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26.10.2001  Kathmandu

Mittwoch, 24. Oktober 2001

Kathmandu ist ein einziges, faszinierendes Freiluftmuseum, in dem sämtliche Sinne auf ihre Rechnung kommen und manchmal sogar überfordert werden.
Wir liessen uns heute staunend durch die Altstadt treiben, kämpften uns durch dichtbevölkerte Märkte und besuchten natürlich Durbar Square, eine einzigartige Ansammlung von Tempeln, Palästen und Schreinen - das Zentrum Nepals sozusagen.
Etwas anstrengend sind die vielen Souvenierverkäufer und die selbsternannten Fremdenführer, welche einen alle paar Meter anquatschen und sehr, sehr aufdringlich sind. Und man kann kaum ein Foto machen, ohne dass sich ein Sadhu ins Bild drängt und nachher für seine "Dienste" ein paar Rupien verlangt. Einige haben neben sich schon ein Kissen für das Gruppenbild mit TouristIn parat.

Sadhu und Tara  

Sadhu und Tara

Andere laufen einem mit roter Paste nach, um den glücksverheissenden Punkt auf der Stirn des reichen Ausländers anzubringen. Glück bringt dies schon, aber vor allem den geschäftstüchtigen Sadhus (welche eigentlich ein Leben in Armut führen wollten...). Und auch die Schlangenbeschwörer mit ihren Kobras fehlten nicht.

Und noch mal ein Sadhu  

Und noch mal ein Sadhu (sie sind halt schon sehr fotogen...)

Es ist schier unmöglich, die Eindrücke eines solchen Tages beschreiben zu wollen. Die Bilder der überreich mit Holzschnitzereien verzierten Tempel und Paläste, der blutverschmierten Treppen, der zierlichen Frauen mit ihren bunten Saris, der Ziegen- und Schweinsköpfe auf dem Markt, der knallgelben Blumengirlanden für den Schmuck der Götter; die Gerüche der Räucherstäbchen, der Gewürze und Früchte aber auch des Drecks in den Abwasserrinnen; die Geräusche der Glöckchen an den Tempeln, der panisch gackernden Hühner und blökenden Ziegen, der im Singsang betenden Menschen, der hupenden Rikschas - all das vermischt sich zu einem betörend bunten Kaleidoskop.

Auf dem Geflügelmarkt in Kathmandu  

Auf dem Geflügelmarkt in Kathmandu

Auf dem Markt konnte Tara übrigens einem bunten Stück Chiffon nicht wiederstehen. Jetzt muss sie nur noch lernen, wie aus diesem Stück Stoff ein kunstvoll drapierter Sari wird...

Donnerstag, 25. Oktober 2001

Das Blut floss heute - auf dem Höhepunkt des Dasain - in Strömen. Zu Hunderten wurden junge, unkastrierte Bullen und Ziegenböcke in den inneren Bereich des Taleju-Tempels getrieben. Wie in jedem anderen Hindutempel in Nepal haben auch hier Nicht-Hindus leider keinen Zutritt. Zum Glück sind andere Tempel so klein, dass die Opferungen vor dem Gebäude stattfinden müssen und wir also doch noch Zeugen dieser für uns so fremden Handlungen wurden. Leute die es sich leisten können, bringen die Ziege oder den Jungstier zum Tempel und können das tote Tier nachher nach Hause nehmen. Ärmere Leute opfern einen Hahn und haben somit auch mal Fleisch auf dem Teller. Und die ganz Armen gehen wie immer leer aus.

Mit einer Machete wird den Opfertieren der Kopf abgeschlagen  

Mit einer Machete wird den Opfertieren der Kopf abgeschlagen

Die Tiere werden zuerst mit allerlei Blüten, Farben und Gebeten bedacht, bevor ihnen mit einem einzigen Schlag der Kopf abgetrennt und das ausströmende Blut sorgfältig aufgefangen wird. Das Fleisch und das Blut der so geopferten Tiere ist gesegnet und bringt Glück. So wird das Blut auch dazu benutzt, Autos und Motorräder zu beschmieren (dies soll vor Unfällen schützen). Zusammen mit dem farbigen Pulver, den Blütenblättern und den Eiern ergibt sich eine gut haftende Masse, mit der alles was fährt "geschmückt" wird. Wir tun das unserem Auto nicht an und hoffen, dass wir auch ohne Hühnerkopf auf der Motorhaube Glück haben.

Im Tempelbezirk Durbar Square stehen die Leute stundenlang Schlange, um den beliebtesten Göttern ihren Tribut zu zollen. Vor allem der Elefantengott Ganesh, der gute Geschäfte verheisst, ist beliebt. Aber auch die furchterregende Göttin Kali wird oft aufgesucht, da man es mit ihr auf keinen Fall verderben sollte.

Die Göttin Kali  

Die Göttin Kali

Manche Statuen sind mit dem farbigen Pulver so zugekleistert, dass man die Formen kaum mehr erkennen kann. Anderen wird ein Stück eines geopferten Kuchens in das Gesicht geschmiert, während der Rest unter die Gläubigen verteilt wird. Die dargebrachten Bananen erregen die Aufmerksamkeit der Affen und werden flugs aus den Armen des Gottes stibitzt. In einer Ecke leiern alte Frauen irgendwelche Beschwörungsformeln vor sich her, in einer anderen Ecke treibt ein Yogi seine verzückt zuhörenden Schüler in Trance während daneben ein Sadhu zeigt, zu was für Verrenkungen ein alter Körper noch fähig ist. Wir wissen kaum, wohin wir zuerst schauen sollen.

Manche Sadhus bieten auch etwas für's Geld  

Manche Sadhus bieten auch etwas für's Geld


Sadhu  

Und einer besitzt sogar mehrere Garderoben (der gleiche Sadhu wie weiter oben mit Tara)

Müde von so vielen Eindrücken gönnten wir uns am Nachmittag eine kurze Pause im stilvollen Hotel Yak & Yeti. Die Nepali (und Inder) sind Meister im Zubereiten von köstlichen, kleinen Zwischenmahlzeiten (Snacks). Wo es bei uns lediglich fantasielose Sandwiches gibt, werden hier die köstlichsten Sachen aus Gemüse und Käse gemacht, meistens von einer scharfen Sauce begleitet. Die frittierten Mozarella-Stangen und die Gemüse-Kroketten waren jedenfalls wieder ein Genuss.
Da es hier in Kathmandu ein American-Express-Büro gibt, haben wir noch Traveller-Checks gekauft. Mit dem maximal möglichen Bezug von etwa 750 SFr. pro Monat kommen wir natürlich nicht weit, aber hier hat es wieder viele Bancomaten, an welchen wir mit der Eurocard problemlos Geld beziehen können.

Der Rückweg ins Hotel führte durch eine Allee, in deren Bäumen eine riesige Kolonie von Flughunden beheimatet ist. So etwas sahen wir bisher nur in Australien. Dort allerdings nicht mitten in der Stadt.
Zum Abendessen gingen wir wieder in die Touristenhochburg Thamel. Da wir noch einige Monate in den Genuss indischer Küche kommen werden, nutzen wir hier das Angebot an westlichen Speisen aus und schlagen uns die Bäuche voll mit Teigwaren.
Allerdings haben uns die Nachrichten aus der Schweiz, die wir vorher noch in einem Internet-Café angeschaut haben (Katastrophe im Gotthard-Tunnel) fast den Appetit verschlagen. Reissen denn die Hiobsbotschaften nie ab?

Freitag, 26. Oktober 2001

Einer der den Buddhisten heiligsten Orte in Nepal und so etwas wie das Wahrzeichen von Kathmandu ist die Stupa von Swayambhunath. Etwa 400 steile Stufen führen auf den Hügel am Stadtrand; Gebetsmühlen, Souvenirverkäufer und überlebensgrosse Buddha-Figuren weisen den Weg.

Buddha-Figur auf dem Weg nach Swayambhunath  

Buddha-Figur auf dem Weg nach Swayambhunath

Die Mühen des Aufstieges lohnen sich wahrhaftig. Um die Stupa, welche mitten in einer Anlage voller Tempel, Schreine, Figuren und Altäre steht, wehen Tausende von bunten Gebetsfahnen. Das sonst blendende Weiss der Kuppel wird an Festtagen wie heute durch ockerfarbene Verzierungen gemildert, welche die Stupa von Weitem wie eine Lotusblüte aussehen lassen sollen. Auf der Spitze der Stupa steht ein goldener, 13-stöckiger Turm von welchem die Augen Buddhas in alle vier Himmelrichtungen blicken.

Die Stupa von Swayambhunath  

Die Stupa von Swayambhunath

Die Anlage hat auch den Namen "Monkey Temple", weil der Hügel von einer grossen Horde Affen bevölkert ist. Man sollte auf keinen Fall etwas Essbares in den Händen halten, will man nicht nähere Bekanntschaft mit einem machen. Und natürlich sind auch die Opfergaben vor ihnen nicht sicher.

Kaum hat man eine Banane geopfert, machen sich die Affen darüber her  

Kaum hat man eine Banane geopfert, machen sich die Affen darüber her

In einem der Tempel brennen unzählige Kerzen und Gläubige bringen aller Art Opfergaben, von Früchten bis zu Bierflaschen (natürlich volle) und spenden auch Geld, damit die buddhistischen Mönche für sie beten. Die Gebete werden in einem Singsang vorgetragen, untermalt von Trommeln und Muschelhörnern.

Buddhistische Mönche beten für die Gläubigen  

Buddhistische Mönche beten für die Gläubigen

Die auf der anderen Seite von Kathmandu gelegene Bodhnath-Stupa ist eines der grössten buddhistischen Bauwerke der Welt. Nicht so schön gelegen wie Swayambhunath, beeindruckt diese Stupa vor allem durch ihre Grösse. Um sie zu umrunden braucht man schon einige Minuten und etwas mehr, wenn man die vielen Hunderte von Gebetsmühlen ringsherum in Schwung bringen will.

Kathmandu ist eine faszinierende Stadt in einem phantastisch schönen Land mit wunderbaren Menschen!

 

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