Tunesien 2007 Home/Reiseberichte Über uns/Kontakt

 

Erster Teil

Wir wussten nicht, auf was wir mehr gespannt waren: auf die Gruppe oder auf die Wüste? Was würde uns mehr beschäftigen: Sanddünen oder gruppendynamische Prozesse? Aber diese Fragen beschäftigten uns wohl nur, weil wir noch nie in einer Gruppe gereist sind.
Der letzte Tag vor der Abreise wurde noch ziemlich hektisch, weil wir herausfanden, dass eine der Autobatterien nicht mehr in Ordnung ist. Aber natürlich schafften wir es trotzdem locker, mit Einkaufen, Autoservice, Coiffeurbesuch von Zoltan, Einbau der neuen Batterie, Packen und so weiter rechtzeitig fertig zu werden.
In strömendem Regen fuhren wir am Samstag, den 16. Oktober 2004 nach Airolo, wo wir den ersten Teil der Gruppe trafen. Einige Leute aus Deutschland hatten auf dem Rastplatz oder im dazugehörenden Motel übernachtet, andere sind heute Nacht um 2 Uhr losgefahren. Da hatten wir es schon gemütlicher. Am Hafen von Genua stiessen dann noch die letzten zwei Personen zu uns und zusammen ging's auf die riesige Fähre C.F.Carthage.

Wir sind insgesamt 14 Personen (5 davon Frauen) und 8 Autos (3 Land Cruiser, 3 Land Rover, 1 Nissan und 1 Mercedes).

Vor der riesigen Fähre C.F.Carthage  

Vor der riesigen Fähre C.F.Carthage

Sonntag, 17. Oktober 2004

Bei ziemlich hohem Seegang und mit nur einer Stunde Verspätung stachen wir gestern um 18 Uhr in See. Tara etwas beduselt vor lauter Tabletten gegen Seekrankheit, aber geholfen hat es immerhin. Anderen ging es da schlechter und beim Abendessen waren wir dann auch nicht vollzählig. Doch der Wind hat sich gegen Mitternacht gelegt und wir verbrachten eine sehr ruhige Nacht in der kleinen, aber gemütlichen Kabine.

Heute gab es dann einigen Papierkram, welchen man aber glücklicherweise grösstenteils schon an Bord erledigen kann.
Es hatte viele Tunesier an Bord und so wurde mindestens fünf Mal am Tag irgendwo in den Gängen ein Teppich ausgebreitet und zu Allah gebetet. Ausserdem ist seit zwei Tagen Ramadan. Gläubige Muslime dürfen in dieser Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts essen oder trinken. Entsprechend gross gestern Abend der Andrang in den Restaurants, als endlich die Sonne unterging. Und entsprechend leer waren heute alle Bars und Restaurants an Bord. Und als Paar sollte man sich spätestens jetzt die islamischen Gepflogenheiten wieder in Erinnerung rufen: keine Berührungen oder gar Küsse in der Öffentlichkeit.

Die fromme Hoffnung mit "dem Papierkram grösstenteils an Bord erledigen" hat sich dann allerdings zerschlagen. Fazit des heutigen Tages: gehe besser nicht mit einem GPS nach Tunesien (oder verstecke es wenigstens gut) und mit einem Funkgerät schon gar nicht. Und diejenigen, welche keine Fotokopien der wichtigsten Dokumente dabei hatten, hatten zusätzlich Pech: der zolleigene Fotokopierer war natürlich gerade defekt. Nun, wir sind zum Glück Bürokratieerprobt und nach ein paar Stunden hatten alle den Zoll hinter sich und wir fuhren noch etwa 80 km bis Nabeul, wo wir im Hotel Jasmins Zimmer bezogen. Den Ort muss man sich merken. Nicht, weil die Zimmer so berauschend wären, sondern wegen der Möglichkeit, auf dem Hof unter Olivenbäumen zu campen (es hat sogar relativ saubere Toiletten und Duschen). So ist der Platz auch voll mit sandblech- und schaufelbewehrten Fahrzeugen.

Montag, 18. Oktober 2004

Fahrtag! Etwa 550 km, über Kairouan, Gafsa, Tozeur, durch den Chott El Jerid bis nach Douz, wo wir nun auf dem Desert Campground unser Lager aufgeschlagen haben.

Auf dem Desert Campground in Douz  

Auf dem Desert Campground in Douz

Wegen dem Ramadan fanden wir unterwegs übrigens kein einziges offenes Café oder Restaurant. Wir kamen hier kurz vor Sonnenuntergang an und bevor es dunkel wurde, wollten wir noch schnell etwas einkaufen. Die Marktstände wurden schon abgedeckt und in grosser Eile verkaufte man uns noch einige Äpfel, Datteln und Oliven. Die Sonne ging um Zehn vor Sechs unter (was auch mit einem Böllerschuss verkündet wird) und dann dauerte es keine fünf Minuten mehr und die Strassen waren buchstäblich leergefegt. Bis auf ein paar streunende Katzen und uns Ungläubige bewegte sich keine Seele mehr in den Gassen. Endlich Essenszeit!

Ramadan, 17.50 Uhr, kurz nach dem Böllerschuss  

Ramadan, 17.50 Uhr, kurz nach dem Böllerschuss

Dienstag, 19. Oktober 2004

Volltanken, Reifendruck senken - die erste Bewährungsprobe für unsere Rosinante steht bevor. Sie ist - im Gegensatz zu den anderen Fahrzeugen im Konvoi - etwas schwach auf der Brust (motorenmässig) und mit dem Wohnausbau auch etwas schwer, aber sie wird es schon schaffen.

Verschnaufpause auf dem Chott El Jerid  

Verschnaufpause auf dem Chott El Jerid

16 Uhr, irgendwo mitten in den Dünen südlich von Douz, wir stecken wieder mal fest. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag kommen Seil und Schaufel und vereintes Schieben zum Einsatz. Georg, der dritte Schweizer im Team, hatte besonderes Pech. Sein Reserverad hat sich vom Dachträger gelöst und ist auf die Windschutzscheibe geknallt. Diese ziert nun mitten hindurch ein schlimmer Spalt und wir hoffen, dass sie trotzdem hält.

Irgendwo im Nirgendwo...  

Irgendwo im Nirgendwo...


... ein Café welches trotz Ramadan offen hat!  

... ein Café welches trotz Ramadan offen hat!

Sand, soweit das Auge reicht, eine atemberaubend schöne Dünenlandschaft! Etwas weiniger heiss dürfte es allerdings sein (es ist etwa 40 °C am Schatten). Und die Fliegen machen einen fast wahnsinnig! Aber es hat immer wieder Kamele und Esel und wo es Tiermist hat, sind diese Mistviecher nicht weit.

Die Kamele nehmen sofort reissaus, wenn sie uns sehen  

Die Kamele nehmen sofort reissaus, wenn sie uns sehen

Knapp vor dem Eindunkeln kamen wir in der Oase Ksar Ghilane an. Georg hatte zum zweiten Mal Pech und musste unterwegs einen Reifen wechseln. Fast alle sind irgendwann mal stecken geblieben. Das und der starke Wind ist schuld, dass wir uns fühlten wie panierte Schnitzel. Aber die Belohnung wartete auf uns: ein warme Quelle bildet mitten in der Oase einen kleinen See - eine unbeschreibliche Wohltat nach so einem Tag! Und nach dem Gemüse-Weizen-Eintopf gab's dann noch ein paar Gläser Tee und eine Wasserpfeife und erst jetzt fühlen wir uns tatsächlich wie in den Ferien.

Ohne Kommentar  

Ohne Kommentar

Mittwoch, 20. Oktober 2004

Heute ging's erst weit nach Mittag los, weil Bernd (unser "Häuptling") noch die Genehmigung für das Sperrgebiet in Tataouine holen musste (eigentlich war das für Gestern geplant, aber die viele Buddelei hat uns mindestens drei Stunden gekostet).

Unser Konvoi  

Unser Konvoi (während einer Rast)

Durch flache Buschlandschaft ging es etwa 50 km geradeaus nach Süden, auf einer felsigen Piste, welche ab und zu von Dünenzungen bedeckt ist. Wäre die Erde rot statt gelb, könnte man sich in Australien wähnen. Auf einem Hügel (den wir beide zuerst umrunden mussten, weil unsere Rosinante den Dünenhang nicht bewältigen konnte) schlugen wir das Nachtlager auf. Eine kleine Wagenburg und in der Mitte unsere Tische und Stühle.

Zuerst mal ein Apéro, bevor die Kocherei beginnt  

Zuerst mal ein Apéro, bevor die Kocherei beginnt

Dummerweise haben wir ein Problem. Die Wohnraumbatterie lädt nicht mehr (die Solarpanels sind eigentlich in Ordnung, wahrscheinlich ist einfach die Batterie am Ende) und wir konnten nicht mal mehr den Kocher anmachen. Kühlschrank ade und morgen Mittag wird der Käse wohl in der flüssigen Butter schwimmen.

Zoltan hat dann den Spannungswächter runtergedrückt gehalten, damit wir wenigstens den Kocher anmachen konnten und uns etwas Warmes zu Essen machen. Schöne Sch...!

Gibt es einen schöneren Ort für ein Nachtlager???  

Gibt es einen schöneren Ort für ein Nachtlager???


Abendspaziergang (mit Schaufel) in den Dünen  

Abendspaziergang (mit Schaufel) in den Dünen

Donnerstag, 21. Oktober 2004

Kai (der Begleiter von Bernd) hat uns heute Morgen mit dem Elektrischen geholfen und wir haben festgestellt, dass am Tag der Strom aus den Solarpanels und via Lichtmaschine genügt, um den Kühlschrank zu betreiben. Immerhin!

Buschmechanik...  

Buschmechanik...

Wir brauchten 10 Minuten, einen guten (!) Kugelschreiber pro Auto als Bakschisch und Christian gab noch ein paar Einwegrasierer drauf, dann waren wir über die Grenze zum militärischen Sperrgebiet. Wir wollten Richtung El Borma fahren, kamen aber nicht sehr weit. Der Weg führte immer weiter in die Dünen rein und wir beide blieben wiederholt stecken.

Give me the shovel!  

Give me the shovel!

Beim ersten Mal reichte noch vereintes Schaufeln und Ziehen. Gegen Mittag und bei einer enormen Hitze wurde der Sand wie flüssig und da half nur noch die Seilwinde (an welcher auch prompt ein Scherbolzen brach) und die Sandbleche. Als gar nichts mehr ging und andere Fahrzeuge auch stecken blieben, blieb uns nichts anderes übrig, als praktisch den gleichen Weg zurück aus den Dünen wieder rauszufahren. Um 16 Uhr waren wir nicht viel weiter als an unserem Ausgangspunkt heute Morgen.

Auch der Erfahrendste bleibt mal stecken  

Auch der Erfahrendste bleibt mal stecken


Und auch die Rosinante darf zwischendurch selbst ziehen  

Und auch die Rosinante darf zwischendurch selbst ziehen (und nicht nur gezogen werden)

Eine weitere Schicht Panade klebt uns am ganzen Körper und Tara findet, dass Schaufeln bei 40° im Schatten definitiv nicht zu ihren Hobbys gehört.
Zwischen hohen Dünen haben wir unser Nachtlager aufgeschlagen und diejenigen zwei, die heute nicht stecken blieben (und die die Lust am Sand für heute noch nicht verloren hatten), drehten noch ein paar Ehrenrunden in den steilen Dünenhängen.
Unsere Koordinaten: N 32.03.463, E 09.25.534

Wo sind wir eigentlich ganz genau?  

Wo sind wir eigentlich ganz genau?

 

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