisierte Abfallsammlung gesehen, Abfallsäcke sind völlig unbekannt und ein Teil der immensen Luftverschmutzung rührt daher, dass überall, an jeder Strassenecke, in jedem Garten und auf jedem Vorplatz der private Abfall einfach verbrannt wird.
Indiens Probleme sind wahrlich vielfältig. Und die "schicksalsergebenheit" des hinduistischen Glaubens trägt wahrscheinlich auch nicht gerade viel zur Lösung bei.

Das übliche Bild am Strassenrand  

Das übliche Bild am Strassenrand

Mittwoch, 2. Januar 2002

Sun, fun, nothing to do? Nicht ganz, wollten doch unzählige Mails beantwortet werden, Postkarten geschrieben, das Auto wiedermal entstaubt, die "Buchhaltung" nachgeführt und was der Dinge sonst noch sind, die wir in den letzten Tagen etwas vernachlässigt hatten.
Und dann mussten wir natürlich auch noch unser Ritual einhalten, zu Sonnenuntergang zwei Stühle auf den Strand zu stellen und mit einem Drink der Sonne zuzuprosten.

Manchmal wird auch direkt vom Strand aus gefischt. Ein riesiges Netz wird halbkreisförmig ausgeworfen und je ein Duzend Männer ziehen gleichzeitig beide Enden, welche etwa 100 Meter auseinanderliegen, ans Land. Alles was gefangen wird, wird auch verwertet. Am Schluss sammeln Kinder noch die winzigsten Fischchen und Krebse ein, um sie im Plastiksack nach Hause zu tragen.
Die grossen Fischerboote fahren meistens Abends hinaus und kehren bei Sonnenaufgang zurück. Sie sind aber auch dafür ausgerüstet, mehrere Tage auf dem Meer zu bleiben.

Donnerstag, 3. Januar 2002

Auf und unter den Palmen wimmelt es von Krähen, deren Geschrei uns morgens ab und zu weckt. Sie leben gut vom Fischabfall und manchmal stecken sie den Kopf zu tief in den Müll. Unser Strandabschnitt ist das Territorium so einer Krähe, welche als Resultat um den Hals ein grosses, gelbes Stück Plastik trägt. Sie habe dies schon seit Wochen oder Monaten, erzählt uns ein Einheimischer, und es scheint sie auch nicht weiter zu behindern. Wir fragen uns wie lange es wohl dauert, bis dieser Plastik verrottet. Und ob sie mit diesem "Schmuck" wohl einen Paarungsvorteil hat?

Freitag, 4. Januar 2002

Flughafensicherheit auf indisch: Die Ankunftshalle auf dem Flughafen Goa ist gähnend leer, auch der Wartebereich mit den Stühlen. Draussen vor der Tür drängelt sich eine grosse Masse vor den beiden Sicherheitsbeamten, welche niemanden reinlassen. Auch wir versuchen ein paar Mal reinzukommen - vergeblich. Ohne Flugticket dürfe man das Gebäude nicht betreten und wir sollen doch wie alle anderen draussen auf die Ankunft der Maschine warten (blöd ist nur, dass es draussen keine Anzeigetafel hat und also kein Mensch weiss, ob das Flugzeug gelandet ist oder ob es sich verspätet). Und mit der Zeit haben wir dann auch gemerkt, dass es fünf Meter neben der Türe einen Schalter hat, an welchem jedermann Eintrittstickets für den Flughafen kaufen kann. Die Tickets werden von den zwei Sicherheitsbeamten dann auch ernsthaft von vorne und hinten begutachtet, nicht jedoch die Person, welche so eines in der Hand hält. Und schon ist man drin (wenigstens im Wartebereich). Bis wir das aber rausgefunden hatten, war Brige gelandet und schon bei uns. Nach ein paar Freudentränen zur Begrüssung fuhren wir zurück ins Hotel, wo wir schon wieder "Weihnachten" hatten. Danke allen Guetzlibäckerinnen, Schokolade- und Bücherspenderinnen und -spendern und vor allem noch mal: Danke Brige!!!
Und den Rest des Tages widmete sich Brige dem Jetlag und wir uns den neuesten Zeitungen aus der Schweiz. Natürlich im Liegestuhl am Strand.

Wie jeden Abend bei Sonnenuntergang..  

Wie jeden Abend bei Sonnenuntergang..

Samstag, 5. Januar 2002

Tara war mit Brige "lädele" und fand es himmlisch, wiedermal mit einer Frau unterwegs zu sein. Und während Zoltan seinen zweiten Sonnenbrand im Zimmer auskurierte, verbrachten die zwei Frauen einen Tag mit ausgiebigem Tratschen am Strand.
Am Abend fand ungefähr die siebte Hochzeit vor unserem Fenster statt. Wenn wir Neckermann hinter uns hätten, würden wir mächtig auf den Tisch klopfen. Aber so....

Sonntag, 6. Januar 2002

Da auch Brige auf die anderen Strände Goas neugierig war, fuhren wir heute nach dem Frühstück nochmals Richtung Palolem. Zuerst schauten wir uns aber noch einige der Luxusresorts an, von welchen man in Goa bereits eine stattliche Anzahl findet. Eine der grössten und schönsten Anlagen ist das Taj Exotica, welches aber noch vom Leela Palace überboten wird. Beide Hotels haben fast direkt am Strand gebaut, verfügen je über einen 9-Loch-Golfplatz, die Bungalows stehen an künstlich geschaffenen Lagunen oder in wunderschönen Gärten voller Bouguinvilleas und sie haben am Strand ihre eigenen Palmen gepflanzt, damit es der Gast im Liegestuhl auch ja gemütlich hat. An der Strandbar des Leela Palace leisteten wir uns Cola und Soda (mindestens viermal so teuer wie anderswo) und bestaunten den leeren, schneeweissen und vor allem absolut sauberen Strand.
Statt dass Fischerboote in den Wellen dümpeln, rasen Jetskis über das Wasser und mangels Abfall hat es auch keine Krähen und Hunde. Sehr steril, sehr schön, sehr teuer.

In Palolem assen wir dann die scheusslichsten Spaghetti und die matschigste Pizza unseres Lebens in der "German Bakery" (vielmehr liessen wir fast alles stehen) und machten dann einen Spaziergang am Südseestrand par éxcellence. Natürlich zieht diese wunderschöne Bucht besonders viele Menschen an. Die Weissen lassen sich an der prallen Sonne rösten, bestaunt von den vorbeiflanierenden Indern; die Einheimischen wollen die Fremden fotografieren und die Fremden wollen die Einheimischen fotografieren oder manchmal auch einfach irgendeine Strandschönheit.

Zoltan ist schon fast ein richtiger Inder...  

Zoltan ist schon fast ein richtiger Inder...

Und wenn es einem Inder gelingt, eine weisse Frau im Badekleid zu fotografieren, wird auch schon mal ein Triumphschrei ausgestossen. Es ist köstlich und wir amüsieren uns blendend!

Montag, 7. Januar 2002

Nach der achten Hochzeit vor unserem Fenster gaben wir klein bei. Nicht, dass wir etwas gegen Hochzeiten hätten, nur die Begleitmusik störte uns etwas beim Schlafen. Also verliessen wir heute (etwas übernächtigt) das Longuinhos Beach Resort und machten uns auf, an den nördlichen Stränden unsere Ruhe zu finden. Nach dem vielen Lärm verabschiedeten auch wir uns mit etwas Radau. Genauer gesagt wollten wir nicht den vollen Rechnungsbetrag bezahlen, was wiederum das Personal dazu bewog das Eingangstor zu schliessen, damit wir nicht wegfahren können. Der herbeigerufene Manager schloss sich in seinem Büro ein und weigerte sich standhaft, mit uns zu reden. Es war alles ziemlich unschön und bestätigte nur das ungute Gefühl, welches wir von Anfang an für dieses Hotel hatten. Aber wie schon gesagt, wir sassen am kürzeren Hebel und haben schlussendlich bezahlt, um endlich wegfahren zu können.

Zur Kompensation und weil wir schliesslich Ferien haben, quartierten wir uns dann im luxuriösen Taj Holiday Village ein. Freundliches Personal, weiche Betten und Ruhe. Welche Wohltat! Am Strand stehen einige Sonnenschirme aus Palmblättern mit diskreten Täfelchen "For Taj guests only", ein freundlicher Mann in Uniform rückt uns unsere Liegestühle zurecht und erklärt uns, dass er für unsere Sicherheit hier sei. Und weit und breit ist niemand zu sehen, der uns einen Sarong oder ein Henna-Tatoo oder eine Kerze im Ohr andrehen will.

Strandverkäuferin mit ihren "Opfern"  

Strandverkäuferin mit ihren "Opfern"

Indien ist weit entfernt und am Abend vergessen wir es beinahe gänzlich, als wir im "Santa Lucia" hausgemachte Teigwaren und Rüeblitorte assen (der Koch und seine Ehefrau sind ausgewanderte Schweizer).

Dienstag, 8. Januar 2002

An Sehenswürdigkeiten hat Goa (ausser seiner traumhaften Landschaft) nicht viel zu bieten. Trotzdem nahmen wir heute Vormittag an der Sightseeing-Tour teil, die vom Hotel organisiert wird und im Zimmerpreis inbegriffen ist. Die Zeugnisse der portugiesischen Besetzung - die grossen Kirchen in Old Goa - sind aber eher für Historiker interessant und der hinduistische Tempel etwas weiter im Landesinneren hat uns auch nicht sonderlich beeindruckt. Interessant war der Ausflug wahrscheinlich vor allem für Brige, die so doch noch ein paar Eindrücke von Indien erhaschen konnte. Wie zum Beispiel die Frauen, die im dreckigen Wasserloch neben dem Tempel auf ihre Wäsche einschlugen.

Mittwoch, 9. Januar 2002

Jeden Mittwoch trifft sich (fast) ganz Goa in Anjuna zum wöchentlichen Flohmarkt. "Flohmarkt" ist zwar die offizielle Bezeichnung, aber das Angebot besteht hauptsächlich aus den bereits bekannten und immer noch gleichen Batiktüchern, Sarongs, Makramé-Lampen und Silberschmuck, ergänzt mit Saris und Patchworkdecken aus Rajastan, Schals aus Kaschmir und kopierten CD's mit Technomusik (alternativ gibt es auch Cat Stevens und andere Oldies).

Markt in Anjuna  

Markt in Anjuna

Obwohl die Touristen wie wild einkaufen und man durchaus auch das eine oder andere Schnäppchen machen könnte (ob einem die bunten Fähnchen dann zu Hause noch gefallen, ist eine andere Frage), sind doch die Hunderte wenn nicht gar Tausende von Ständen eher Nebensache; sehen und gesehen werden, ist hier die Devise. Vom Uralt-Hippie im Schlabberlook, dem Reggae-Jünger mit knielangen Rastalocken, den staunenden Japanern und bierseeligen Briten, über wunderschön gewandete Frauen aus Karnataka, Sadhus mit ihren Gesichtsbemalungen und den geschmückten Kühen, bis zu den jungen Indern im Adidas-Shirt und der blonden Walküre im durchsichtigen Nichts - hier trifft sich alles in einem friedlichen Nebeneinander. Und natürlich fehlen auch die Elefanten, Feuerschlucker, Seiltänzer und Schlangenbeschwörer nicht.

Sehen und gesehen werden  

Sehen und gesehen werden

Donnerstag, 10. Januar 2002

Briges letzter Ferientag. Wir haben die Zeit mit ihr sehr genossen und werden morgen, wenn sie abgeflogen ist, wohl noch etwas mehr Heimweh haben. Aber heute machten wir noch mal so richtig auf Ferien, plantschten im Pool und im Meer und liessen es uns gut gehen (wir sind halt doch "verwöhnte" Wohlstandskinder, die ab und zu etwas Komfort brauchen...). Wenn wir an die letzten Monate denken, hat dieses Hotel fast etwas Unwirkliches an sich. Eine grüne Oase der Ruhe, der Sauberkeit und des Luxus, welche überhaupt nichts mit Indien zu tun hat. Hier vergisst man schnell das Elend, die Armut, die schlechte Luft und den Dreck.
Und hier sehen wir auch erstmals in aller Deutlichkeit die "Auswirkungen" der Hautfarbe auf den Stellenwert in der Gesellschaft: die indischen Gäste sind ausnahmslos sehr hellhäutig und die indischen Angestellten sind praktisch ausnahmslos dunkelhäutig. Wobei es bei den Angestellten auch noch Schattierungen gibt zwischen den zum Beispiel etwas helleren Frauen am Empfang und den ganz dunklen Frauen, die den Abfall zusammensammeln oder die Wege wischen. Alleine mit der regionalen Herkunft sind diese Unterschiede nicht zu erklären. Vielmehr wiederspiegeln sie auch das indische Kastensystem. Die wohlhabenden Mitglieder der oberen Kasten suchen sich gezielt möglichst hellhäutige Ehepartner und da praktisch ausnahmslos innerhalb der gleichen Kasten geheiratet wird, bleiben die Hellhäutigen unter sich und geben so ihre Gene weiter. Die ergiebigste Quelle für solche "Sozialstudien" sind die Heiratsanzeigen in den Sonntagszeitungen. Nebst Einkommen und Horoskop ist auch heutzutage immer noch die Kastenzugehörigkeit das wichtigste Kriterium und das begehrteste Attribut ist nicht Schönheit oder Humor oder was auch immer, sondern eben Hellhäutigkeit. Und dass man es in Film oder Fernsehen nur zu etwas bringt wenn man praktisch weiss ist, haben wir ja schon beschrieben.

Freitag, 11. Januar und Samstag, 12. Januar 2002

Flughafen, Abschied, ein paar Tränen und dann war sie weg. Es war schön, Brige! Und uns kommt es ganz komisch vor, wieder "nur" zu zweit zu sein.
Auf dem Weg ins Hotel fuhren wir noch am GPO vorbei, wo ein Brief auf uns wartete (merci Schnuff, du bist der beständigste "Briefeschreiber"). Die restlichen anderthalb Tage gehörten dann vor allem der Vorbereitung auf die Weiterreise und natürlich genossen wir auch noch ein paar schöne Stunden am Pool. Wir waren jetzt fast drei Wochen in Goa und fühlen uns nun einigermassen fit, es wieder mit Indiens Strassen aufzunehmen. Wir haben uns aber fest vorgenommen, die weitere Reise nach dem Motto "weniger ist mehr" zu gestalten (wir müssen ja nun wirklich nicht jeden Tempel unterwegs gesehen haben).

 

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