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Newsletter vom 1. Juni 2018: Über die Grenze nach Kanada

Liebe Familie und Freunde

Nach ein paar Monaten zu Hause - die wir extrem genossen haben - sind wir nun wieder unterwegs. Dieses Mal mit Ziel Alaska.

Wir flogen am 15. Mai nach Portland, denn unser Camper wartete ja in einer Lagerhalle in Woodland (etwas nördlich von Portland) auf uns. Er hat den Winter gut überstanden und hustete lediglich kurz beim Anlassen. Und uns fiel ein grosser Stein vom Herzen....

Die erste Woche verbrachten wir in Woodland, zuerst im Motel und dann auf einem RV Campground direkt am Columbia River. Und wir hatten viel zu tun: Der Camperaufbau war insgesamt drei Tage im Service, dann war auch noch ein grosser Service am Auto fällig, wir mussten einen neuen Ersatzreifen montieren lassen und auch den Generator überholen. Alles musste aussen und innen gereinigt werden und natürlich waren auch noch grosse Einkäufe fällig und diese und unser Gepäck mussten wieder ihren Platz finden (wobei wie immer jede Ecke ausgenützt wird, ist doch der Platz im Camper ziemlich beschränkt). Früchte und Gemüse durften wir allerdings noch nicht kaufen, denn als Erstes überquerten wir die Grenze nach Kanada (und da wird scheinbar streng darauf geschaut, dass man keine Schädlinge einschleppt).

Die Strasse an die kanadische Grenze führt 10-spurig durch den Grossraum Seattle und dementsprechend war die Fahrt ein einziges Stopp and Go und ab und zu ging gar nichts mehr.
Als wir vor etwa 35 Jahren in den USA waren, lernten wir die rücksichtsvolle, gemütliche Art der Amerikaner kennen, Auto zu fahren. Auch andere Amerika-Reisende machten diese Erfahrung und wir alle verbreiteten den Mythos des rücksichtsvollen Autofahrers weiter. Damals hatte es auf den Autobahnen noch Platz und einen Parkplatz fand man sogar auf dem Sunset Strip. Diese Zeiten sind definitiv vorbei! Im Auto mutieren viele Amerikaner zu Egoisten, die irgendwann in der Pubertät stecken blieben (das heisst, der Stirnlappen der die Fähigkeit steuert, sich in Andere hineinzuversetzen und vorauszusehen, was das eigene Tun für Konsequenzen hat, ist noch nicht ganz ausgebildet). Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass heute x Mal so viele Autos auf den Strassen sind als vor 35 Jahren. Heute wird gedrängelt und sogar überholt, wenn man wegen Fahrradfahrern verlangsamt. Doppelte Sicherheitslinien - was ist das? Wenn man sich an die Geschwindigkeitsvorschriften hält, überholen ALLE. Parkiert wird wo's Platz hat, auch wenn der Parkplatz für Busse reserviert ist. Das Einzige was meistens eingehalten wird, ist das Parkverbot auf den Behindertenparkplätzen.

Etwa 100 Meilen vor der kanadischen Grenze liegt Bow mit einem unwiderstehlichen Anziehungspunkt für uns - der "Brotfarm". Wir hatten dieses winzige Kaff an der "Farm-to-table Road" auf unserer letzten Reise entdeckt und waren begeistert von der Bäckerei und dem ganztags frischem Brot (und den Zimtschnecken). Also kauften wir gleich kiloweise verschiedene Brote und Gebäck und füllten den Tiefkühler damit. Auch der kleine Italiener nebenan mit seinen feinen Käseplättchen ist ganz nach unserem Gusto.

Nach diesem "währschaften" Umweg fanden wir, dass wir für diesen Tag genug gefahren waren und steuerten das Silver Reef Casino in der Nähe von Ferndale an, unser bewährtes Rezept für's Gratis-Campen. In diesem Casino haben sie scheinbar das beste Steak-Restaurant im nördlichen Washington. Aber wir mussten am nächsten Tag über die Grenze und sollten deshalb den Kühlschrank möglichst leer haben (auf jeden Fall ohne Fleisch und Käse) und deshalb assen wir unseren übrig gebliebenen Salat und fast alle sonstigen Reste.
Das Silver Reef Casino ist übrigens extrem Camper-freundlich. Man muss sich nicht bei der Security anmelden, braucht keine Players Card zu lösen und kann beliebig lange auf dem riesigen Parkplatz stehen. Das nutzen einige Leute auch weidlich aus und haben sich hier richtiggehend niedergelassen, inkl. Blumenkistli und Grill vor dem Eingang. In der Regel sind das alleinstehende ältere Menschen, die als Zuhause nur noch einen uralten und abgewrackten Wohnwagen haben.

Immer der Küste entlang fuhren wir zur Amerikanisch-Kanadischen Grenze, wo wir uns in eine lange Schlange einreihen mussten. Symbolträchtig erhebt sich an der Grenze der Peace Arch - der Friedensbogen. Er soll an das Ende des Britisch-Amerikanischen Krieges von 1814 erinnern. Und grosse Schilder erinnern daran, dass in Kanada das metrische System gilt und dass die Maximalgeschwindigkeit nun in km/h und nicht mehr in Meilen/h angegeben wird.
Nach einer dreiviertel Stunde hatten wir die Grenze hinter uns - und kein Mensch interessierte sich für unsere Lebensmittel. Wir hatten also am Morgen unser bisschen Schinken und den Rest Käse umsonst entsorgt.
So oder so mussten wir in Vancouver Grosseinkauf machen und Tara hat es genossen, an der Frischetheke ihre Wünsche wieder in Gramm statt in Unzen angeben zu können.

Wir verliessen Vancouver über die Route 99 - den "Sea-to-Sky-Highway". Es war Samstag und die Strassen -wie wir das aus Amerika gewohnt sind - proppenvoll mit Wochenend-Ausflüglern. Es gibt allerdings einen Unterschied: in den USA waren vor allem Amerikaner mit ihren riesigen Campingbussen auf den Strassen und auf den Campingplätzen. Hier im Süden von British Columbia sind es vor allem europäische Touristen mit gemieteten Camper. Und natürlich auch die Einheimischen aus Vancouver, die übers Wochenende in die Berge fahren.

Der Highway 99 führt durch Whistler, in dem 2010 die Olympischen Winterspiele ausgetragen wurden. Und wo scheinbar das einzige Sommer-Ski-Gebiet Nordamerikas liegt. Whistler selbst ist ein typischer Wintersportort mit überdimensionierten Chalets und riesigen Parkplätzen. Und - trotz dem vielen Grün - nicht wirklich nach unserem Geschmack. Überhaupt könnte man irgendwo in der Schweiz unterwegs sein, nur dass die Wälder hier noch etwas dichter und ursprünglicher sind.

In der Nähe des Moskito Lake, nördlich von Pemberton übernachteten wir am Owl Creek, mitten im Wald. Dort war es noch zu kalt für die meisten Moskitos und abgesehen vom Rauschen des wilden Flusses war es dort auch wunderbar ruhig und wir schliefen tief und fest.
Da wir nicht alle Fenster verdunkeln und die Sonne schon früh aufsteht, tun wir es ihr in der Regel gleich. Tagwacht ist also meistens um Sechs rum. Nach der Katzenwäsche und einem gemütlichen Kaffee und einem Blick auf das Bieler Tagblatt, welches wir bei der letzten Internet-Gelegenheit runtergeladen hatten, wird es frühestens acht Uhr bis wir losfahren. Und wenn wir auf einem Campground mit Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüssen sind, wird es in der Regel halb Neun. Und wenn der Campground auch noch WiFi hat, wird es neun Uhr. Ein richtig geregeltes Rentner-Leben halt ;-))

Weiter auf dem Highway 99 erklommen wir Pass um Pass, im Blick immer schneebedeckte Gipfel, riesige Wälder und Seen und Flüsse. Viele Tannen sind von einer Art Schmarotzerpflanze bedeckt, die am Anfang aus normalen Tannen Märchenbäume voller Flechten macht, aber die Bäume mit der Zeit unweigerlich tötet. Ein sehr spezieller Anblick.

Etwas nördlich von Cache Creek ist der Highway 99 zu Ende und wir bogen in den Highway 97 ein, auch Cariboo Highway genannt. Auf diesem fuhren wir nordwärts über 100 Mile House (dort sollte es eine sehr gute Schweizer Bäckerei geben, leider ist diese seit mehreren Jahren geschlossen) und Williams Lake nach Prince George.

Aber zuerst machten wir einen Abstecher nach Osten. Das 90 km weit vom Cariboo Highway entfernte Barkerville war unser Ziel, gemäss Reiseführer Kanadas best erhaltener Ort aus der Goldrauschzeit - ein "lebendes Museum" und eines der schönsten historischen Chinesenviertel Nordamerikas. Und der Umweg hatte sich gelohnt. Das Dorf mit den rund zweihundert liebevoll restaurierten Häusern ist wirklich absolut sehenswert! Man spaziert zurückversetzt ins  Jahr 1850 über die hölzernen Bürgersteige, die Dorfstrasse ist etwas schlammig (also absolut authentisch ;-) und man kann in die Wohn- und Geschäftshäuser reinschauen die aussehen, als wären die Menschen nur schnell zum Nachbarn und hätten alles stehen und liegen gelassen. Einige Geschäfte wie die Bäckerei oder der General Store haben geöffnet, der Schmied ist an der Arbeit und im chinesischen Viertel kann man während einer Schulstunde lernen, wie man den Abakus (Zählrahmen) bedient. Natürlich sind alle Angestellten in Kleidern aus dem vorletzten Jahrhundert unterwegs. Was wir allerdings nicht wussten: auch als Besucher kommt man verkleidet. Viele Familien und Schulklassen machten den Besuch zu einem Kostümfest und sei es auch nur, indem der Vater Hosenträger oder einen Zylinder trägt, die Tochter ein Häubchen und die Mutter einen langen Rock.

Leider war und ist es a...kalt. Die Temperaturen liegen knapp über dem Gefrierpunkt und im Wald und zwischen den Häusern von Barkerville liegt noch Schnee. Deshalb versuchen alle Moskitos natürlich, ins Auto oder in den Camper an die Wärme zu kommen :-((

Die letzte Nacht verbrachten wir auf dem Parkplatz eines Walmart in Prince George (Kontrastprogramm zum schönen und einsamen Campground mitten im Wald von vorgestern). Und heute fuhren wir die bislang längste Etappe - über 450 km immer nach Westen, über Vanderhoof und Houston bis Hazelton. Die Landschaft besteht fast nur aus riesigen Wäldern, ab und zu unterbrochen von löwenzahngelb gesprenkelten Wiesen und unendlich vielen Seen. Es ist immer noch kalt und seit ein paar Tagen regnet es auch immer wieder...

Take care,
Tara und Zoltan

 

Und Tschüss...

 

 

Pröschterli auf einen guten Flug

 

 

Dieses Mal sprang der Motor auf Anhieb an :-)

 

 

Campingplatz am Columbia River ...

 

 

... mit kurzweiliger Aussicht

 

 

Veteranencafé

 

 

Verkehr im Grossraum Seattle

 

 

Unser Brothimmel

 

 

Der Peace Arch (Friedensbogen) an der Grenze zu Kanada

 

 

In Kanada gilt das metrische System

 

 

Rastplatz auf dem Sea-to-Sky Highway

 

 

Der Fuchs hat sich an die Campingplatzbesucher gewöhnt

 

 

Die Hauptstrasse der Ghosttown Barkerville

 

 

Kutschenfahrt gefällig?

 

 

Unterwegs in Kanada

 

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