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Newsletter vom 24. August 2018: Mit der Ferry von Haines nach Skagway und an den Anfang des Alaska Highways

Danke, danke! Aber ihr könnt jetzt aufhören uns Wärme zu schicken, wir haben nun selbst fast 30 Grad. Wir sind aber auch ein paar Hundert Kilometer weiter südlich als beim letzten Newsletter.

Wir haben jetzt ein ganz anderes Problem. Die Waldbrandsaison im nordwestlichen Amerika ist dieses Jahr so heftig wie noch nie. Nebst dem gesamten Nordwesten der Vereinigten Staaten (in Kalifornien zum Beispiel sind ja die Brände schon lange ausser Kontrolle) brennen auch Alberta und British Columbia. Vor allem im Süden von Britisch Columbia sind die Brände ausser Rand und Band. Die gesundheitliche Belastung durch den Rauch ist vielerorts extrem hoch (10 auf einer Skala von 1 bis 10). In Teilen von BC wurde wegen den Feuern der Notstand ausgerufen. Zehntausende von Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Auch wir fahren seit einigen Tagen durch dichten Rauch; die Luft ist zum Schneiden dick und der Smog liegt wie ein Leichentuch über der Landschaft - der Himmel ist grau, die Bäume sind grau und die Strasse verliert sich im grauen Dunst.

Doch blicken wir nochmal zurück und knüpfen am Ende unseres letzten Newsletters an.

Dass wir uns am Arsch der Welt befinden, merken wir jeweils an zwei Dingen: eine warme Dusche kostet Geld (so zwischen 3 und 5 Dollar) und Internet kostet ebenfalls Geld und funktioniert dann trotzdem nicht. Haines gehört in diese Kategorie und Skagway ebenfalls. Beide Städtchen befinden sich am Ende einer Strasse, von wo aus es nur noch per Schiff weitergeht.
Eines dieser Schiffe, eine Ferry der Alaska Marine Highway nahmen wir für die Überfahrt von Haines nach Skagway.

Zuerst aber genossen wir zwei Tage in der Bucht von Haines, wo die Weisskopf-Seeadler zu Dutzenden über uns kreisten und sich am Strand vor uns um die erbeuteten Fisch stritten. Haines ist ein ruhiges, verschlafenes Städtchen mit jeder Menge Alternativer und viel Charme, mit einer kleinen Distillerie die wunderbaren Gin brennt und einem guten Restaurant im alten Offiziershaus des historischen Fort Seward.

Skagway unterscheidet sich stark von Haines, denn es ist total auf Tourismus ausgerichtet. In Skagway legen jeden Tag einige dieser riesigen Kreuzfahrtschiffe an und spülen Tausende von Menschen an Land. Dort machen sie dann entweder einen Ausflug mit der Eisenbahn über den White Pass oder bummeln durchs Städtchen, welches vor allem aus einer Hauptstrasse besteht, an welcher sich Juwelierladen an Juwelierladen reiht.
Donnerstags ist für Skagway der stressigste Tag der Woche, da laufen fünf dieser riesigen Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig ein. Das heisst, dass auf der ein paar hundert Meter langen Hauptstrasse, dem Broadway, geschätzte 10'000 Menschen unterwegs sind. Aber das Ende ist absehbar. Nachdem die letzten Schiffe Mitte September diese nördlichen Destinationen nicht mehr anfahren, wird auch Skagway sozusagen geschlossen. Die Einwohnerzahl reduziert sich auf etwa 400 Leute, alle Läden ausser dem Lebensmittelladen und dem Videoverleih machen dicht, alle öffentlichen Einrichtungen wie Museen, Visitor Center und der Bahnhof schliessen und auch alle Restaurants, bis auf drei Stück. Diese öffnen alternierend, so dass immer nur ein Betrieb offen hat und die Einwohner wissen genau, wann sie wohin können. Und dann senkt sich der Schnee und die Dunkelheit auf den Ort und es gibt nichts mehr zu tun bis nächsten Frühling. So hat es uns unser Kellner erzählt, der im Winter nach San Diego flüchtet. Bevor uns dieser aber Karibu-Steak und Hirschwurst servieren konnte, waren wir im Musical mit der längsten Laufzeit in Amerika (seit 1925 ohne Pause!): "The Days of '98 Show with Soapy Smith". Diese einstündige Show läuft viermal am Tag und bietet CanCan-Tänzerinnen und Ragtime Musik. Es war wirklich witzig (ausser für Tara, die auf die Bühne und ebenfalls die Beine für einen CanCan lüpfen musste).

Kurz nach Skagway überquerten wir die Grenze nach Kanada und damit lag Alaska endgültig hinter uns.
Von der kargen Tundra zu den unendlichen Wäldern, von den hohen Bergen und Gletschern zu den eisigen Fjorden, von den blumenbedeckten Wiesen zu den unzähligen Seen - landschaftlich ist Alaska einfach umwerfend. Dazu kommt ein unglaublicher Tierreichtum, von dem fast jeder Einwohner direkt profitiert, sei es als Jäger oder als Fischer. Für viele Alaskaner ist das Tragen von Waffen daher selbstverständlich, auch weil man jederzeit und überall von einem Bär oder einem Elch überrascht werden kann. In diesem rauen Land, in dem männliche Tugenden für das (Über-)Leben lange enorm wichtig waren überrascht es nicht, dass viele stramm republikanisch wählen. Aber man ist auch weit weg von Washington und vom Empfinden her vielleicht sogar ein wenig auf sich selbst gestellt. Das Recht zur Selbstbestimmung mag manchmal für das Umfeld irritierend sein (zum Beispiel wenn man seine Hunde aus Prinzip nicht anleint oder mit dem Abfall etwas gar sorglos umgeht), aber schlussendlich haben wir von diesem Freiheitsdrang auch profitiert, indem wir fast überall ungestört und gratis unsere Zelte für die Nacht aufschlagen konnten. Denn dieses Recht ist für die Einwohner Alaskas eben auch selbstverständlich.

Die Fahrt über den White Pass von Skagway nach Whitehorse, ob mit dem Auto oder dem Zug, ist übrigens nicht zu Unrecht ein touristisches Highlight. Als wir die Nebel-wegretouchier-Brillen aufsetzten, sahen wir es auch - eine absolut grandiose Landschaft! Das Gebiet des Passes ist eine Hochebene, knapp an der Baumgrenze, welche bedeckt ist von unzähligen Seen. Trotz des Zwielichtes sah man die verschiedenen Farben der Seen, von dunkelblau über grün bis silbern und die Farben der Felsen, die teilweise von gelben Flechten oder von grünem Moos überzogen sind. Tief unten ab und zu Schluchten und schmale, hohe Wasserfälle. Was wir nicht sahen, waren die Gipfel links und rechts der Strasse. Wie hoch diese sind, ob sie schneebedeckt waren, ob es Gletscher hat - all das blieb im Nebel verborgen.

Die Grenze nach Kanada überquerten wir mit Routine und schon wieder hiess es Uhren umstellen. Da unser Kühlschrank leer und unser Wäschesack voll war, verbrachten wir ein paar Tage in Whitehorse bevor wir uns aufmachten, den restlichen Teil des Alaska Highway via Watson Lake, Fort Nelson und Fort St.John bis Dawson Creek unter die Räder zu nehmen.

Der Alaska Highway ist praktisch auf der gesamten Länge sehr einsam. Neben dem Band der Strasse hat es kaum Zeichen von Zivilisation. Eine Handvoll Städtchen, alle paar Hundert Kilometer eine Versorgungsstation (aber nicht immer mit Diesel, wie wir feststellen mussten), einige Provincial Parks mit einfachen Campingplätzen und das wars auch schon. Landschaftlich ist der Teil durch die nördlichen Ausläufer der Rocky Mountains sicher der Attraktivste. Aber auf der gesamten Länge sieht man immer wieder viele Wildtiere. In den Rockies kreuzten wir grosse Bisonherden (da Bisons sehr dickköpfig sind und wie fast alle Tiere gerne den Weg des geringsten Widerstandes sprich die Strasse nehmen, produzierten diese jeweils einen mittleren Verkehrsstau) und sahen auch einige Stone Sheep. Karibus, Elche und Füchse sieht man überall und die Chance einen Bären am Strassenrand zu sehen, sind sehr hoch.

Der Anfang des Alaska Highway - die Meile Null - befindet sich in Dawson Creek, auch "Mile Zero City" genannt. Das Selfie vor dem berühmten Schild findet sich wohl in Millionen von Fotoalben, denn jedes Mal wenn wir auf dem Weg zum Einkaufen oder in die Werkstatt zum Ölwechsel daran vorbeikamen, standen die Touristen Schlange.

Südlich von Dawson Creek und vor allem östlich der Grenze zu Alberta veränderte sich die Landschaft dramatisch. Statt wilder, ungezähmter Natur nun wieder Landwirtschaft, Kühe und Zäune.
In der Nähe von Grande Prairie blieben wir drei Tage auf einem Campground und bewegten uns keinen Meter. Wir brauchten ein wenig Ruhe, sozusagen Ferien vom Reisen. Dieses Wochenende werden wir weiter nach Süden fahren, die Nationalparks Jasper und Banff sind unser nächstes Ziel. Und hoffentlich verziehen sich der Rauch und die Wolken bis dahin.

 

Nebelbank vor Haines

 

 

Historisches Fort Seward, Haines

 

 

Grandiose Aussicht auf der Mud Bay Road

 

 

Campen im Hafen von Haines

 

 

Weisskopfseeadler

 

 

Riesige Kreuzfahrtschiffe legen in Skagway an

 

 

Die Hauptstrasse von Skagway

 

 

Auf dem White Pass

 

 

Kleiner Waldbrand am White Pass

 

 

Campground beim Watson Lake

 

 

Apéro am Watson Lake

 

 

Abendstimmung

 

 

Rauch auf dem Alaska Highway

 

 

Mile Zero des Alaska Highway

 

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