31.07.2001 Schweiz - Griechenland
Dienstag, 24. Juli 2001
Kurz nach Gondo - wo immer noch die sensationslüsternen Touristen
gaffend die Strasse säumen - die italienische Grenze. Ein mürrischer
Zöllner fragt wohin wir wollen und äugt misstrauisch ins Innere
des Autos. Glücklicherweise ist der G-8-Gipfel vorbei und wir wollen
sowieso nicht nach Genua sondern nach Venedig. Er winkt uns durch und
wir sind heilfroh, dass wir das Auto nicht ausräumen müssen.
Nach fast anderthalb Jahren träumen und vorbereiten ging es heute
Morgen endlich los. Irgendwie können wir es immer noch nicht fassen,
dass vor uns die halbe Welt liegt, dass wir jetzt wirklich und tatsächlich
unterwegs sind.
Unseren ersten Abend verbringen wir auf einem Campingplatz am Lago Maggiore.
Man ist hier fest installiert. Der Hund vom benachbarten Wohnwagen knurrt
uns an, weil wir uns in seinem Revier niederlassen. Man lässt den
Wagen offen, wenn man zum Strand geht - die soziale Kontrolle spielt.
Gegen Abend hat es dann geblitzt und gedonnert und wir mussten uns schon
zum ersten Mal fragen, ob wir unser Autodach mit der wasserdichten Plache
abdecken sollen. Der Zeltstoff am Hubdach ist nicht wasserdicht aber mit
der Plache wird es wahrscheinlich noch stickiger im Auto, als es eh schon
ist. Nun, diese Frage werden wir uns wohl noch öfter stellen müssen.
Und die erste Spinne hatte auch schon Zuflucht gefunden im Auto. Tara
freute es gar nicht....
Mittwoch, 25. Juli 2001
Heute morgen haben wir uns etwas unbeliebt gemacht. Wir sind um 6 Uhr
aufgestanden, voller Tatendrang um die Strecke nach Venedig unter die
Räder zu nehmen. Aber ohalätz. Vor 8 Uhr kann man weder abwaschen,
noch zahlen und schon gar nicht den Platz verlassen. Wir sind halt Camping-Neulinge
und mit den strengen Sitten noch nicht so vertraut. Auf jeden Fall war
der gestern noch so freundliche Platzwart sehr unwirsch, als wir um 5
Minuten vor 8 zahlen wollten. Und als wir dann an der Gebührenstelle
auf der Autobahn mit ganz viel Kleingeld bezahlten und deshalb keines
mehr für die Toilettenfrau an der Autobahnraststätte hatten,
hatten wir es schon mit einigen Italienern verdorben.
Die Autobahnen um Mailand sind gesäumt von halbfertigen, fertigen
und schon wieder verfallenden Industriebauten. Und zu jedem Gebäude
gehört mindestens eine Mülldeponie. Da wir vor und nach Mailand
immer wieder im Stau standen hatten wir genügend Zeit, diese triste
Landschaft zu betrachten.
Wir haben heute das erste Mal gemerkt wie anstrengend es ist, mit unserem
Auto zu fahren. Erstens heizt es innen sehr stark auf. Durch die schwarze
Farbe und die schlechte Isolation zum Motorenraum entsteht im Inneren
auch bei geöffnetem Fenster während der Fahrt eine Hitze, welche
die Aussentemperatur locker um 10° übersteigt. Zweitens macht
das Auto einen ziemlichen Lärm. Beides zusammen macht einen fix und
fertig. Wir brauchten für die 400 km vom Lago Maggiore bis zum Lido
delle Nazioni (etwa 100 km südlich von Venedig) fast acht Stunden
(inklusive Staus).
Auf dem Campingplatz "Tahiti" wurden wir schon von Nicole und
Tinu und ihren Kindern erwartet. Wir hatten bereits in der Schweiz abgemacht,
dass wir sie auf unserem Weg nach Venedig besuchen.
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Vor dem Wohnwagen von Nicole und Tinu, Campingplatz am Lido delle
Nazione in Italien
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Donnerstag, 26. Juli 2001
Wir verbrachten gestern mit Nicole und Tinu einen schönen Abend und
konnten uns heute Morgen an den gedeckten Frühstückstisch setzen.
Nicole und Tinu: nochmals vielen Dank!
Bis Venedig hatten wir dann nur 2 Stunden Fahrt vor uns. Die Fähre
nach Griechenland legt um 16 Uhr ab und wir hatten uns vorgenommen, spätestens
am Mittag am Hafen zu sein. Zwei alte Camperhasen aus der Schweiz (Pierre
und Magda) hatten uns geraten, so rechtzeitig beim Schiff zu sein, dass
man an der Spitze der Schlange ist. So habe man dann die Möglichkeit,
auf dem Schiff einen guten Platz zu besetzen. Mindestens hundert andere
Camper wussten das aber auch und waren schon vor uns da. Als wir nach
drei Stunden Warten an der prallen Sonne dann endlich ins Schiff fahren
konnten - natürlich war Zoltan ausgerechnet in diesen Minuten auf
dem WC und Tara musste zum ersten Mal ihre Fahrkünste unter Beweis
stellen - stellten wir fest, dass wir diese drei Stunden auch noch an
einem schattigen Platz hätten verbringen können. Wir bekamen
nämlich einen der schlechtesten Plätze für unser Auto:
eingezwängt in der Durchfahrt zwischen Vorder- und Hinterdeck, ohne
Fenster und total stickig.
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Camping on Board! Auf der Fähre von Venedig nach Igoumenitsa
GR
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Die Fähre fasst rund tausend Passagiere und noch mal so viele Autos.
Ausserdem sahen wir ein paar Duzend 40-Tönner aufs untere Deck fahren.
Es hat 6 Decks, einen Swimmingpool, zwei Restaurants, eine kleine Ladenstrasse,
einige Bars und ein Casino. Ganz viele Leute sind nur mit dem Rucksack
respektive Schlafsack aufs Schiff gekommen und belegen jetzt die Gänge
und die Decks.
Das Schiff fährt nach dem Ablegen praktisch mitten durch Venedig,
nur einige 100 Meter entfernt am Markusplatz vorbei. Die Sonne steht schon
tief und die Aussicht auf die Lagunenstadt ist überwältigend.
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Mit der Fähre mitten durch Venedig
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Das Meer ist spiegelglatt aber Tara hat präventiv schon mal Tabletten
gegen Seekrankheit genommen. Mit dieser Schifffahrt verlassen wir die
uns vertrauten Länder. Wir haben jetzt auch das Handy ausgeschaltet
und haben nun endgültig das Gefühl, unterwegs zu sein.
Freitag, 27. Juli 2001
Letzte Nacht sind wir um Mitternacht wieder aufgestanden. Im Auto war
es 34° und an Schlaf nicht zu denken. Wir sassen dann noch einige
Zeit in der klimatisierten Bar bei einem kühlen Bier, bevor wir uns
wieder ins Bett wagten. Die hintere Autotüre liessen wir dieses Mal
sperrangelweit offen und das half etwas.
Heute morgen kamen wir dann natürlich erst aus den Federn, als das
Frühstück vorbei war. Als wir endlich auf Deck waren, fuhren
wir bereits durch die Meerenge bei Korfu. Dort legte das Schiff auch zum
ersten Mal an. Und nachmittags um zwei Uhr landeten wir in Igoumenitsa.
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Wir verlassen die Fähre in Igoumenitsa
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Wir fuhren dann noch 100 km ins Landesinnere bis Joannina. Es war eine
sehr kurvige Bergstrasse, welche aber die Hauptverbindung zwischen Igumenitsa
und Thessaloniki ist. Deshalb hatte es viele Lastwagen auf der Strecke
und entsprechend ungeduldig fuhren die griechischen Autofahrer. Tara schlug
ein paar Mal die Hände vor die Augen. Aber es soll ja mit den Fahrsitten
noch viel, viel schlimmer werden, je weiter wir nach Osten kommen. In
Joannina fanden wir einen Campingplatz direkt am See und geniessen jetzt
das leise Lüftchen bei einem kühlen Bier.
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Dorf im Landesinnere von Griechenland
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Auf der Suche nach Brot kamen wir vorher an einer Konditorei vorbei
und Zoltan hat seinen süssen Gelüsten nachgegeben: ein Kuchenblech
voll mit einem honiggetränkten Gebäck. Für Tara viel zu
süss. Und dass abends um Fünf die Bäckereien geschlossen
sind, wissen wir jetzt auch.
Ach ja, und wir fanden die EU wieder mal toll: in Italien aufs Schiff
- kein Pass, kein Warten - und in Griechenland runter vom Schiff - wieder
kein Pass.
Samstag, 28. Juli 2001
Wir sind heute noch weiter ins Landesinnere gefahren, über den Katara-Pass
welcher 1700 m hoch ist.
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Bettelnde Pferde auf dem Katara-Pass
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Die Strecke ist sehr schwierig zu fahren und so schafften wir heute nur
etwa 100 km in 4 Stunden. Unser heutiges Ziel war Meteora. Auf bizarren,
hohen Felsen wurden hier einige Klöster errichtet. Sie kleben an
den Felsen wie die Klöster in Tibet. Leider haben wir keinen Reiseführer
über Griechenland dabei, so können wir im Moment nicht mehr
darüber sagen. Wir haben keine Ahnung wie alt die Klöster sind
oder wie viele es gibt. Wir schafften es auch nicht, eines der Klöster
zu besichtigen. Es war viel zu heiss, um irgendwelche Aktivitäten
zu entfalten. Bereits um 15 Uhr hatten wir uns auf einem Campingplatz
am Fusse der Felsen eingerichtet und freuten uns, dass es einen Swimmingpool
hat.
Unser Thermometer zeigte am späten Nachmittag 38° am Schatten
an.
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Eines der Felsenklöster von Meteora
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Sonntag, 29. Juli 2001
Wir treffen immer wieder interessante Leute auf den Campingplätzen.
Gestern abend sassen wir mit einem israelischen Backpacker und einem jungen
Paar aus England zusammen, welche mit ihrem Landrover in etwa die gleiche
Strecke wie wir machen (ausser dass sie zuerst noch nach Syrien und Jordanien
fahren). Bei ein oder zwei Flaschen Wein wurde es relativ spät. Aber
da es um Mitternacht immer noch weit über 30° Grad war, konnten
wir sowieso nicht schlafen.
Zu Abend assen wir in einer griechischen Taverne: Tsatziki (Joghurt mit
Gurken), Mousaka (Auberginenauflauf mit Hackfleisch, eine Art griechische
Lasagne) und Souvlaki (Fleisch vom Spiess). Alles Speisen, die wir auch
bei uns kennen. Und natürlich wieder ein kühles Bier dazu.
Als wir heute aufstanden waren wir immer noch müde und zerschlagen
und nahmen uns vor, bald mal einen Ruhetag einzulegen.
Eigentlich wollten wir heute weiter durch das Landesinnere Richtung Norden.
Aber diese Bergstrassen sind so anstrengend zum Fahren, dass wir darauf
verzichteten. So blieben wir in der Ebene und fuhren auf dem kürzesten
Weg via Trikala und Larissa ans Meer. Im ersten Ort den wir erreichten,
war der Rummel unbeschreiblich. Irgendwie müssen wir den Lieblingsbadeort
der Griechen erwischt haben und das an einem Sonntag... Zoltan weigerte
sich auf jeden Fall, dort zu bleiben und die beiden nächsten Campingplätze
passten der Tara nicht, weil sie dann doch zu abgelegen waren und es nicht
mal eine Beiz gab. Nach einer weiteren Stunde unfreiwilligem Sightseeing
(wir wollten statt auf die Autobahn lieber am Meer entlang fahren und
verirrten uns auf Traktorspuren zwischen Maisfeldern und Schafherden)
fanden wir dann einen schönen Platz direkt am Meer.
An historischen, archäologischen, mythologischen und kulturellen
Highlights liessen wir heute den Olymp links und diverse Ruinen rechts
liegen. Wir haben uns ja schon zu Hause gesagt, dass Griechenland (und
die Türkei) praktisch um die Ecke liegen und wir diese Länder
später immer noch anschauen können (aber am besten nicht im
Hochsommer).
Wir hüpften noch schnell ins Meer, dösten ein wenig am Strand
und werden später in der Taverne mit Blick auf die Thermaikos-Bucht
etwas Feines essen. Wie richtige Ferien!
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Abendessen mit Blick aufs Meer
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Montag, 30. Juli 2001
Was für ein Tag! Eigentlich wollten wir nur etwas weiter Richtung
Norden, um uns den nächsten gemütlichen Campingplatz am Meer
zu suchen. Und jetzt sind wir kurz vor der türkischen Grenze in einem
(etwas schäbigen) Hotel. Aber schön der Reihe nach.
Kurz nach Thessaloniki schauten wir uns den ersten Campingplatz an. Wir
suchten etwas mit viel Schatten und einer einigermassen komfortablen Infrastruktur
(damit wir z.B. unser allabendliches Bier kaufen können). Wir hatten
nämlich im Sinn, mal einen Ruhetag einzulegen und etwas zu relaxen
(und eventuell den ersten Bericht fürs Internet zu schreiben). Aber
nichts gefiel uns und je weiter wir nach Osten kamen, umso rudimentärer
wurden die Plätze. Und mitten am Nachmittag, als wir schon in Xanthi
waren, überraschte uns ein Mega-Gewitter. So etwas sahen wir noch
selten. Es goss wie wahnsinnig und zwar waagrecht, wie aus einem Wasserwerfer.
Wir schafften es gerade noch vor dem Schlimmsten auf einen Parkplatz zu
fahren und Zuflucht in einer verlassenen Taverne zu suchen.
Angesichts des Schlammes welches dieses Gewitter hinterliess, beschlossen
wir, uns ein Hotel zu suchen. Aber auch das war nicht so einfach. Schlussendlich
landeten wir in Alexandroupoli, etwa 40 km vor der türkischen Grenze.
In diese Ecke des Landes verirren sich nicht allzu viele Touristen. Das
merkten wir auch beim Abendessen, als die Speisekarte nur noch in griechischen
Hieroglyphen verfasst war. Die griechische Schrift ist wahrlich verwirrend.
Erschwerend kommt dazu, dass - wie bei uns - die Gross- und die Kleinbuchstaben
anders aussehen. Und komischerweise sehen die Schriftzeichen auf unserer
Strassenkarte noch mal etwas anders aus. Die Strassen sind meistens so
beschildert, dass zuerst das Schild auf griechisch kommt und ein paar
Meter später das Gleiche noch mal in lateinischer Schrift. Dummerweise
stehen die für uns lesbaren Schilder dann schon praktisch mitten
auf der Kreuzung oder sind - da unwichtig - durch irgendwelche Büsche
verdeckt. Glücklicherweise gibt es nicht so viele Strassen und so
kann man sich auch ganz gut nach der Himmelsrichtung orientieren.
Die Landschaft wurde gegen Osten zu langsam wilder und die Ortsnamen immer
poetischer: Panorama, Dialekto, Paradiso und gar Drama!
An der Strandpromenade von Alexandroupoli liessen wir den Tag ausklingen,
sahen einen Elefanten vorbeimarschieren (vom nahegelegenen Zirkus) und
wurden sogar noch von einem Feuerwerk überrascht (dabei ist doch
erst übermorgen der 1. August).
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