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15.08.2001  Grenze Türkei - Iran

Sonntag, 12. August 2001

Über Dogubeyazit liest man in den verschiedenen Reiseberichten immer nur im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt nach Iran. Die Stadt selbst bietet auch nicht viel und in der Nähe hat es zudem eine riesige Kaserne, so dass die Strassen, Läden und Restaurants voll sind mit Militär. Aber die Landschaft um Dogubeyazit ist phantastisch schön und einen Abstecher in diesen abgelegenen Teil des Landes wert.
Unser Hotelzimmer hat einen klitzekleinen Nachteil: es liegt nur etwa 10 m neben dem benachbarten Minarett. Um vier Uhr heute früh war also an Schlaf nicht mehr zu denken. Wir waren deshalb schon um sechs Uhr beim Isakpasa Sarayi um diese herrliche Anlage im ersten Sonnenlicht bewundern zu können. Im Laufe des Tages waren wir nochmals oben und besichtigten sie auch von innen. Der Palast hatte ursprünglich über 330 Räume, Zentralheizung und fliessendes Wasser und wurde irgendwann im 16. Jahrhundert erbaut. Leider wird da und dort mit der Renovation etwas übertrieben und dadurch die ursprünglichen Formen fast verdeckt.
Und dann hingen wir noch stundenlang in den Internetcafés rum von denen es hier nur so wimmelt und beantworteten unsere Mails.
Wir trinken im Hotelzimmer mit Genuss das letzte Bier für längere Zeit und Tara legt schon mal Mantel und Kopftuch bereit.

Montag, 13. August 2001

Wir sind immer noch in Dogubeyazit weil wir eine Lebensmittelvergiftung erwischt haben. Eigentlich fühlten wir uns hier in der Türkei noch einigermassen sicher und assen sogar noch Salat. Aber angesichts der katastrophalen Bedingungen hier und des Drecks überall hätten wir wohl besser aufpassen müssen. Auf jeden Fall haben wir beide letzte Nacht fürchterlich erbrochen und Tara wankt seitdem zwischen Bett und Bad hin und her. An ein Weiterfahren war heute nicht zu denken. Wir hoffen, dass es uns bis morgen wieder besser geht. Glücklicherweise hat es uns flachgelegt, während wir in einem Hotelzimmer mit Bad untergebracht sind.

Dienstag, 14. August 2001

Da es Tara noch nicht besser geht, werden wir noch eine vierte Nacht hier verbringen müssen.
Wenn wir über unser Hotel geschrieben haben es sei das Beste am Platz, dann sollte man da lieber nicht an schweizerische Verhältnisse denken. Hier sind die Teppiche, die Bettwäsche und die Froteewäsche voll Flecken (wobei die Frottetücher problemlos als Massage- oder Peeling-Tücher verwendet werden könnten), die Steckdosen hängen aus den Wänden, die einzige Lampe verströmt klägliche 10 Watt, die Möbel würden nicht mal mehr vom Brockenhaus genommen, Löcher in den Wänden wurden mit Zeitungspapier gestopft, im Badezimmer hat es weder Ablage für die Zahnbürste noch Stangen um die Tücher aufzuhängen und ausserdem fällt öfters der Strom aus oder das Wasser wird abgestellt. Und irgendwelche Viecher huschen auf dem Badezimmerboden hin und her. Aber es hat eine Toilette mit Spülung und ist deshalb für uns komfortabel genug. Ausserdem sieht man vom Fenster direkt auf den Ararat. So eine Aussicht ist schon einige Sterne wert. Und in der Lobby gibt man sich auch ganz nobel: Auf der Empfangstheke stehen aufgereiht die Fähnchen von Dutzenden von Ländern, das EU-Fähnchen natürlich vorneweg (man gehört ja fast dazu), besonders stolz ist man auf den Fernseher, welcher Tag und Nacht läuft und damit es auch etwas Grünes hat wurde in Blumenkistchen Rasen gesät welcher jetzt eifrig gegossen und mit dem kleinen Scherchen gestutzt wird. Man gibt sich also Mühe.

Mittwoch, 15. August 2001

Für die Türken sind wahrscheinlich alle gaga die freiwillig in den Iran reisen. Immer wenn wir von unseren Plänen erzählen hören wir das Gleiche: "Iran gefährlich" (worin diese Gefährlichkeit besteht vermochte uns allerdings niemand zu sagen), "Alle Frauen Kopftuch" (also 100% statt 99% wie hier in Ostanatolien), "Kein Bier" (das allerdings wird uns fehlen).
Da standen wir also früh morgens an der Grenze und mussten erst mal einen kilometerlangen Parcours zwischen den verstreut liegenden türkischen Grenzposten absolvieren. Wir wurden wie gehabt mal in dieses Häuschen geschickt, dann wieder in jenes, es gab wieder jede Menge Stempelchen wenn man endlich das richtige Häuschen gefunden hatte, zwischendurch montierte Tara Mantel und Kopftuch und dann trennten sich unsere Wege.
Tara musste (natürlich nicht ohne vorher noch einem fehlendem Stempel nachgesprungen zu sein) in einem schäbigen Lagergebäude vor einer geschlossenen Eisentüre ausharren, bis es den Iranern genehm war, diese zu öffnen. Da dies ziemlich lange dauerte kam man mit den Leuten ins Gespräch. Mit einem Rucksack-Pärchen aus Holland, mit einer Argentinierin (deren Mann mit dem Motorrad ebenfalls wie Zoltan einen anderen Weg über die Grenze nehmen musste) und natürlich mit einer Menge Einheimischer. Auf die Frage von Tara an eine Frau, ob sie im Iran lebe antwortete diese mit "unfortunately" (leider). Als sich dann endlich das Eisentor öffnete, wurden alle Pässe eingesammelt und man betrat das iranische Grenzgebäude. Und so schäbig wie die Türkei einen verabschiedet, so modern und sauber (wenigstens auf den ersten Eindruck) hiess einen der Iran willkommen. Während Tara versuchte wieder zu ihrem Pass zu gelangen, hatte Zoltan schon alle Formalitäten für die Fahrzeugeinfuhr erledigt. Die Iraner haben an der Grenze freundlicherweise sogenannte "Touristenführer". Diese nehmen die Touristen sozusagen beim Händchen und führen sie von Formular zu Formular und von Stempel zu Stempel. Anders wäre es wohl kaum zu schaffen, da von jetzt an alles in persisch beschriftet ist (so komische Wellenlinien mit Pünktchen oben und unten). Auf jeden Fall fanden wir uns dann dank des Führers auch wieder. Er gab uns noch einige nützliche Tipps, ein handgeschriebenes und hundertmal kopiertes Blatt mit den wichtigsten Wörtern auf Farsi und wechselte uns zu einem etwas schlechteren Kurs als auf der Bank Dollars. Aber er müsse ja auch von etwas leben und habe eine teure Tochter (und zeigte uns zum Beweis Fotos seiner Kinder). Dann fuhr er mit uns zum 2 km entfernten Büro für die Autoversicherung, welche für einen Monat etwa 35 Franken kostet und ohne ihn - wie er behauptete - mindestens das Doppelte. Wer's glaubt...
Wir wurden übrigens immer wieder von Schwarzmarkt-Geldhändlern angesprochen. Aber wir haben uns heute morgen an der türkischen Grenze bei Holländern, welche gerade aus dem Iran ausreisten erkundigt, welches der aktuelle Kurs ist. Auf der Bank erhält man momentan in etwa den gleichen Kurs wie auf dem Schwarzmarkt. Mit dem Unterschied, dass man auf der Bank weniger Gefahr läuft, übers Ohr gehauen zu werden. Und das kann schnell gehen: für 100 Dollars gibt es etwa 800'000 Rial, die gängigste Note ist 5'000 Rial; das heisst, man bekommt für 100 Dollar ein Bündel mit 160 Banknoten! Bitte nachzählen...
Wir erwehrten uns also der vielen Geldwechsler und fuhren durch den iranischen Zoll, ohne dass sich jemand für unser Gepäck interessiert hätte, ohne dass jemand nach Alkohol oder verbotenen Spielen gesucht hätte - es war überhaupt kein Problem.
Ausser dass Petrus direkt an der Grenze den grossen Hebel von "heiss" auf "HEISS" gestellt hat. Vor allem Tara in ihrer Montur und immer noch nicht ganz gesund konnte heute auch der schönsten Landschaft nichts abgewinnen. Wir fuhren bis nach Tabriz, etwa 300 km nach der iranischen Grenze und fanden hier im Hotel Azerbaidjan für etwa 20 Franken ein gutes Zimmer.
Wir haben uns ja schwer vorgenommen, uns im Gespräch nicht aufs politische Glatteis zu wagen. Deshalb sind wir heute abend ganz stumm geworden als uns ein Perser erklärte: "Ob Khomeini oder Khamenei oder Khatami, alles ist die gleiche K(h)acke, die predigen alle Wasser und trinken hintendurch ihren Wodka...". Und als er uns ernsthaft versicherte, Khomeini sei ein englischer Spion gewesen fanden wir es an der Zeit, das Gespräch auf unverfänglichere Dinge zu lenken.

 

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