20.10.2001 Auf dem Siddharta-Highway nach Pokhara,
Nepal
Freitag, 12. Oktober 2001
Königreich Nepal. Kurz nach der Grenze beginnen bereits die Berge
und mit jedem Höhenmeter ging es uns besser. Gegen Mittag erreichten
wir Tansen, eine kleine Stadt auf etwa 1700 Meter über Meer. Oberhalb
der Stadt und mit einer schönen Aussicht liegt das Hotel Srinagar,
mit einfachen aber sauberen Zimmern und einem guten Restaurant. Die letzten
Tage haben uns so geschlaucht, dass wir fast den ganzen Nachmittag schliefen
und dann auch nur kurz für einen kleinen Spaziergang und das Abendessen
aufstanden. Morgen fahren wir weiter nach Pokhara, wo wir ein paar Tage
verbringen wollen.
Die Strasse von der Grenze nach Pokhara nennt sich Siddharta-Highway,
wobei der Ausdruck "Highway" leicht irreführend ist, handelt
es sich doch um eine Gebirgsstrasse welche nicht überall in bestem
Zustand ist. Man hat uns an der Grenze abgeraten, diese Route zu nehmen
und in unseren Reiseführern steht, dass die Strecke sogar Atheisten
das eine oder andere Stossgebet entlockt und man von den engen Serpentinenkurven
nie genau weiss, ob man sie überlebt.
Bis hierher haben wir jedenfalls überlebt. Streckenweise ist die
Strasse jetzt nach dem Monsun zwar in einem schlechten Zustand und ab
und zu versperren mächtige Felsbrocken fast den Weg, aber es hat
wenigstens nicht allzu viel Verkehr und - das Wichtigste - es macht wieder
Spass anzuhalten, die Landschaft zu geniessen und die saubere Luft einzuatmen.
Samstag, 13. Oktober 2001
Uns geht es wieder prächtig - nach einem Tag, der es in sich hatte.
Die ersten 50 km waren strassenzustandsmässig das Schlimmste, was
wir bisher erlebt hatten. Wir hüpften wiedermal mit Schritttempo
von Loch zu Loch, eines tiefer als das andere. Aber die Landschaft ist
grandios.
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Der Siddharta-Highway von Tansen nach Pokhara
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Ein subtropischer Dschungel bedeckt die steilen Berghänge an welchen
sich die Strasse in abenteuerlichen Kurven entlangwindet, die vielen Reisfelder
leuchten in einem hellen Grün und nebst den vielen Blumen setzen
die Frauen in ihren roten Saris fröhliche Farbtupfer. Übrigens
scheinen die Frauen hier in Nepal emanzipierter zu sein als ihre indischen
Schwestern - sie spucken und rauchen genauso wie die Männer. Aber
das nur nebenbei.
Alles wird hier auf dem Rücken getragen, manchmal in einer Jurte,
meistens aber nur zusammengeschnürt und mit einem "Stirnband".
Oft sieht man riesige Heu- oder Holzbündel auf zwei Beinen - die
Menschen verschwinden fast unter ihrer Last.
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Heubündel auf zwei Beinen
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Manchmal staunen wir über eine schmale Hängebrücke hoch
über einem Tal und dann wieder über die steilen Trampelpfade,
die zu irgendwelchen Hütten hoch oben am Berg führen. Überall
hat es Menschen, unterwegs oder am Strassenrand sitzend und auf eine Mitfahrgelegenheit
wartend. Wo das Wasser die Felsen herunterstürzt wird gewaschen,
sich selbst oder die Wäsche. Kleine Dörfer und Garküchen,
an denen sich hungrige Reisende verpflegen können, säumen den
Weg.
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Garküche (Restaurant) am Strassenrand
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Ab und zu führt die Strasse bis in die Täler hinunter, in welchen
die Flüsse noch viel Wasser führen. Und wir schauen neidisch
den badenden Kindern zu.
Diese hier wollten fotografiert werden, aber mindestens ein Kaugummi musste
dabei schon herausspringen.
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Nepalesische Kinder am Flussufer
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Die Fahrt war enorm anstrengend und als wir am frühen Nachmittag
neben der Strasse anhielten um uns etwas die Beine zu vertreten, hörten
wir nun schon zum zweiten Mal das gefürchtete "Pfff". Plattfuss!
Wenigstens standen wir dieses Mal am Schatten und die Strasse wurde von
hier an auch besser.
Als wir uns Pokhara näherten, sahen wir in der Ferne bereits schwarze
Wolken die Berge verhüllen. Und als wir ankamen und vor einem Hotel
anhielten, gerieten wir in das schönste Monsun-Gewitter. Es donnerte,
blitzte, schüttete wie aus Kübeln und hagelte schlussendlich
sogar. Die fünf Meter vom Auto zum Eingang genügten, um uns
bis auf die Haut zu durchnässen.
Wir konnten den Zimmerpreis von 75 US$ auf 30 US$ runterhandeln, das Hotel
hat einen wunderschönen Garten mit Bouginvilleas und Palmen, die
Zimmer sind gemütlich und sauber und vom Balkon aus haben wir (sofern
es keine Wolken hat) Aussicht auf das Annapurna-Massiv. Wir fühlen
uns hier wohl und beschlossen, mindestens eine Woche zu bleiben, sozusagen
Ferien zu machen.
Der Regen hörte auch bald auf und hinterliess eine wunderbar riechende,
saubere Luft (in Pokhara sind die stinkenden "Tempos" glücklicherweise
nicht zugelassen, also hat es hier auch viel weniger Smog). Und mit den
letzten Sonnenstrahlen erwischten wir sogar noch einen Blick auf die traumhafte
Kulisse.
Pokhara ist ziemlich touristisch und so findet man hier auch wieder "German
Bakery's", Pizzas und Müesli. Wir benutzten die Gelegenheit,
um zum z'Nacht wiedermal etwas europäisches zu essen und gingen um
die Ecke ins "Bella Napoli" zu Pizza und Lasagne. Na ja, die
Lasagne konnte man noch knapp essen, aber ab Morgen gibt es wieder indische,
respektive nepalesische Küche.
Und die islamischen Gegenden haben wir auch hinter uns - Alkohol gibt
es wieder an jeder Strassenecke und in jedem Restaurant. Nur der Wein,
der ist unerschwinglich teuer. Also bleiben wir vorderhand beim Bier.
Sonntag, 14. Oktober 2001
Die Spitze des Machhapuchre färbt sich langsam rosarot, die anderen
Gipfel folgen, aus dem rosarot wird schneeweiss, im Osten geht glutrot
die Sonne auf und dann schieben sich leider schon die ersten Wolken vor
eine der wohl schönsten Aussichten die es gibt. Dieses Schauspiel
verfolgten wir heute früh um 6 Uhr vom Dach unseres Hotels aus. Natürlich
gingen wir dann wieder ins Bett, wir haben ja schliesslich Ferien.
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Annapurna-Massiv im Morgenlicht (Aussicht vom
Hotel)
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Pokhara ist einmalig gelegen; in einem grünen Tal, an einem schönen
See und inmitten von Sieben- und Achttausendern. Und auch das Klima stimmt:
in der Nacht kühlt es erfrischend ab und am Tag herrscht das schönste
Sommerwetter mit etwa 30° C.
Aber pflichtbewusste Schweizer wie wir sind, kümmerten wir uns
heute erst mal ausgiebig um unser Auto, statt zu faulenzen. Zuerst wollten
wir unseren Reifen flicken lassen. Andere Länder - andere Sitten.
In den Bretterbuden am Strassenrand, in denen sie Reifen flicken, gehört
das Demontieren und Montieren nicht zum Repertoir (sie haben nicht einmal
einen Wagenheber). Und da wir uns heute die Hände nicht schmutzig
machen wollten, mussten wir in eine Werkstatt, welche dies für uns
erledigte. Den Reifen haben sie aber auch nach nebenan in eine der Bretterbuden
gebracht. Dieses Mal war es ein eingefahrener Nagel. Gekostet hat das
Ganze 35 Rupies, etwa 70 Rappen. Aber irgendwie werden wir aus der Preispolitik
hier nicht schlau. Für eine gründliche Autowäsche, welche
etwa nur doppelt so lange wie das Flicken des Reifens dauerte, zahlten
wir etwa das 20-fache. Dafür wurde aber auch der Motorraum eingeschäumt
und alle 4 Räder demontiert, um sie gründlich zu reinigen. Vielleicht
ist ja das Wasser so teuer? Den Luftfilter liessen wir auch wiedermal
ausblasen - er hatte es nötig. Ein Zyklonfilter am Luftansaugstutzen
wäre bei diesen staubigen Strassen schon nicht schlecht. Und nachdem
wir den gröbsten Staub auch innen noch entfernt hatten, war es schon
Zeit zum Abendessen.
Pokhara besteht aus drei Stadtteilen, welche alle sehr langgezogen sind.
Zu Fuss kommt man nicht weit und so werden wir uns morgen Fahrräder
mieten. Unser Hotel liegt im Stadtteil Lakeside, also am See und damit
in der touristischsten Gegend. Hier reiht sich Hotel an Hotel und Restaurant
an Restaurant, dazwischen Trekkingagenturen und Buchhandlungen, jede Menge
Souveniershops und in den Läden importierte Waren aus Europa. Und
in fast allen Restaurants gibt es die gleiche Mischung aus indischer,
tibetanischer, chinesischer und europäischer Küche. Die "nepalesische
Küche" besteht hauptsächlich aus Reis und Dhal (Linsen)
und ist somit praktisch inexistent.
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Der Phewa Lake in Pokhara
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Montag, 15. Oktober 2001 bis Samstag, 20. Oktober 2001
Geruhsame Tage in Pokhara. Dies ist wirklich ein Ort, der allen etwas
bietet. Man könnte Wanderungen oder Trekkingtouren unternehmen, man
könnte Paragliden oder Rudern, man könnte Rundflüge oder
Ausritte machen, man könnte Golf spielen oder sich massieren lassen
und man kann auch einfach faulenzen wie wir.
An einem dieser Tage waren wir mit dem Auto unterwegs und besuchten den
östlich von Pokhara gelegenen Begnas Lake. Leider gibt es an keinem
der Seen einen Badestrand. Nepalesischen Frauen käme es nicht in
den Sinn, sich in der Öffentlichkeit nur mit einem Badekleid zu zeigen
und so beschränkt sich auch das Badeangebot für Touristen auf
die Swimming-Pools in den paar Luxushotels. Hier am Ort gibt es zwei solche
Hotels: das Fulbari-Resort mit einem eigenen 9-Loch-Golfplatz und einem
riesigen Garten, alles direkt an der Schlucht gelegen und das Shangri-La
Village. Wir haben beide Hotels besucht um uns die Anlagen anzuschauen
und um abzuklären, ob auch Nicht-Gäste den Pool benutzen können
(ja, aber ziemlich teuer). Diesen Luxus-Resorts geht es wie allen Hotels
hier, sie haben kaum Gäste. Überall wird uns vorgejammert, dass
die Touristen seit der Ermordung der Königsfamilie und jetzt natürlich
auch nach dem Terrorakt in den USA und dem Krieg in Afghanistan ausbleiben.
Und da der Tourismus die wichtigste Einnahmequelle Nepals ist, ist das
wirklich schlimm für dieses ohnehin arme Land. Die wenigen Touristen
werden auch entsprechend umworben und für uns hat dies eigentlich
nur Vorteile. Als wir im Shangri-La am Pool etwas tranken, bemühten
sich Manager und Angestellte ausserordentlich, um uns ihr Hotel schmackhaft
zu machen. Normalerweise kostet ein Zimmer hier 180 US$ und das letzte
Angebot, das man uns unterbreitete, lag bei 50 US$. Die Anlage ist so
schön, dass wir fast schwach wurden. Leider sind in den guten Hotels
(wie auch in unserem) die Preise für Essen und Getränke entsprechend
hoch und da wir oft zu faul sind um Morgens oder Abends noch auf die Strasse
zu gehen, summiert sich das Ganze dann schnell zu einer "Budgetüberschreitung".
Wir fuhren auch mal zum Himalayan Golf Course, welcher etwa 10 km von
Pokhara entfernt ist. Der Weg dorthin ist ein schlechterer Feldweg und
wir fragten uns zwischendurch, ob wir wirklich zu einem Golfplatz unterwegs
sind. Und um zum Clubhaus zu gelangen, musste man durch einen halben Dschungel
fahren in welchem kaum Radspuren auszumachen sind und wir uns auch prompt
einige Male verirrten. Ein richtiger Geheimtipp - hier spielt wohl selten
jemand. Das Clubhaus selbst war dann auch geschlossen, weil der Manager
gerade auf dem Platz war und sonst niemand einen Schlüssel hat. Auf
dem Gelände trieben sich lediglich ein paar Teenager herum, welche
sich als Caddy ihr Taschengeld verdienen. Und einen Caddy hätten
wir auf jeden Fall gebraucht, wenn wir hier gespielt hätten. Die
Hälfte des Golfplatzes befindet sich nämlich in der etwa 100
m tiefer gelegenen Schlucht, in die man nur zu Fuss runter- und wieder
raufkommt. Der Platz ist wirklich spektakulär. Der Abschlag des 3.
Loches ist an der Kante der Schlucht, einen Schritt zuviel und man stürzt
die senkrechte Felswand hinunter. Und unten in der Schlucht muss man einige
Male über den reissenden Fluss spielen und diesen über schmale
Stege überqueren. Auf jeden Fall fanden wir den Platz etwas gar schwer
für uns und sparten uns die doch ziemlich hohe Greenfee und die Kosten
für viele, viele verlorene Bälle. Die Greens werden übrigens
von Schafen "gemäht", die Fairways von Kühen und Wasserbüffeln
und ein Anschlag am Clubhaus beruhigt einen, dass die Affen die Bälle
normalerweise in Ruhe lassen.
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Loch Nummer 4, 5 und 6 des Himalayan Golf Course
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Zwischendurch essen wir uns um die halbe Welt, mal tibetanisch, mal mexikanisch
und mal ganz "spanisch", nämlich Erdnüsse mit Zwiebeln
und Tomaten an einer scharfen Sauce. Sehr spannend!
Und die Vielfalt an Früchten ist fantastisch. es hat wieder an jeder
Ecke Saftbars welche frisch gepresste Mangos, Papayas, Ananas, Bananen,
Orangen, Limonen und viele uns unbekannte Früchte anbieten (garantiert
ohne Wasser!).
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Eine der vielen Saftbars in Pokhara
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An einem anderen Tag haben wir uns Fahrräder gemietet, was angesichts
der löchrigen Schotterstrassen nur für wirklich hartgesottene
Hintern empfehlenswert ist. Unsere tun uns jedenfalls jetzt noch weh.
Wir besuchten das Tibetanische Dorf und die danebenliegenden Davi's Falls.
Hier hat sich der reissende Fluss richtige Löcher in den Felsen gefressen
und stürzt senkrecht über verschiedene Wasserfälle in einen
riesigen Trichter um dann unterirdisch weiterzufliessen. An der Informationstafel
kann man eine der unzähligen Legenden über diesen Ort lesen:
Anno 1968 soll ein junges Schweizer Paar in einem Pool oberhalb der Fälle
gebadet haben und die Frau wurde von der Strömung weggerissen. Sie
ertrank oder zerschmetterte wahrscheinlich zuerst an den Felsen. Der Mann
wurde beim Versuch sie zu retten verletzt. Die Eltern der Frau hätten
dann an dieser Stelle die Geländer errichten lassen, damit so etwas
nicht mehr passiert. Und die Abschrankungen sollte man tatsächlich
nicht übersteigen, wenn einem das Leben lieb ist. Im Felsen hat es
nämlich tückische Löcher durch die man stürzen kann
und da sie mit hohem Gras überwachsen sind, sieht man sie nicht.
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Tempel im Tibetan Refugee Camp in Pokhara
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Auch in Nepal sind die Kühe heilig und auch hier machen einem die
vielen Kuhfladen das Leben schwer. Wir sehen oft Kinder, welche den frischen
Dung mit den Händen in Plastiksäcke füllen. Und genau solche
Kinder sind immer sehr begierig, uns die Hände zu schütteln.
Wir machen gute Mine dazu und wagen gar nicht daran zu denken, was für
Krankheitserreger da immer ausgetauscht werden.
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Die Hauptstrasse von Lakeside, Pokhara
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Mit den Kindern kommt man leicht in Kontakt. Hier lernen viele bereits
in der Schule englisch und das wollen sie dann natürlich an den Touristen
ausprobieren. Viele laufen uns auch nach und verlangen Geld: "Ten
Rupies, ten Rupies" wird dann im Chor gerufen. Weiss der Kuckuck,
woher sie diese schlechte Angewohnheit haben. Wir sagen dann immer: "No,
YOU give ME ten Rupies" oder "OK, I give you 10 Rupies when
you give me 100 Rupies". Das finden sie meistens sehr lustig und
hören mit der Bettelei auf.
Die Erwachsenen sind eher zurückhaltend und ausser mit den Angestellten
von Hotels und Restaurants kamen wir bis jetzt selten mit ihnen ins Gespräch.
Aber praktisch ausnahmslos begegnen uns die Nepalesen überaus freundlich
und höflich. Die Frauen lächeln immer zurück, wenn man
sie anlächelt und alle haben Freude, wenn man wenigstens "Guten
Tag" in ihrer Sprache sagen kann.
Einen ganz speziellen Charme haben die tibetanischen Frauen, welche einem
an jeder Ecke ihre Handarbeiten verkaufen wollen. Alle sprechen ausgezeichnet
englisch und betreiben erst mal freundlich Konversation, bevor sie mit
ihren Verkaufsabsichten herausrücken. Oft werden auch noch Geschichten
drumherum erzählt, wie "zu wenig Geld um die Schule abzuschliessen"
etc. Es ist ziemlich schwierig, ihnen zu widerstehen.
In Pokhara hätte es übrigens ausnahmsweise auch einen Campingplatz.
Und auf diesem sahen wir einen MAN, einen uralten Lastwagen aus deutschen
Armeebeständen. Damit unterwegs ein belgisches Ehepaar mit vier (!)
schulpflichtigen Kindern. Unterwegs wollen sie ein Jahr sein und den Rückweg
haben sie über China und die GUS-Staaten geplant.
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