Val Müstair statt Monument Valley, Herbst 2020 Home/Reiseberichte Über uns/Kontakt

 

Newsletter vom 16. September 2020: Fine Dine in der Bündner Herrschaft, Sackgasse Val Müstair und eine Entdeckung - das Puschlav

Liebe Familie und Freunde

Wahrscheinlich sind dieses Jahr so viele Camper durch unser Land gefahren wie noch nie! Die vielen Schweizer, die normalerweise in den umliegenden Ländern Ferien machen, blieben dieses Jahr mehrheitlich in der Heimat und das führte dazu, dass die bestehenden Campingplätze an ihre Kapazitätsgrenzen stiessen. Im Sommer war praktisch alles auf Wochen hinaus ausgebucht und selbst jetzt, Mitte September und ausserhalb der Ferienzeit sind die Campingplätze sehr gut gefüllt und bei schönem Wetter ausgebucht.
Die meisten Gemeinden im Bündnerland reagierten auf die Flut der Camper, indem sie jeden potentiellen Park- und Übernachtungsplatz mit "Campen verboten"-Schildern zupflasterten (da fühlt man sich als Camper doch so richtig willkommen!). Einige Gemeinden aber haben die Zeichen der Zeit erkannt und schufen Stellplätze oder sogenannte PopUp-Camps. Wie die Gemeinden, die kurzerhand auf den grossen Parkplätzen bei den Skiliften das Campen erlauben und so auch im Sommer Einnahmen generieren. Oder die Gemeinde Fideris, die aus einem simplen Parkplatz eingangs Dorf einen Stellplatz geschaffen hat, liebevoll eingerichtet mit Blumenkisten und Holztischen und -bänken und sogar mit Dusche und WC in kleinen Baustellencontainern. Bezahlen kann man per Twint und die grossartige Aussicht gibt es gratis. Oder dann entstanden private Initiativen, die Bauern, Winzern und Gemeinden eine Plattform im Internet anboten und nun kann man neben Alphütten oder bei Schützenhäusern seinen Camper hinstellen und übernachten.
So wie wir es zusammen mit Freunden beim Schützenhaus Malans gemacht haben, wo wir zwei ruhige Nächte verbrachten.

In Gehdistanz hat es übrigens die sogenannte Älplibahn, die pro Stunde nur 32 Personen befördern kann und bei der man sich deshalb anmelden muss. Natürlich auch für den Rückweg, da hatten wir noch die Wahl zwischen Vierzehn Uhr und Halb Sechs. Die "14 Minuten Fahrvergnügen auf 3485 m Länge und 1801 m Höhe und wieder zurück"-Bahn respektive die "3 Seen, 5 Cervelats und 1 bis 7 Stunden-Wanderungen"-Bahn  scheint sehr begehrt zu sein... Aber die Aussicht dort oben ist auch wunderschön!! Das Rheintal liegt einem zu Füssen und in der Ferne sieht man sogar die Churfirsten. Direkt an der Bergstation hat es ein gemütliches Beizli, wo man feine Bündnerplättli essen kann und zur Verdauung bieten sich unzählige kürzere und längere Wanderungen an.

Solche Übernachtungsorte wie der Stellplatz in Fideris oder das Schützenhaus bei Malans ermöglichen auch immer wieder interessante Gespräche mit den Einheimischen. Zum Beispiel mit dem Jäger, der auf dem Weg zum Ansitz vor dem Schützenhaus vorbeilief. Warum auch immer, er versprach Zoltan auf jeden Fall, ihm die Leber zu bringen, sollte er erfolgreich sein. Ein paar Stunden später hörten wir es tatsächlich knallen und kurz darauf fuhr ein Auto zu unserem Camp. Es war der Jäger, im Kofferraum eine kleine, tote Rehgeiss und in der Hand einen Plastiksack mit der noch warmen Leber. Auf dem Land hält man sein Wort...
Und die Leber gab es dann am nächsten Tag zum z'Nacht, mit Zwiebel und Peperoni kurz und scharf angebraten - ein Genuss!

Natürlich besuchten wir auch unsere Lieblings-Beiz in der Bündner Herrschaft - den Alten Torkel in Jenins. Dort ist der Wein die Hauptsache und wird begleitet von verschiedenen Speisen einer gehobenen Küche. Das heisst dann etwa so: "Der Weissburgunder schmiegt sich hervorragend an den Römersalat an" oder "Der Pinot Blanc verschmilzt meisterhaft mit den Pilzravioli" und so weiter. An guten Textern herrscht im Bündnerland offensichtlich kein Mangel.
Bei strahlendem Wetter zusammen mit Freunden mitten in den Weinbergen der Bündner Herrschaft sitzen, feine Tropfen und raffinierte Speisen geniessen und den Blick über das Rheintal schweifen lassen - so lässt sich's leben. Wir nehmen das alles nicht für selbstverständlich und versichern uns immer wieder gegenseitig, wie gut wir es doch haben.

Nach der Bündner Herrschaft fuhren wir über Klosters, Davos, den Flüelapass, Zernez und den Ofenpass ins Val Müstair. Zwischen Zernez und dem Ofenpass führt die Strasse durch den Schweizerischen Nationalpark, eine wilde und ursprüngliche Gegend, in der Wolf und Bär zu Hause sind.
Die Landschaft und vor allem die pittoresken Dörfer im Engadin gefallen uns sehr. Die Engadiner Häuser haben ja eine ganz spezielle Architektur mit den dicken Steinmauern und den tiefliegenden Fenstern. Und in der Regel sind sie auch wunderschön verziert mit einer speziellen Technik, bei der die Ornamente in den Putz geritzt und nicht auf den Putz gemalt werden. Kaum ein Haus, welches nicht wenigstens die Fensternischen und die Ecken der Aussenwände geschmückt hat.
In Müstair blieben wir ein paar Tage, denn wir hatten dort auch noch ein kleines "Familientreffen" mit einer von Tara's Schwestern und deren Mann sowie einem unserer Neffen mit Freundin.

Als wir weiterfahren wollten, entpuppte sich dann das Val Müstair für uns als richtige Sackgasse. Wir wollten von dort aus nämlich ins Puschlav und da gibt es zwei Möglichkeiten: durch den La Schera-Tunnel Richtung Livigno oder über den Umbrailpass Richtung Bormio. Dass der Tunnel ausgerechnet jetzt wegen Unterhaltsarbeiten geschlossen ist, sahen wir schon auf der Hinfahrt. Also über den Umbrail. Doch als wir unser GPS programmieren wollten, weigerte sich dieses standhaft, die gewünschte Strecke anzunehmen. Des Rätsels Lösung: unser GPS weiss, dass wir 3,5 Meter hoch sind. Und die italienische Seite des Umbrail ist nur bis 3,3 Meter befahrbar. Leider steht das weder auf der Webseite der Alpenpässe noch auf der Seite des TCS. Erst als wir - zum Sichergehen - die Strecke von Bormio Richtung Umbrail mit Google Street View abgefahren sind, sahen wir das Schild mit der Höhenbeschränkung. Auf der Schweizerischen Seite steht gar nichts (nur dass der Pass offen ist).

Manchmal sind die Dimensionen von Matilda wirklich ein echtes Problem. Zum Beispiel auch in Pontresina. Wir wollten im Hotel Walther etwas Kleines zu Mittag essen und fuhren deshalb mitten durchs Dorf. Erst fast am Ende der Strasse prangte rechts plötzlich ein Schild: Maximal 3,5 Tonnen. Wenden und zurückfahren ging nicht, da wir in einer Einbahnstrasse waren. Nun mussten wir uns zwischen zwei Übeln entscheiden. Da das Ignorieren der Gewichtsbeschränkung viel gravierendere Folgen haben könnte, entschied sich Zoltan für die Einbahnstrasse - den konsternierten Blicken der Passanten und der entgegenkommenden Autofahrern zum Trotz. Doch schon nach ein paar Metern kam uns ein Polizeiauto entgegen. Es blieb mitten auf der Strasse stehen um uns an der Weiterfahrt zu hindern und einer der Polizisten kam mit ernster Mine auf uns zu. Gratis-Kino für die Spaziergänger, die natürlich alle Maulaffen feilhielten. Doch als wir dem Beamten die Situation erklärt hatten, entschied sich auch dieser für die Variante Einbahnstrasse und ging uns zu Fuss voraus, bis wir sicher abbiegen konnten. Polizei-Eskorte in Pontresina!

Wir mussten also den ganzen Weg durch das Val Müstair zurückfahren um ins Puschlav zu kommen.
Unterwegs statteten wir der Diavolezza, der "Schönen Teufelin" einen Besuch ab.  Das Skigebiet Diavolezza/Corvatsch liegt auf etwa 3000 Metern über Meer und kann bequem mit einer Gondelbahn erreicht werden. Man investiert auch in den Sommertourismus und bietet nebst dem höchstgelegenen Sprudelbad Europas in freier Natur auch die höchstgelegene Feuerstelle (Holz und Fleisch gibts auf Vorbestellung).
Die Aussicht ist schon bei der Anfahrt zur Talstation gigantisch, aber erst oben auf der Aussichtsplattform mit Blick auf den "Festsaal der Alpen" sieht man, wie teuflisch schön diese hochalpine Landschaft mit den Viertausendern ringsherum und den Gletschern ist.

Um ins Puschlav zu kommen, muss man schliesslich noch den Berninapass überqueren; von Nord nach Süd ein Mini-Pässchen mit fast keiner Steigung und etwa drei Kurven. Schliesslich sind ab Pontresina nur etwa 500 Höhenmeter bis zum Pass zu überwinden. Ganz anders auf der südlichen Seite. Da hören die engen Kurven kaum mehr auf und die Talebene scheint unendlich weit unten.
Im Tal angekommen, wähnt man sich eher irgendwo in Italien als in Graubünden.  Die "Italianità" äussert sich nicht nur in der Architektur, sondern auch bei der Anzahl der Ristorantes und Bars, die alle paar Meter einladend die Sonnenschirme aufgestellt haben. Wir liessen uns auf einem Campingplatz in der Nähe des Hauptortes nieder und verbrachten ein paar sonnige Tage am Ufer des Lago Poschiavo mit Wandern, relaxen und dem Besuch der hübschen Dörfer, allen voran dem Hauptort Poschiavo.

Tschau zäme,
Tara und Zoltan

PS Die letzten bärensicheren Abfallkübel die wir sahen, standen in Kanada. Und heute sahen wir wieder welche, im Puschlav. Aufschrift: "Bären verdienen Respekt statt Abfall".

 

Hinter dem Schützenhaus von Malans

 

 

Gondelfahrt in Coronazeiten

 

 

Spaziergang in den Hügeln der Bündner Herrschaft

 

 

Im Bergbeizli der Älplibahn

 

 

Späte Wespe

 

 

Stellplatz in Fideris

 

 

Willkommen Camper

 

 

Zernez

 

 

Mit der Bahn zur Schönen Teufelin

 

 

Diavolezza - Der Festsaal der Alpen

 

 

Aussicht vom Sass Queder auf das Val Bernina

 

 

Lago di Poschiavo

 

 

Kirche St. Viktor in Poschiavo

 

 

Markttag in Poschiavo

 

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