Auf dem Landweg nach Australien Home/Reiseberichte Über uns/Kontakt

 

02.09.2001  Persepolis und eine iranische Hochzeit

Freitag, 31. August 2001

Nach einer höchst ungemütlichen Nacht (die Klimaanlage wurde - wahrscheinlich aus Spargründen - abgestellt, die Temperaturen kletterten auf gigantische Werte und mit den hohen Temperaturen kamen auch die Moskitos) verliessen wir den Backofen Yazd noch so gerne.
Kaum waren wir wieder in der Hochebene auf etwa 2500 Meter ü.M., fielen die Temperaturen auf erträgliche Werte. Die Strecke von Yazd nach Persepolis verläuft meist in dieser Höhe und entsprechend karg war auch die Landschaft. Zwischendurch kamen wir immer wieder an alten, mehr oder weniger zerfallenen Karawansereien vorbei.
Gegen Abend erreichten wir Persepolis, aber zuerst besichtigten wir die imposanten Felsengräber Naqsh-e Rostam in der Nähe. Die vier Gräber sind in eine senkrechte Felswand hineingetrieben worden und aussen mit Reliefs reich verziert. Beigesetzt wurden hier die Achämeniden-Könige Dareios I und II, Xerxes und Artaxerxes (etwa 500 bis 400 v.Chr.).

Felsengrab des Artaxerxes  

Felsengrab des Artaxerxes

Kurz vor Sonnenuntergang betraten wir dann Persepolis, eine der grossartigsten Ruinenstätte der Welt. Persepolis wurde etwa zur gleichen Zeit wie die Akropolis in Athen errichtet, also etwa 500 v.Chr. "Sie hat mit ihren grossen Wissenschaftlern und den Tausenden von Büchern, die vor der Vernichtung durch Alexander den Grossen ins Griechische übersetzt wurden, die westliche Kultur und Zivilisation wesentlich beeinflusst" (Zitat Reiseführer).

Persepolis  

Persepolis, die grosse Terrasse

Aber zuerst wunderten wir uns wieder mal, wie wenig Sinn für den Tourismus die Iraner noch haben. Da werden jeden Tag busweise Menschen herangekarrt, aber es gibt weit und breit keinen Kiosk. Nichts zu essen, nichts zu trinken, nicht mal ein blödes Souvenir. Wir bezahlten wieder mal den 10-fachen Eintrittspreis, aber einen gedruckten Führer oder einen Prospekt gab es natürlich auch nicht. Und als Tüpfelchen auf dem i ist restlos alles nur auf persisch beschriftet und erklärt.

Persepolis  

Persepolis

Nun, das tut der Schönheit der Anlage keinen Abbruch und wir betraten staunend eine andere, vergangene Welt. Wunderschöne Reliefstrukturen schmücken Treppen und Wände, riesige geflügelte Stiere an den Eingängen bewachen die Hallen welche auf einer grossen Terrasse (450 mal 250 m) errichtet wurden. Trotzdem dass vieles zerstört wurde und im Vergleich dazu viele Tempel in Sizilien oder Griechenland besser erhalten sind, ist dieser Ort etwas ganz Spezielles, die Vergangenheit fast greifbar.

Persepolis  

Reliefarbeiten in Persepolis

Bevor wir Persepolis besichtigten, schauten wir uns nach einem Platz für die Nacht um. Leider gibt es weit und breit kein Hotel (wie gesagt, die touristische Infrastruktur ist noch ausbaufähig) und schlussendlich bot uns der Pächter eines Restaurants in der Nähe an, auf seinem Parkplatz, welcher durch Bäume von der Strasse abgeschirmt ist, campen zu können.
Als wir nach der Besichtigung von Persepolis beim Restaurant ankamen, war dort bereits eine iranische Hochzeit in vollem Gange. Und ehe wir es uns versahen, wir mittendrin. Eine kleine Liveband schmetterte iranische "Discomusik" und ein Teil der etwa 70 anwesenden Männer tanzte mit viel Temperament dazu. Dabei sind alle in einer Reihe, fassen sich um die Schultern oder Hüften und bewegen sich stampede-artig vorwärts und rückwärts. Wir wunderten uns schon wo denn die Frauen sind, als Tara hinter einen Vorhang gebeten wurde, welcher das ganze Areal (inkl. Toilettenhäuschen) blickdicht in zwei Teile trennte. Und hinter diesem Vorhang ging dann wirklich "die Post ab". Hier tanzten und jauchzten die ausgelassenen Frauen mit wehenden Haaren, kurzen Röcken und halbdurchsichtigen Blusen. Man war ja unter sich. Natürlich musste Tara mittanzen, wurde von einer Frau zur Nächsten gereicht (alle wollten mit ihr fotografiert werden) und in all dem Trubel ging fast die Braut vergessen, welche still und ernst in ihrem weissen Spitzenkleid (auch hier im Iran also weisse Spitzen!) auf einem Stuhl sass und dem Treiben bloss zuschauen durfte. Neben ihr war ein Stuhl frei und ab und zu sass auf diesem - ebenso still und ernst - der frischgebackene Ehemann. Wobei dieser wohl zum letzten Mal in seinem Leben soviel von den Frauen sah.
Später erfuhren wir dann, dass die Braut 14-jährig und der Bräutigam 16-jährig ist.

Die Braut mit Freundinnen  

Die Braut mit Freundinnen

Samstag, 1. September 2001

Gestern Abend hatten wir uns vorgenommen, heute bei Sonnenaufgang noch einmal nach Persepolis zu gehen. Aber da wir wegen der Hitze und dem Autolärm (die Strasse neben uns ist die Hauptverbindung Shiraz - Teheran und die Lastwagen sind die ganze Nacht unterwegs) kaum geschlafen haben, hätten wir beinahe verschlafen. Doch um sieben Uhr klopfte der Pächter ans Auto um uns zu wecken, weil er von unseren Plänen wusste. Ausserdem behauptete er, er hätte die ganze Nacht nicht geschlafen, weil er auf unser Auto aufgepasst habe. Vielleicht hat er ja etwas übertrieben, aber wir freuten uns natürlich über die Freundlichkeit. Und dann bekamen wir auch noch ein Frühstück vorgesetzt, obwohl das Restaurant eigentlich geschlossen war.

Nachdem wir also Persepolis im Morgenlicht nochmals einen Besuch abstatteten fuhren wir noch die kurze Strecke bis Shiraz, wo wir gegen Mittag ankamen. Wir bezogen ein Hotel mitten im Zentrum, konnten unser Auto in eine Tiefgarage stellen (endlich etwas Abkühlung), genossen eine kalte Dusche und tun nun das Übliche, nämlich ausgiebig Siesta abhalten. Tara hat einen veritablen Schnupfen und so werden wir heute wohl keine Bäume mehr ausreissen.

Als wir heute Abend unsere Kleider wiedermal in eine Wäscherei gebracht hatten, reichte unsere Energie anschliessend noch knapp aus, mit dem Taxi zum Mausoleum des Dichters Hafez zu fahren. Dies aber nur, weil es dort im Park ein schönes Teehaus geben soll. Wir wurden nicht enttäuscht, genossen eine Glacé, ein paar Gläser Tee und eine Wasserpfeife, bevor wir wieder zurückfuhren. Der Taxifahrer witterte schon ein einträgliches Touristen-Geschäft und verlangte den 3-fach Preis als denjenigen, welchen wir für die Hinfahrt bezahlt hatten (und der war schon hoch genug). Aber da war er bei uns an die Falschen geraten.

 

  Vorheriger Bericht   Nächster Bericht