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08.11.2001  Die letzte Aussicht auf den Himalaya und der Royal Chitwan National Park

Samstag, 3. November 2001

Ab morgen sind wir wieder "on the road" und deshalb hiess es heute Karten studieren, Reiseführer lesen, Routen überlegen. Und das Hotel Greenvich Village, in welchem wir die letzten Tage verbrachten, bietet dafür einen gemütlichen Rahmen. Es hätte sogar einen Swimming Pool, aber so heiss ist es nun auch wieder nicht (vermutlich werden wir uns in ein paar Tagen nach sowas sehnen....).
Unsere ursprünglichen Pläne via Varanasi (Benares) nach Westen Richtung Rajastan zu fahren wurden umgestossen, wieder aufgenommen und wieder verworfen. Irgendwie steckt uns Uttar Pradesh noch in den Knochen und die Aussicht, via Sunauli nach Gorakhpur zu fahren und dort auch noch zu übernachten, fanden wir gar nicht verlockend (aufmerksame LeserInnen wissen warum).
Wir werden sehen. Jetzt geht es erst mal auf Grosswildjagd - mit der Kamera natürlich. Zum Abendessen fuhren wir ein letztes Mal nach Thamel um noch mal einen Teller Spaghetti zu geniessen.

Sonntag, 4. November 2001

Kathmandu Valley (= Tal) ist eigentlich ein irreführender Ausdruck. Das ganze Gebiet liegt nämlich auf einer Hochebene und ist von Westen her nur über eine schmale, steile Serpentinenstrasse erreichbar. Über diese Strasse quält sich der ganze Schwerverkehr nach Kathmandu. Und hier mussten wir heute auch wieder runter. Dabei empfiehlt es sich, die Autofenster geschlossen zu halten, damit einem in den Dieselabgasen nicht schlecht wird.
Etwa 40 km westlich von Kathmandu verliessen wir die Hauptstrasse um Richtung Süden über die Berge zu fahren. Heutiges Etappenziel war Daman, ein winziges Nest auf 2400 Metern über Meer. Hier soll man die beste Aussicht auf den Himalaya haben. Es hat sogar einen Aussichtsturm mit einigen fest installierten Zelten drumherum, die man mieten könnte. Aber um im einem Zelt ohne Toilette und Heizung zu schlafen, brauchen wir nichts zu bezahlen. Das können wir in unserem Auto gratis haben. Etwa 3 km entfernt hat es ein Hotel, welches wir anschauten. Da sie jedoch praktisch das Monopol weit und breit haben, verlangten sie unverschämte 80 Dollar und machten auch absolut keine Anstalten, uns mit dem Preis entgegenzukommen. Also fuhren wir wieder ins Dorf zurück weil wir uns erinnerten, dass es dort eine Lodge hat. Das "Zimmer" entpuppte sich als winziger Bretterverschlag mit zwei Kinderbetten drin - fertig. Wir mussten uns beherrschen, um nicht vor der Vermieterin laut herauszulachen. Schliesslich schläft diese wahrscheinlich unter noch einfacheren Umständen. Schlussendlich fanden wir mit Hilfe eines Einheimischen im Hof eines alten Mannes einen Platz, auf welchem unser Auto jetzt steht. Wir stehen zwar fast mitten im Dorf, aber hinter einem Haus versteckt und so haben wir unsere Ruhe. Der freundliche Hund vom Dorftempel hat es sich bei uns bequem gemacht und in der Nähe hat es sogar ein Plumpsklo. Was will man mehr???
Es ist ziemlich kalt (auch jetzt am Nachmittag schon) und in der Nacht wird es etwa auf 6°C abkühlen. Das heisst: Wasser kochen für die Bettflasche.
Die Gegend ist wunderschön und die Strecke über die Berge traumhaft. In den Tälern blühen die Rapsfelder in einem intensiven Gelb, dazwischen liegen blaugrüne Kohlfelder oder braune, abgeerntete Reisfelder, auf welchen fein säuberlich die Garben aufgerichtet stehen. Die Kinder springen uns winkend nach und die Erwachsenen bleiben staunend stehen, wenn wir vorbeifahren. Bevor es dunkel wurde - schon lange vor sechs Uhr - machten wir einen kleinen Spaziergang durch den Weiler, welcher etwa aus 15 Häusern besteht und gewinnen so einen nahen Einblick ins Dorfleben. Einige Leute sitzen um den einzigen Fernseher des Dorfes welcher in einer Art Gemeinschaftsraum steht und schauen gebannt einen alten Kung-Fu-Film. Andere spielen am Strassenrand nepalesisches Roulette, wobei sich die Einsätze im tieferen Bereich bewegen. Der Wachtmann vom gegenüberliegenden Zelt-Resort hat uns erzählt, dass er 1000 Rupies im Monat verdient. Das sind umgerechnet etwa 22 Schweizer Franken. Zusätzlich erhält er zwei Mahlzeiten am Tag und kann in einem der Zelte schlafen. Das Zimmermädchen vom noblen Hotel verdient 70 Rupies pro Tag (etwa SFr. 1.50), aber ohne Mahlzeiten, erzählt er uns. Das sind sogar für nepalesische Verhältnisse Hungerlöhne, aber immerhin haben sie Arbeit. In einer Zeitung haben wir übrigens in einem Stelleninserat gesehen, was wir (Informatiker waren gesucht) verdienen würden: 10'000 Rupies, also etwa SFr. 220.--!
Die Leute leben unter allereinfachsten Bedingungen: eine kleine Bretter- oder Strohbude in welcher der Wind ungehindert durch die Ritzen pfeifen kann, bestehend aus einem einzigen Raum, beherbergt ganze Grossfamilien. Gelebt und geschlafen wird auf dem Boden, die Kleider und die anderen Habseligkeiten hängen an Nägeln von den Balken. In ein, zwei Monaten herrschen hier Minustemperaturen, es schneit und die nächste Wasserstelle ist einige Hundert Meter entfernt. Und doch wirken die meisten Menschen fröhlich und zufrieden.

Wir haben es uns dann in unserem Auto gemütlich gemacht, ein Nudelsüppchen gekocht und dabei zufrieden festgestellt, dass unser Dieselkocher auch in dieser Höhe einwandfrei funktioniert. Im CD-Player läuft Tara's Lieblingsstück (Filmmusik zu "Don Juan" von Brian Adams) und im Auto ist's warm. Viel besser als die schäbige Lodge! Und der Sternenhimmel ist sensationell!!!

Montag, 5. November 2001

Wir und das Dorf sind bereits vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Die Frauen machen sich mit Körben auf dem Rücken und der kleinen Sichel in der Hand auf, um irgendwo Gras zu schneiden. Viele barfuss, trotz der bitteren Kälte.
Nachdem wir den Türwächter aus dem Bett geholt haben, erleben wir auf dem Aussichtsturm einen schönen Sonnenaufgang. Es hat zwar keine Wolken, aber die Berge, welche von hier aus tatsächlich sehr schön zu sehen wären, sind etwas vom Dunst verschwommen. Wir sagen ihnen also Adieu und machen uns auf den Weg, um den letzten Pass von etwa 2'500 Metern Höhe hinter uns zu bringen. Die Strecke ist fast noch spektakulärer als gestern. Den Bergen wurde ein schmaler Absatz abgetrotzt, auf welchem sich die Strasse in unzähligen Haarnadelkurven talwärts schlängelt. Und ab und zu hat sich der Berg einen Teil der Strasse zurückerobert. Ein paar kleine Dörfer gibt es hier oben, idyllisch gelegen und von Weitem sehr malerisch anzuschauen, mit ihren strohgedeckten und mit roter Erde verputzen Häusern. Die Armut sieht man erst, wenn man durch sie hindurchfährt oder anhält.

Nepalesische Kinder im Terai  

Nepalesische Kinder im Terai

Und dann sind wir wieder in der Ebene, wo uns die Hitze und die Feuchtigkeit wie ein alter Feind empfängt. Das Terai, einst Malariagebiet (Mücken hat es aber immer noch) ist dem Norden Indiens sehr ähnlich: üppige, subtropische Vegetation und viele, viele Menschen. Diese springen wieder ohne Vorwarnung vor's Auto oder fahren uns auf unserer Seite entgegen, denken als sture Fahrradfahrer, dass ihnen die Strasse gehört und dazu kommen die noch stureren Rindviecher, die das Gleiche glauben. Zwei Stunden auf diesen Strassen genügen, um einem das Nervenkostüm auszuziehen. Wir sind zwar noch nicht in Indien, sehnen uns aber schon nach Nepal zurück...

Sauraha liegt am Eingang des Royal Chitwan National Parks, es hat hier einige Lodges und Hotels und von hier aus kann man Ausflüge in den Park machen. Es gäbe im Park selbst auch Unterkünfte - in der Regel in Zelten - aber mit Tagespreisen ab 100 US$ (pro Person!) weit ausserhalb unseres Rahmens. Und auf die allabendliche Lagerfeuerromantik sind wir auch nicht so scharf.
Für morgen früh haben wir eine Kanufahrt mit 3-stündiger Buschwanderung gebucht und für den Nachmittag eine Elefantensafari. Sauraha liegt direkt am Rapti-Fluss, wo man zahlreiche Vögel beobachten kann. Ein kurzer Abendspaziergang zum Ufer wurde mit einem wunderschönen Sonnenuntergang und einem kühlen Bier direkt am Strand belohnt. Wenn es nicht so feucht-heiss wäre, könnte man hier direkt Ferien machen.

Nach der Arbeit geht's zurück in die Dörfer auf der anderen Seite des Rapti  

Nach der Arbeit geht's zurück in die Dörfer auf der anderen Seite des Rapti

Dienstag, 6. November 2001

Die Sonne hatte den Kampf gegen den Nebel noch nicht gewonnen, als wir heute Morgen zu sechst in einen Einbaum stiegen; zwei Führer, zwei Schiffer und wir. Die Strömung auf dem Rapti ist ziemlich stark, so dass eine lange Stange genügt, um ab und zu die Richtung zu korrigieren. Der Fluss schien zu dampfen, als sich die letzten Nebelschwaden auflösten und langsam gewannen auch die Bäume im Urwald an Konturen. Eisvögel, Reiher, Marabus und Pfaue sitzen auf den Ästen, winzige Schwalben haben in der sandigen Böschung ihre Brutlöcher ausgehöhlt und die Krokodile wärmen sich auf den Sandbänken. Der Einbaum schwankt bedrohlich bei jeder Bewegung und dass wir schwimmen können, ist kein Trost angesichts der neben uns auftauchenden Wasserschlangen und Alligatoren. Nach etwa einer Stunde steuern wir das Ufer an und machen uns mit unseren zwei Führern auf den Rückweg durch den Dschungel. Meterhohes Elefantengras wächst beidseits der von den wilden Tieren ausgetretenen Trampelpfade, welche auch wir benutzen. Wir sehen frische Spuren von Tigern und Dunghaufen von Nashörnern, aber wegen dem hohen Gras bekommen wir leider keines zu Gesicht. Gehört haben wir allerdings welche und bei diesem Geräusch schaut man automatisch, wo der nächste Baum zum Raufklettern steht (was man scheinbar mit Vorteil tun sollte, wenn einem so ein Tier über den Weg läuft). Sollte ein Tiger kommen, benötigt man keine Strategie - er ist sowieso schneller. Wir haben vor einer Woche in der Zeitung gelesen, dass ein Tiger hier in der Nähe in der letzten Zeit bereits fünf Menschen getötet hat. Also bestaunen wir die frischen Spuren mit gebührendem Respekt.
Einmal im Jahr, etwa im Januar oder Februar bekommen die Einheimischen die Erlaubnis, den Park zu betreten um das Elefantengras zu schneiden (wobei scheinbar jedes Jahr einige den Tigern zum Opfer fallen). Das Stroh wird für Wände und Dächer der Häuser gebraucht. Und anschliessend wäre dann natürlich die beste Zeit, um Tiere zu beobachten. Wir sahen immerhin einige Affen und ein kleines Rudel Hirsche.
Es wurde dann sehr schnell wieder höllisch heiss und wir waren froh, gegen Mittag wieder im Hotel zu sein (wo Zoltan erst mal die Dusche demolierte und wir das Zimmer wechseln mussten...)

Nach einer ausgiebigen Siesta in Gesellschaft eines Perlhuhnes - welches anscheinend einen Narren an uns gefressen hat und immer vor unserem Zimmer auf der Fensterbank sitzt und hereinäugt, wenn wir da sind - machen wir uns auf den Weg zu "unserem" Elefanten.

Die Elefanten warten auf die Touristen  

Die Elefanten warten auf die Touristen

Normalerweise finden wir solche Touristenattraktionen ja nicht besonders lustig und wir werden sicher auch kein Eingeborenen-Dorf besuchen und mit der Kamera auf Menschenjagd gehen, aber einen Elefantenritt sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Schon von unten sieht so ein Tier ja riesig aus, aber erst von oben! Ausserdem schaukelt die Sitzplattform wie ein kleines Boot bei starkem Seegang. Vier Touristen und den Führer trägt das Tier durch den Dschungel, zwischendurch muss man aufpassen, keinen Ast an den Kopf zu bekommen und bei der Flussdurchquerung hoffen wir, dass unser Elefant nicht findet, es sei jetzt Zeit zum Baden. Die Aussicht von hier oben ist fantastisch. Auch haben wir Glück und sehen drei Nashörner, dabei eine Mutter mit ihrem Jungen. Die Elefantenführer wissen, was Touristen wollen und kreisen die Nashörner regelrecht ein. Wütendes Schnauben auf beiden Seiten und unser Elefant wird etwas nervös, aber dann ist es auch schon vorbei und missmutig verschwindet das Nashorn im hohen Gras.

Das Nashorn wird eingekreist  

Das Nashorn wird eingekreist

Wir genossen jede Minute dieses Ausrittes. Und zum Sonnenuntergang sassen wir wieder am Strand und sahen zu, wie langsam der Nebel aus dem Wasser steigt und den Urwald einhüllt. Was für ein schöner Tag!

Mittwoch, 7. November 2001

Heute Vormittag besichtigten wir das "Elephant Breeding Center", ein Aufzuchtsgelände etwa 5 km ausserhalb Saurahas. Hier sind einige der Elefanten zuhause, die tagsüber für die Arbeit im Park eingesetzt werden. Die Tiere sind allesamt noch angekettet, teilweise an beiden Vorderbeinen und können sich so kaum bewegen. Leider gibt es auch solche, die gestörte Verhaltensweisen zeigen wie zum Beispiel stundenlanges Kopfschlenkern (wie wir das ja auch aus unseren Zoos kennen). Den Bullen wurden die Spitzen der imposanten Stosszähne abgesägt und sie stehen ausser Reichweite der Weibchen. Aber nicht ausser Blick- und Geruchsweite und so gibt es auch Bullen, die an der Kette Richtung Weibchen zerren und sichtlich paarungsbereit sind. Es hat einige Jungtiere, zwei davon im Flegelalter und diese machen sich einen Spass daraus, uns schnaubend nachzuspringen und anzurempeln. Wahrscheinlich wollen sie spielen, aber wir weichen den einigen hundert Kilogramm Masse in Bewegung lieber aus. Die Jungtiere sind nicht angekettet und es ist faszinierend, ihnen so nahe beim Spielen zuschauen zu können.

Neugieriges Elefantenbaby im "Elephant Breeding Center"  

Neugieriges Elefantenbaby im "Elephant Breeding Center"

Der Weg zum Center führt durch typische Terai-Siedlungen mit ihren lehmverputzten Strohhütten. Letzte Nacht hat es gewittert und geregnet und die Frauen sind dabei, die Lehmschichten an den Strohwänden aufzufrischen.

Strohhaus im Terai, in der Nähe von Sauraha  

Strohhaus im Terai, in der Nähe von Sauraha

Nach dem Mittagessen am Flussufer machten wir einen Spaziergang durch Sauraha. Fünf Minuten rauf und fünf Minuten runter und man hat's gesehen. Die übliche Touristenmischung halt. Hier muss man nicht wegen dem Kuh-Dung dauernd zu Boden schauen sondern wegen dem Elefanten-Dung. Und es empfiehlt sich, gut zu schauen, denn wenn man drinsteckt, dann mindestens knöcheltief! Mittags und Abends werden die Elefanten zum Fluss getrieben um zu trinken und zu baden. Dabei werden sie von ihren Betreuern sorgfältig abgeschrubbt. Wenn man will (und nass werden möchte) kann man auch helfen.

Die Elefanten geniessen das abendliche Bad  

Die Elefanten geniessen das abendliche Bad

Wir geniessen die Stunden am Flussufer sehr. Die Sandbänke, der strömende Fluss, dahinter der Urwald, badende Wasserbüffel, Einheimische die im Einbaum Waren über den Fluss transportieren - über dem Ganzen liegt eine zauberhafte, freundliche Stimmung die sich auf uns überträgt.

So kann man es aushalten!  

So kann man es aushalten!

Donnerstag, 8. November 2001

Es ist hier so schön, dass wir gestern beschlossen haben, noch einen Tag länger zu bleiben. Wir könnten stundenlang am Flussufer sitzen und die mit der Tageszeit wechselnden Stimmungen beobachten, die badenden Tiere und Kinder, die grossen Schwärme weisser Reiher die tief über das Wasser ziehen und sogar die nepalesische Volksmusik im Hintergrund finden wir mittlerweile schön.

Auch die Kinder geniessen das Bad im Fluss  

Auch die Kinder geniessen das Bad im Fluss

Aufregung kam heute einzig auf, als ein wildgewordener Elefant durchs Dorf zog und dabei eine Hütte demolierte und ein Auto angriff und beschädigte.
Und auch bei uns herrschte kurz Aufregung als wir feststellten, dass eine Ameisenstrasse mitten durch unser Auto führt und die Biester unter dem Dach sogar schon Eier abgelegt hatten.

Morgen verlassen wir Nepal; nun doch auf dem gleichen Weg wie wir gekommen sind. Wir werden versuchen, bis morgen Abend die Grenze hinter uns zu bringen und es übermorgen hoffentlich bis Varanasi zu schaffen (mit einem möglichst weiten Bogen um Gorakhpur...).

 

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