Dritter Teil
Donnerstag, 28. Oktober 2004
Heute Früh hat sich die Gruppe verabschiedet und auf den Weg Richtung
Tunis gemacht. Irgendwie komisch, wieder alleine zu sein. Und die meisten
sind einem doch ziemlich ans Herz gewachsen. Na ja, vielleicht schaffen
wir es ja, mit den einen oder anderen den Kontakt aufrecht zu erhalten
und man sieht sich wieder, wer weiss? Schön wär's!
Wir beide fuhren in den Hauptort Houmt Souk, bummelten über den Wochenmarkt
und durch den, vor allem auf Touristen ausgerichteten Souk, wehrten uns
erfolgreich gegen diverse Teppich- und Schmuckverkäufer und verliefen
uns schlussendlich im Gewirr der Gassen.
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Auf dem Gemüsemarkt von Houmt Souk (Djerba)
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Aber irgendwann fanden wir unsere Rosinante dann doch wieder und fuhren
beladen mit süssem, tunesischem Gebäck (sehr empfehlenswert:
die Patisserie "Ben Yedder", mitten im Souk) zurück zum
Hotel und zum Pool. Und wenn ab uns zu der Wind zu kühl wird, kann
man sich immer noch ins mollig warme Thermalbad zurückziehen...
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Keramik (vor allem für Touristen)
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Freitag, 29. Oktober 2004
Lange schlafen, Frühstücksbüffet plündern, Hamam (Dampfbad),
Algenpackung und Entspannungsmassage, Mittagsbüffet abräumen,
lange Siesta machen, noch mehr Siesta machen, vollgefressen vor dem Abendbüffet
stehen und trotzdem noch mal zuschlagen, Apéro vor und nach dem
Essen, schon wieder schlafen gehen. Toll!
Samstag, 30. Oktober 2004
Fertig mit Faulenzerleben! Einige Hundert Kilometer später sind wir
in der heiligen Stadt Kairouan.
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In der Medina von Kairouan
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In der alten Kasbah (Zitadelle) wurde ein wunderschönes Hotel integriert
und zäh handeln kann man auch hier (schliesslich ist die Saison vorbei
und der grösste Teil der Zimmer steht leer).
Der Reiseführer warnt vor Kairouan als schlimmstem Beispiel für
aufdringliche Verkäufer, selbsternannte "Fremdenführer"
und Taschendiebstahl in Tunesien. Kaum sind wir aus dem Auto ausgestiegen,
will uns ein freundlicher Typ schon weismachen, dass das Touristenbüro
wegen irgendeinem Feiertag (Hälfte des Ramadan vorbei oder so) heute
geschlossen sei, aber man in jenem Haus dort drüben die gleichen
Auskünfte bekomme und er selbst beim Touristenbüro angestellt
sei und eine staatliche Lizenz habe. Er lief uns noch ein paar Hundert
Meter nach, bevor er aufgab und von einem anderen, ebenso aufdringlichen
und ebenso freundlichen Typ abgelöst wurde. An der Rezeption unseres
Hotels haben wir nach diesem angeblichen Feiertag gefragt und erfahren,
dass das eine beliebte Masche sei, um Touristen in Teppichläden zu
locken. Ein anderer wollte uns gar weismachen, das Tor zur Altstadt sei
jetzt geschlossen, aber durch seinen Laden führe hinten raus ein
Weg. Für wie dämlich halten die uns eigentlich??? Solche Leute
schaden dem ganzen Land, denn als Besucher wird man mit der Zeit allen
gegenüber misstrauisch und begegnet auch den vielen freundlichen
Leuten mit einem, unter Umständen falschen Vorurteil.
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Einer, der uns nichts verkaufen will
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Sonntag, 31. Oktober 2004
Gemüse- und Trödelmärkte in orientalischen Ländern
sind immer eine Sehenswürdigkeit. So auch in Kairouan.
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Gemüsemarkt in Kairouan
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Da wird geschrieen und gefeilscht, in der Strasse der Metzger wird geschlachtet,
um den Stand mit gebrauchten Handys ist das Gedränge unbeschreiblich
und daneben verkauft jemand erfolgreich Reste von Elektrokabeln, die bei
uns nur noch in der Mülltonne landen würden.
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Alles wird wiederverwertet
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Die Früchte werden möglichst vorteilhaft präsentiert (jeder
Granatapfel scheint poliert zu sein) und der Lärm und die vielen
Gerüche (und Gestänker) reizen die Sinne.
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Herr Früchtehändler
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Uns tun die Menschen leid, die den lieben langen Tag das berühmte
Gebäck von Kairouan produzieren oder neben Bergen von Brot sitzen,
ohne einen Bissen essen zu dürfen.
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Essen darf man das Brot allerdings erst abends,
wenn es schon halb vertrocknet ist
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Auch uns schränkt der Ramadan ziemlich ein und während dieser
Zeit als Tourist unterwegs zu sein, ist nicht gerade das "Gelbe vom
Ei" (ausser man ist in der Wüste, da spielt es keine Rolle).
In ganz Kairouan gibt es kein einziges Glas Tee und kein einziges Café
oder Restaurant hat vor dem Böllerschuss am Abend geöffnet.
Man kann nirgends hinsitzen und es ziemt sich auch für uns nicht,
etwas vom gekauften Gebäck in der Öffentlichkeit zu essen. So
müssen wir am Mittag zurück ins Hotel (grosse Hotels mit internationalen
Gästen servieren diesen natürlich etwas zu essen).
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"Aushängeschild" einer Metzgerei
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Aber zuerst besichtigen wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten:
die Grosse Moschee (die älteste und grösste Moschee Tunesiens),
die Aghlabidenbassins (Wasserreservoirs aus dem 9.Jh.) und die Barbiermoschee
(die meistbesuchte Wallfahrtsstätte Kairouans).
Am Nachmittag schlenderten wir noch etwas in der faszinierenden Altstadt
umher, in welcher die Läden in den überdachten Souks leider
fast alle geschlossen hatten.
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In der Altstadt von Kairouan...
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...findet man kunstvoll verzierte Türen...
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... und Fenster.
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Ungefähr zwei Stunden nach Sonnenuntergang (nachdem alle gegessen
haben), beleben sich die Strassen von neuem. Die Läden öffnen
wieder, vor den Cafés sitzen dichtgedrängt die Männer
und trinken Tee oder rauchen Wasserpfeife (auch rauchen darf man tagsüber
während des Ramadan nicht) und auch die kleinen Garküchen servieren
wieder die typisch tunesischen Gerichte wie Brik (mit Ei gefüllte
"Teigtaschen") oder Tajine (Eierauflauf mit Gemüse, Kartoffeln
und Hammelfleisch). Zum Dessert empfahl man uns "aromatisierten Joghurt"
und stellte uns dann einen Becher Danone-Joghurt hin (so wie man's in
jedem Laden kaufen kann). Zum Glück wartete im Hotel eine grosse
Schachtel Makroud auf uns: in Öl gebackenes, mit Nüssen, Dattel
oder Feigen gefülltes und in Honig getränktes Gebäck (sehr
nahrhaft!).
Montag, 1. November 2004
Unser erstes Ziel heute waren die römischen Ruinen von Mactaris.
Die grossen Thermen sind erstaunlich gut erhalten und das Verrückte
ist, dass man hier grosse Flächen der original römischen Fussbodenmosaike
einfach belassen hat und man somit über 2000 Jahre alte Böden
spazieren kann.
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In den Ruinen von Mactaris
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Wir fahren Richtung Norden, das Wetter wird schlechter und in den Mejerda-Bergen
überraschte uns dicker Nebel und eine frühe Dunkelheit. Diese
Ecke Tunesiens ist bedeckt mit dichten Wäldern (vor allem Korkeichen)
und am Strassenrand werden die frisch gepflückten Pilze (wie Steinpilze
und Champignons) angeboten. Als die Nebelsuppe so dick ist, dass wir kaum
noch einige Meter weit sehen, beginnt zum Glück die Essenszeit, die
Strasse leert sich und wir können davon ausgehen, dass uns nicht
wieder so ein Spinner in der Haarnadelkurve auf unserer Strassenseite
entgegenkommt.
Wir erreichen fix und fertig Tabarka und zum Glück hat eines der
grossen Strandhotels noch geöffnet, trotz der späten Jahreszeit.
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Die ersten Bäume tauchen auf
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Dienstag, 2. November 2004
Blitz, Donner und strömender Regen trieb uns auf dem kürzesten
Weg nach Tunis. Und hier suchten wir erst einmal einen bewachten Parkplatz,
wo wir das Auto für die nächsten drei Tage stehen lassen können.
Der Verkehr ist absolut chaotisch und auf Fahrten mit dem eigenen Auto
können wir unseren Nerven zuliebe gut verzichten.
Die 6-spurige Avenue Habib Bourguiba kann man tagsüber als Fussgänger
kaum überqueren, aber nach 17 Uhr während des Ramadan könnte
sie gut als Kinderspielplatz dienen. Nach 20 Uhr öffnen dann alle
Geschäfte wieder, der Verkehr rollt wie gehabt und "Tout Tunis"
flaniert die Boulevards rauf und runter, besetzt jeden Stuhl der wie aus
dem Nichts aufgetauchten, unzähligen Strassencafés und drängt
sich in den Shoppingzentren und Souks.
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Kräuterhändler im Souk von Tunis
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Wir essen in einer kleinen Seitenstrasse etwas Tunesisches (in viel Öl
schwimmendes Hammelfleisch und Erbsen), rauchen eine gepflegte Wasserpfeife
(das Café Girofle hinter dem Hotel Africa wird auch von Frauen
frequentiert), handeln im Souk zwei Couscous-Schüsseln auf die Hälfte
runter (auf ein Drittel wäre wohl besser gewesen) und kaufen wieder
mal viel der wunderbaren süssen Stückchen, die pro Hundert Gramm
locker den Tagesbedarf an Kalorien decken. Aber was soll's, es sind ja
schliesslich Ferien.
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Süsse Versuchungen
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Wir sind übrigens auf Empfehlung unseres Reiseführers hin im
Hotel Carlton (direkt an der Avenue Habib Bourguiba) abgestiegen. 35 Dinar
(etwa 35 Franken) inkl. Frühstück pro Person für ein sauberes
Zimmer - in Anbetracht des ziemlich hohen Preisniveaus in Tunis absolut
empfehlenswert.
Mittwoch, 3. November 2004
Es schüttet wie aus Kübeln, also ab ins Museum. Das Bardo-Museum
bietet einmalig schöne römische Mosaike in einer riesigen Anzahl.
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Eines der berühmten Mosaike im Bardo-Mueum
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Aber nicht nur der Mosaike wegen ist ein Besuch unbedingt empfehlenswert,
sondern auch wegen dem Gebäude selbst, welches das Museum beherbergt.
Der ehemalige Haremstrakt eines grossen Palastes aus dem 19.Jh. ist überreich
verziert, wunderbar erhalten und bietet viel Anregung für die eigene
Phantasie (wie mag es hier wohl vor knapp 100 Jahren ausgesehen haben?).
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Sultan alias Zoltan träumt vom Harem...
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Da natürlich auch das Museumscafé geschlossen hatte und es
immer noch in Strömen regnete, fuhren wir zurück ins Hotel und
verschliefen fast den ganzen Nachmittag.
Taxifahren in Tunis: es braucht einige Geduld, um einen der etwa fünfzig
Prozent ehrlichen Taxifahrern zu finden, bei welchen angesichts reicher
Touristen nicht urplötzlich gerade der Taximeter kaputt geht. Und
dann gibt es noch solche, die sich weigern, in die Innenstadt und damit
in das Verkehrschaos zu fahren. Denen können wir kaum böse sein,
das können wir gut verstehen...
Donnerstag, 4. November 2004
Endlich wieder Sonnenschein. Der richtige Tag für einen ausgedehnten
Bummel durch die schöne Medina von Tunis. Es gibt Gassen für
Touristen und Gassen für Einheimische. Nicht nur erkennbar an der
Auswahl der feilgehaltenen Gegenstände, sondern auch daran, dass
man in letzteren völlig in Ruhe gelassen wird. Das Gedränge
ist aber überall riesig. Für uns spannend ist es in den kleinen
Gässchen mit den winzigen Handwerkerläden, in denen Schneider,
Goldschmiede oder Schuster an ihrer Arbeit sitzen. Und wie in allen orientalischen
Souks gibt es Gassen mit Schmuck, andere mit Parfüm, wieder andere
mit Schuhen oder mit Kleidern und so weiter. Schade nur, dass die kleinen
Teestuben alle geschlossen haben. Wir kaufen ein Brot und verdrücken
es in einem Hinterhof, möglichst unauffällig, aber natürlich
trotzdem genau beobachtet.
Einigen der von uns als willensstark bewunderten Muslims sind wir heute
allerdings auf die Schliche gekommen. Die Stühle vor dem Café
de Paris sind aufeinandergestapelt, die Türen verschlossen, die Fenster
mit Zeitungspapier verklebt - geschlossener kann ein Café nicht
aussehen. Durch einen Nebeneingang in einer Seitenstrasse sahen wir aber
plötzlich einige Männer ins Innere des Cafés verschwinden.
Neugierig geworden schauten wir rein und sahen, dass das ganze Café
bis fast auf den letzten Platz mit trinkenden und rauchenden Tunesiern
(welche wahrscheinlich alle ein schlechtes Gewissen hatten) besetzt war.
Was für eine interessante Entdeckung :-)
Heute Abend gibt es als Abschluss sicher noch eine gemütliche Wasserpfeife
und morgen geht es schon auf die Fähre nach Genua. Wir hoffen auf
eine ruhige Überfahrt, freuen uns auf Zuhause und bringen "nur"
eine Wagenladung voll wunderbarer Erinnerungen nach Hause!
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Tschüss Tunesien!
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